„Aktionsplan gegen Extremismus“: Gefahr für das rechte Lager?

Der jüngst vorgestellte oberösterreichische „Aktionsplan gegen Extremismus“ schlägt hohe Welle. Die FPÖ hat einem Bericht zugestimmt, der für weite Teile des patriotischen Vorfelds zur Gefahr werden könnte.

Julian Schernthaner
15.7.2023
/
5 Minuten Lesezeit
„Aktionsplan gegen Extremismus“: Gefahr für das rechte Lager?

Manfred Haimbuchner (FPÖ) steht aktuell stark in der Kritik

© IMAGO / SEPA.Media

Seit Tagen hagelt es Kritik aus der patriotischen Medienlandschaft: Die Rede ist von einem „gefährlichen Schwachsinn“ (Info-Direkt), einem „Generalangriff auf das gesamte kritische Lager“ (Der Status) und einem Kampf der FPÖ Oberösterreich „gegen sich selbst, ihre eigenen Wähler und ihr Vorfeld“ (Heimatkurier). Haben Haimbuchner und Co. nun tatsächlich der patriotischen Zivilgesellschaft einen Bärendienst getan, oder wird die Suppe heißer gekocht als gegessen?

Auch Burschenschaften problematisiert

Ein Herzstück der Kritik ist ein dem Aktionsplan vorangestellter Lagebericht des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Darin wird etwa dem Kern der Bewegung der Coronakritiker eine „antidemokratische und staatsfeindliche“ Gesinnung unterstellt. Die – von der FPÖ inhaltlich ähnlich vorgetragene – identitäre Kritik an der Umkehr der demografischen Mehrheitsverhältnisse wird als „offen rassistische Weltanschauung“ betitelt.

Ein Unterabschnitt bescheinigt Burschenschaften eine Nähe zum NS-Verbotsgesetz und angeblichen „Rechtsextremen“. Hierzu erklärte FPOÖ-Chef Manfred Haimbuchner – selbst Mitglied einer Studentenverbindung – in einer Stellungnahme, dass er die „völlig unsachliche, undifferenzierte und pauschalisierende Art und Weise“, wie über Burschenschaften geschrieben werde, verurteile. „Ende September wird dieser Bericht im zuständigen Ausschuss des oberösterreichischen Landtags behandelt, an dem ich persönlich teilnehmen und dort auch in aller Deutlichkeit meine Meinung zu dieser Passage zum Ausdruck bringen werde“, so Haimbuchner. Auch wolle er dann vom LVT Aufklärung über „diese ungeheuerliche Vorgangsweise verlangen“.

Auf der anderen Seite verwies er darauf, dass man den Plan nicht beschlossen habe, sondern nur formell „zur Kenntnis genommen“. Dieser Schritt sei zwar „erklärbar, im Nachhinein […] aber jedenfalls falsch“. Einen Medienbericht des Kurier, wonach behauptete „personellen Überschneidungen“ zwischen Identitären und einzelnen Burschenschaftern dazu führen würden, dass Korporierte analog zu Vertretern der rechten Aktivistengruppe in Einrichtungen des Landes nicht mehr willkommen seien, wies er entschieden zurück: Bei dieser Darstellung handle es sich um eine falsche Spekulation.

Problematische Maßnahmen

Allerdings sagte Haimbuchner noch bei der Vorstellung der vorherigen Fassung im Jahr 2019: „Welche Tendenzen als extremistisch einzustufen sind und eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit darstellen, hat […] ausschließlich vom BVT/LVT zu erfolgen.“ Der neue Plan ist laut einer – durch die spätere Haimbuchner-Stellungnahme in vielen Punkten weitgehend überholten – Antwort der FPOÖ auf eine schriftliche FREILICH-Anfrage in vielen Maßnahmen mit dem alten Konzept deckungsgleich. Aber auch diese sind aus der Sicht vieler Akteure des Dritten Lagers starker Tobak.

Neben dem erwähnten „Identitären-Bann“ finden sich im Bereich der Kulturförderung als auch des geförderten Bildungsprogramms problematische Stellen. Man will über „Fake News“ und „Verschwörungserzählungen“ aufklären – mit diesen politischen Schlagworten wurden in den letzten Jahren vor allem FPÖ-Politiker und alternative Medien attackiert. Ein weiterer beworbener Vortrag beschäftigt sich mit „unheiligen Allianzen zwischen Rechtspopulismus und christlichem Fundamentalismus“, wobei das bürgerlich-konservative Weltbild insgesamt zum Abschuss freigegeben scheint.

Auch weitere Inhalte – etwa ein Vortrag über abweichende „sexuelle Identitäten“ – klingen für Beobachter nicht nach der Handschrift einer Mitte-Rechts-Koalition. Gefördert wird auch ein Kulturprojekt mit folgender Beschreibung: „Der Heimatbegriff wird geöffnet und erweitert aus Sicht von Frauen, Migrantinnen und Migranten sowie LGBTQ*.“ Das ist deshalb brisant, weil die FPÖ sich für die Verankerung eines traditionellen Heimatbegriffs in der Landesverfassung erfolgreich einsetzte und sich der genannte Vorstoß nun explizit gegen dieses Heimatverständnis richtet. 

Wie stark ist der linke Einfluss?

Schleppt das Konzept noch Altlasten der 2010 von Schwarz-Grün beschlossenen „Urfassung“ mit? Oder ist die Formulierung dem Proporzcharakter der oberösterreichischen Landesregierung geschuldet? Fakt ist aber: SPÖ und Grüne stimmten der aktuellen Version nicht zu, da ihnen die Maßnahmen „gegen rechts“ nicht weit genug gingen. Der von der SPÖ in den letzten Jahren immer wieder vorgeschlagene „Aktionsplan“ wäre jedenfalls deutlich einschneidender als das fertige Dokument gewesen.

