Bayern: Innenminister Herrmann verteidigt Migration und wirft AfD „blinden Ausländerhass“ vor
Joachim Herrmann erklärte in einem Interview, dass Bayern auf qualifizierte Zuwanderung angewiesen sei, ausländerfeindlichen Parolen erteilte er eine Absage. Im Gespräch teilte er auch gegen die AfD aus.
München. – Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Rolle von Migration für Bayern und Deutschland hervorgehoben und zugleich vor pauschaler Ausländerfeindlichkeit gewarnt. Er sprach auch über aktuelle Sicherheitsfragen und ließ ein mögliches AfD-Verbotsverfahren offen.

Sicherheit im öffentlichen Raum
„Nein, wir schwächeln nicht“, sagte Herrmann mit Blick auf die Diskussion über Unsicherheit im öffentlichen Raum. Zwar gebe es „eine Zunahme von Straftaten im öffentlichen Raum“, etwa an Orten wie dem Alten Botanischen Garten in München oder am Regensburger Hauptbahnhof. Doch habe die Polizei Maßnahmen wie ein Verbot von Drogen, Alkohol und Messern durchgesetzt, wodurch sich die Lage dort „deutlich verbessert“ habe.
Unsicherheitsgefühle müsse man „ernst nehmen“, so Herrmann. Die Arbeitsgruppe „Bayern. 360° Sicherheit“ prüfe derzeit, „wo bestehende Einsatzkonzepte speziell für Innenstädte und Bahnhofsbereiche weiter verbessert werden können“. Dazu gehörten „gemeinsame Fußstreifen mit der Bundespolizei“ sowie der „Ausbau der polizeilichen Videoüberwachung“.
„Dinge nicht maßlos übertreiben“
Zur öffentlichen Debatte über Kriminalität erklärte Herrmann, es sei richtig, offen über Probleme zu reden. Viele Menschen reagierten positiv, wenn sie spüren, dass Probleme nicht negiert werden. Dennoch mahnte er: „Man darf die Dinge auch nicht maßlos übertreiben.
Die Kriminalstatistik zeige, dass „die Sicherheitslage in Bayern über die letzten 20 Jahre hinweg immer besser wurde“. Bayern sei „seit Jahren das sicherste Bundesland“. Wichtig sei laut Herrmann auch der Ausbau der Videoüberwachung: „Es soll für unsere Kommunen einfacher werden, Videoüberwachung selbst zu installieren. Dafür wollen wir das Datenschutzgesetz anpassen.“
Ausländerkriminalität und Integration
Herrmann sprach sich für eine differenzierte Betrachtung von Kriminalität mit Ausländerbeteiligung aus. „Im Jahr 2024 waren in der bayerischen Kriminalstatistik 41 Prozent der Tatverdächtigen Nichtdeutsche, das ist einfach zu viel.“ Dabei gehe es nicht nur um Flüchtlinge, „sondern etwa auch um Einbrecherbanden aus Osteuropa“.
Gleichzeitig betonte er: „Weder der Ministerpräsident noch ich stellen Ausländer generell unter Verdacht. Kriminalität löst sich durch Abschiebungen nicht in Luft auf.“ Deutschland brauche „dringend mehr qualifizierte ausländische Arbeitskräfte“, weshalb die Anerkennung von Berufsabschlüssen beschleunigt werden solle.
Migration als „positive Entwicklung“
Der Innenminister hob die Bedeutung qualifizierter Zuwanderung hervor: „Es ist wichtig, jetzt wieder deutlicher zu machen, welche positive Entwicklungen wir durch qualifizierte Zuwanderung haben.“ Als Beispiel nannte er Pflege- und Gesundheitsberufe: „Wir haben inzwischen allein 5000 Ärztinnen und Ärzte aus Syrien im deutschen Gesundheitswesen.“
Herrmann erklärte, Integration sei entscheidend: „Wer nach zehn Jahren nicht integriert ist, wer straffällig wird, der sollte das Land wieder verlassen. Aber wir freuen uns, wenn diese syrischen Ärzte hierbleiben. Weil wir sie dringend brauchen.“
Scharfe Kritik an der AfD
Im Gespräch übte Herrmann scharfe Kritik am politischen Gegner: Demnach gäbe es bei der AfD „viele Leute mit blindem Ausländerhass“. Das sei „völlig indiskutabel“ und widerspreche den Interessen des Landes. Ohne Zuwanderung könne Deutschland die Arbeitswelt, den Sozialstaat nicht vernünftig weiterführen, so Herrmann.
„Die AfD redet immer nur über Problemfälle, aber nie über die vielen Menschen, die ordentlich arbeiten und ihre Beiträge zur Rente, zur Arbeitslosenversicherung und in die Krankenkasse zahlen“, so der Vorwurf. Klar sei für ihn: „Wer zu uns kommt und bleiben will, muss sich integrieren und integriert werden.“ Integration finde in Schulen, im Sport statt, entscheidend sei aber Arbeit. Bayern habe „die niedrigste Arbeitslosenquote von Ausländern“. Zuwanderung könne „eine große Bereicherung sein“.
Beobachtung der AfD und mögliche Konsequenzen
Zur rechtlichen Einschätzung der AfD meinte Herrmann: „Die AfD ist in Teilen verfassungsfeindlich“. Entscheidende Funktionsträger würden Ziele verfolgen, „die eindeutig gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und die Menschenwürde verstoßen“, so der bayerische Innenminister. Ein Verbotsverfahren wolle er nicht ausschließen: „Bund und Länder sind ständig im Austausch darüber.“ Allerdings müsse ein solches Verfahren „den hohen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts genügen“. Es müsse „eine hinreichende Chance auf Erfolg geben“. Herrmann forderte zugleich politische Auseinandersetzung: „Wir müssen die AfD bei den Sachthemen packen und sie inhaltlich stellen.“



