AfD-Innenpolitiker Wirth: „Müssen den Erwerb des deutschen Passes deutlich erschweren“
Derzeit diskutiert ganz Deutschland über das angebliche Geheimtreffen, an dem auch AfD-Mitglieder privat teilgenommen haben sollen. Die dort angeblich getroffene Aussage, auch deutschen Staatsbürgern die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sorgte für große Aufregung. Der AfD-Innenpolitiker Christian Wirth klärt im Kurzinterview mit FREILICH über die aktuelle Rechtslage auf und weist darauf hin, dass der begründete Verlust der Staatsbürgerschaft Normalität ist.
FREILICH: Das sogenannte Geheimtreffen in Potsdam war jüngst Medienthema, die Tagesschau erweckte in der Berichterstattung den Eindruck, es sei bereits ein Skandal, dass man deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund zwecks Ausweisung den Pass entziehen wolle – dabei ist das doch bereits gängige Praxis. Wie ist die aktuelle Rechtslage?
Christian Wirth: Man muss unterscheiden zwischen dem Entzug und dem Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft (Art. 16 GG). Die deutsche Staatsbürgerschaft darf grundsätzlich nicht entzogen werden. Aber es gibt eben Verlusttatbestände, die auch gegen den Willen des Betroffenen greifen. Wenn dieser dadurch nicht staatenlos wird. Folgende Verlusttatbestände sind gesetzlich bereits implementiert: Teilnahme an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland – seit August 2019, ferner Verlust durch Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit – hier gibt es aber Ausnahmeregelungen. Darüber hinaus der Eintritt in fremde Streitkräfte. Hier gibt es aber Ausnahmen hinsichtlich Streitkräften von EU-Staaten.
Warum haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes diese Hürden überhaupt verankert?
Dies ist in der Geschichte des Nationalsozialismus begründet. Im sogenannten „Dritten Reich“ war der Entzug der Staatsbürgerschaft nach politischen, „rassischen“ oder religiösen Kriterien gängige Praxis. Auch die DDR hat so verfahren. Ist ein Elternteil aus der DDR geflüchtet, konnten dem zurückgebliebenen Elternteil die Staatsbürgerschaft entzogen werden. Selbst den Kindern, wenn sie nicht an der Rückkehr mitgewirkt haben.
Seit 1949 besteht die Bundesrepublik als voll entwickelte parlamentarische Demokratie, seit 1990 gilt das auch für Mitteldeutschland – sind diese Hürden im Jahre 2024 überhaupt noch gerechtfertigt?
Die Hürden halte ich für angemessen. So hoch sind sie auch nicht. Der kritische Bürger muss unbedingt vor staatlicher Willkür geschützt werden. Aber einfache gesetzliche Regelungen reichen bereits aus, um weitere Verlusttatbestände einzuführen. Wir haben nunmehr das Problem, dass die Einbürgerungsregelungen in den vergangenen Jahren derart systematisch aufgeweicht wurden, dass Migranten die Staatsbürgerschaft erhalten haben, die sie nie hätten bekommen dürfen. Darunter nicht integrierbare Personen, die unsere Werteordnung, unsere Verfassung und unser Rechtssystem verachten. Die AfD kritisiert das bereits seit ihrer Gründung. Das Problem wurde sogar mittlerweile von anderen Parteien erkannt, wie man an den jüngsten Debatten sieht. Zahlreiche Vertreter der Altparteien haben neue Verlusttatbestände für deutsche Staatsangehörige im Rahmen der antisemitischen Ausschreitungen in deutschen Großstädten nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel gefordert. Oder bei Zugehörigkeit zu einem kriminellen Clan.
Wir wären aber mit dieser dramatischen Fehlentwicklung gar nicht erst konfrontiert, hätten die Altparteien diese Migranten nicht massenhaft in unser Land strömen lassen, nur um darauf auch noch die deutsche Staatsangehörigkeit an sie zu verscherbeln.