Dort wäre ein Totalverbot „rechtsextremer“ Veranstaltungen und ein völliger Inseratenstopp in patriotischen Medien – für die Roten pauschal „rechtsextrem“ – vorgesehen. Mit dem Einbezug von Workshops gegen „Fake News“ war man hingegen erfolgreicher. Diesen Punkt argumentierte die SPÖ damit, dass „Neonazis und Rechtspopulisten“ sich auch im Internet bewegen. Sie wollte auch eine offizielle „Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus“ und engere Zusammenarbeit zwischen Polizei, Justiz und linker „Zivilgesellschaft“. Auch die Einbindung eines Netzwerkes gegen „Hassrede“ wollte sie forcieren.

Der heutige SPÖ-Landeschef Michael Lindner behauptete in der zugehörigen Aussendung aus dem Jahr 2019 übrigens auch: „Antidemokratische, rassistische und antisemitische Aktivitäten“ seien Teil der „politischen DNA der FPÖ“. Er bezweifelte daher die blaue Bereitschaft, sich vom „Rechtsradikalismus“ abzugrenzen.

Billardkugeln gegen die FPÖ

Den linken Fraktionen geht es somit vordergründig um das systematische Untergraben des blauen Vorfeldes, indem man es als „rechtsextrem“ brandmarkt und die Freiheitlichen zur Distanzierung nötigen will. Ebenfalls in dieser Woche machten die „Grünen“ und das vom SPÖ-Gewerkschafter Willy Mernyi geleitete „Mauthausen-Komitee Österreich“ (MKÖ) gegen die Bestellung eines Burschenschafters und ehemaligen Gesellschafters des patriotischen Magazins Info-Direkt zum Linzer Gesundheitsdirektor mobil.

Diese Postenentscheidung – sogar die Stadt-SPÖ und die Hearing-Kommission stellten fest, dass er der beste Kandidat für die Stelle sei – wurde in der medialen Berichterstattung unter dem Aspekt problematisiert, dass der Betroffene im Jahr 2017 (!) an einer Demonstration teilnahm, die auch von Identitären mitgetragen wurde. Erwähnt wird dabei auch der Umstand, dass einige FPÖ-Politiker zu seinen „Bundesbrüdern“ gehören. Auch die LVT-Einschätzung im „Aktionsplan“ wurde dabei sinngemäß ins Feld geführt, um die Besetzung in der Landeshauptstadt zu skandalisieren.

Die „linke Reichshälfte“ will den neuen Aktionsplan also nutzen, um ihn mit kreativen Interpretationen des Begriffs „Rechtsextremismus“ gegen die FPÖ in Stellung zu bringen. Unterstellte doch der neue DÖW-Chef Andreas Kranebitter – die Einrichtung darf laut Gerichtsurteil als „kommunistische Tarnorganisation“ und „Privat-Stasi“ bezeichnet werden – unlängst der gesamten FPÖ ein „Rechtsextremismus-Problem“. In der Vergangenheit ließ sich die FPOÖ auf Zuruf anderer Fraktionen bereits einen Landesrat und ihren Vorschlag für die Besetzung des Kulturbeirates „rausschießen“.

„Aktionsplan“ auf linkem Auge blind

Demgegenüber steht, dass Linksextremismus lediglich beiläufig im LVT-Lagebericht vorkommt, aber keine Maßnahmen zur Bekämpfung vorgesehen sind. Verschärft wird diese Schlagseite dadurch, dass zahlreiche Personen, die in Österreich als Rechtsextremismus-„Experten“ prominent auftreten, selbst keine Berührungsängste zum harten linken Rand haben, wie das im FREILICH-Verlag erschiene Sachbuch „Die Rechtsextremismusmacher“ auf 235 Seiten detailliert aufzeigt.

Wenn das eigene Umfeld im Lagebericht vorkommt, wehrt das linke Lager dies sogar offensiv ab: Als 2019 die „Omas gegen Rechts“ in der Linksextremismus-Kategorie auftauchten, folgte ein medialer Sturm der Empörung. Der heutige Welser Grünen-Stadtrat Thomas Rammerstorfer – eng mit dem „Infoladen Wels“ verwoben, der sich als „linksradikales“ Angebot versteht – ärgerte sich damals auch darüber, dass etwa Identitäre damals nur als „rechtstendenziös“ klassifiziert wurden.

Während der „Aktionsplan“ diesmal am linken Auge blind ist, kommen Maßnahmen zur Vorbeugung von Islamismus sehr wohl vor, der Fokus liegt auf präventiver Deradikalisierung bei Jugendlichen. Damit geht man zwar weiter als beim korrespondierenden Plan auf Bundesebene. Diesem verweigerte die Bundes-FPÖ vor zwei Jahren aber ohnehin geschlossen die Zustimmung, etwa weil keine konkreten Maßnahmen gegen Linksextremismus vorgesehen waren.  


Zur Person:

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert. Der Kenner alter Schriften und Kulturen schmökert leidenschaftlich in seiner ausgiebigen Bibliothek und ist passionierter Teetrinker und Käseliebhaber. Als ehemaliger Wachmann war der Freund harter Klänge schon immer um kein Wort verlegen. Seine Spezialität sind österreichische Innenpolitik sowie schonungsloser gesellschaftlicher Kommentar.

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