AfD-Politiker empfiehlt „Aktivstrategie“ gegen Verfassungsschutz

Mit einer bemerkenswerten Forderung lässt der AfD-Bundestagsabgeordnete Hansjörg Müller aufhorchen. Er empfiehlt seiner Partei nämlich eine andere Herangehensweise im Umgang mit einer drohenden Beobachtung mit dem Verfassungsschutz.
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AfD-Politiker empfiehlt „Aktivstrategie“ gegen Verfassungsschutz

Symbolbild Verfassungsschutz: Olaf Kosinsky via Wikimedia Commons [CC BY-SA 3.0 DE] (Bildausschnitt) // Bild Müller (2015): Julia Fromm / Stefan Schmerold – blende 11 Fotografen via Wikimedia Commons [CC BY-SA 3.0] (Bild zugeschnitten) // Komposition: Tagesstimme.

Mit einer bemerkenswerten Forderung lässt der AfD-Bundestagsabgeordnete Hansjörg Müller aufhorchen. Er empfiehlt seiner Partei nämlich eine andere Herangehensweise im Umgang mit einer drohenden Beobachtung mit dem Verfassungsschutz.

Berlin. – Dass der Inlandsgeheimdienst irgendwann die AfD als Gesamtpartei ins Visier nehmen könnte, baumelt als Damoklesschwert über den Geschicken der patriotischen Partei. Diese Aussicht wird von manchen Beobachtern sogar als Grund für die Intensivierung des parteiinternen Richtungsstreits gesehen. Ein Mandatar kommt aus der Deckung und schlägt im Interview mit dem oberösterreichischen Magazin Info-DIREKT einen Strategiewechsel vor.

Konstruktionsfehler aufzeigen – politische Teilhabe aktiv einfordern

Die AfD müsse nämlich „aktiv einfordern, endlich ohne undemokratische Behinderungen am politischen Willensbildungsprozess teilnehmen zu dürfen“. Dabei hält er auch den Klageweg für einen Irrweg: Mit dem Gang vor Gericht bringe sich die Partei in eine passive Objektstellung und liefere sich einem ungewissen Ergebnis aus, das sie nicht beeinflussen können.

Vielmehr sei es Gebot der Stunde, die „Konstruktionsfehler des Verfassungsschutzes aktiv anzugreifen“. Nur so sei es möglich, sich in eine selbstbestimmte Subjektstellung zu manövrieren – und in der Folge strategisch handeln zu können, so Müller, der sich innerhalb der Partei eher im nationalkonservativen Spektrum befindet.

Zum „Herrschaftsinstrument des Altparteienkartells“ geworden

Einem allfälligen „Kuschelkurs“ mit der Behörde kann Müller jedenfalls wenig abgewinnen. Diese weise nämlich „zahlreiche Konstruktionsmängel“ auf. Mittlerweile sei der Verfassungsschutz sogar „zu einem Herrschaftsinstrument des Altparteienkartells“ verkommen. In dieser Rolle bekämpfe er die Vereinigungs- und Meinungsfreiheit und komme im Kampf gegen Parteien- und Meinungspluralismus zum Einsatz.

Damit richtet sich der Verfassungsschutz nach Auffassung Müllers „gegen die auch AfD-Mitgliedern zustehende Menschenwürde des Grundgesetzes“. Mitgliedern seiner Partei versuche man ohne Anhörungsrecht wegen angeblicher oder tatsächlicher Auffassungen die Beteiligung am politischen Prozess unmöglich zu machen. Es gehe dem Establishment wohl vor allem darum, „die Opposition […] mit Mitteln des Staatsapparates auszuschalten“.

Fragwürdige Quellen und ideologische ‚Werte‘ als Kampfmittel

Sich den Vorwurfskategorien des Verfassungsschutzes unterzuordnen, hält Müller für grundfalsch. Diese würden nämlich „vorwiegend auf politisch unerwünschten Meinungen“ beruhen. Dabei würden rechtsstaatswidrig „ideologische ‚Werte‘ als Kampfmittel gegen die AfD eingesetzt, die einen pseudoreligiösen Charakter“ hätten. Der Verfassungsschutz berufe sich dafür sogar auf fragwürdige Quellen wie die Antifa – eine „kriminelle, linksradikale Schlägertruppe“.

Tatsächlich sei die Verfolgung von Meinungen und Äußerungen durch staatliche Organe keine Aufgabe, die sich mit seinem Verständnis eines Verfassungsschutzes vereinbaren lasse. Den Nutzen der Behörde zieht er auch insgesamt in Zweifel: „Die rote Linie für das staatsbürgerliche Handeln liefert das Strafgesetzbuch bezüglich Gewaltbereitschaft – mehr brauchen wir in diesem Bereich nicht“.

Umfassende Verfassungsschutz-Reform vonnöten

Mit diesem Verständnis müsse seine Partei auch dem Inlandsgeheimdienst begegnen. Bezüglich des Verfassungsschutzes solle die AfD, so Müller, auf eine „umfassende Reform“ hinarbeiten. Das notwendige Ziel sei, dass dieser am Ende „kein Diffamierungsinstrument der Regierenden mehr“ sein könne. Derzeit beobachtet der Verfassungsschutz zwei AfD-Teilorganisationen – neben der Jungen Alternative auch den inzwischen aufgelösten „Flügel“.

Mit seiner drastischen Einstufung ist Müller nicht allein: Erst zuletzt bezeichnete das Bürgernetzwerk Ein Prozent den Verfassungsschutz als „Skandalbehörde“, deren jüngster Bericht vor allem darauf abziele, die patriotische Opposition zu kriminalisieren. Dies geschehe etwa, indem man bereits ein Bekenntnis zum ethnischen Volksbegriff als grundgesetzfeindlich auslege – Tagesstimme berichtete. Auch Co-Parteichef Tino Chrupalla unterstellte bereits den systematischen Missbrauch der Behörde zur Diffamierung der Partei.


Mehr zum Thema:

„Skandalbehörde”: Ein Prozent kritisiert Verfassungsschutz scharf (23.07.2020)

Chrupalla: Verfassungsschutz wird zur Diffamierung der AfD missbraucht (11.07.2020)

Der Verfassungsschutz als politisches Werkzeug in Vollendung (Kolumne, 24.04.2020)

Verfassungsschutz: Auch Antifa-Quellen als Grundlage von AfD-Gutachten (21.01.2019)


 

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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