Andere Staaten agieren viel rigoroser, was den Verlust der Staatsangehörigkeit angeht. Welche europäischen Staaten handeln robuster als die Bundesrepublik?
In ganzen 15 EU-Ländern kann der Pass wegen einer gesetzlich umrissenen Illoyalität dem Staat gegenüber entzogen werden. In einigen dieser Staaten aber auch nur dann, wenn in Folge keine Staatenlosigkeit eintritt – zum Beispiel in Polen und Spanien. In Frankreich nur dann, wenn die Staatsbürgerschaft als Erwachsener erworben wurde.
Der IS-Angehörigen Shamima Begum hat die britische Regierung die Staatsbürgerschaft entzogen, obwohl sie in London geboren worden ist. Selbst die Einreise nach Großbritannien wird ihr verwehrt. Wie kann die Forderung, dieses Regierungshandeln auch hier bei uns zu ermöglichen beziehungsweise signifikant zu erleichtern, eigentlich „extremistisch“ sein?
Solche Forderungen sind natürlich genauso wenig extremistisch, wie die britische Regierung es ist. Dieser Vorwurf ist ein billiger Versuch, die AfD zu diskreditieren und ihre Regierungskritik zu delegitimieren. Die AfD wird auch weiterhin offen das fordern, was nötig ist, damit die krassen Fehler der Altparteienregierungen insbesondere auf dem Handlungsfeld der Einwanderungs- und Einbürgerungspolitik behoben werden können.
Die Ausweisung von Terroristen, wie Angehörigen des Islamischen Staats gehört zweifellos dazu. Es ist auch richtig, die Gesetze so zu ändern, dass der Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft in einem solchen Fall sofort greifen kann.
Sie haben einen Gesetzesentwurf entwickelt und vorgelegt, der den Entzug des Passes erleichtern soll. Was beinhaltet er konkret?
Hier ging es konkret um den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei terroristischen Bestrebungen gegen Deutschland, an denen deutsche Staatsbürger mitwirken oder beteiligt sind. Anders als im damaligen Gesetzesentwurf der Altparteien habe ich diesen Entzug auch gefordert bei terroristischen Anschlägen oder Planungen im Inland, während sich die letztlich im Bundestag verabschiedete Gesetzesregelung im Grunde auf Kampfhandlungen für den „Islamischen Staat“ beschränkte und zu einem Zeitpunkt eingebracht wurde, als dieser aber bereits zerschlagen war. Also zu spät, da es im deutschen Recht natürlich keine rückwirkende Anwendung möglich ist.
Warum halten Sie die Erleichterung im Sinne der Gewährleistung der Inneren Sicherheit für notwendig?
Das liegt doch auf der Hand! Wir sehen gerade nach den Hamas-Anschlägen, bei den Demonstrationen im eigenen Land, aber auch bei Silvesterkrawallen, bei der Clankriminalität, Kapitalverbrechen, dass Menschen aus fremden Kulturkreisen eingebürgert werden, die unsere Gesellschaftsordnung verachten, die jüdische und christliche Religion hassen, die Scharia über das Grundgesetz stellen und unsere Rechtsordnung und die Staatsgewalt verspotten und herausfordern. Hier müssen wir Wege finden, damit die deutsche Staatsbürgerschaft viel leichter wieder aberkannt werden kann. Am besten wäre aber ein sehr strenges Staatsangehörigkeitsrecht! Wir müssen politisch umkehren und den Erwerb des deutschen Passes deutlich erschweren.
Denkbar wäre dabei auch die Änderung des Grundgesetzes, die ja nur eine Angleichung an die Rechtslage anderer europäischer Staaten wäre?
Da Art. 16 des Grundgesetzes (GG) nicht der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs.3 GG unterliegt, könnte er mit einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages im Rahmen eines demokratischen Prozesses geändert werden. Die Änderung des GG ist – betrachtet man die Vergangenheit – keine Seltenheit.
Herr Wirth, vielen Dank für die Antworten!
Zur Person:
Dr. Christian Wirth ist AfD-Politiker und Jurist. Seit 2017 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages.