Brisant: Deutsche Baufirma löscht Informationen zu US-Biolabor, Behörden schweigen
In Rheinland-Pfalz wird derzeit ein US-Militärkrankenhaus errichtet, das bis Ende 2027 fertiggestellt sein soll. Daran angegliedert soll auch ein Biologielabor der Sicherheitsstufe 3 werden, in dem hochinfektiöse Erreger untersucht werden können. Doch seit einigen Tagen gibt es ein Versteckspiel um diese brisante Information.
Das US-Militärkrankenhaus entsteht nur zehn Kilometer von der Air Base Ramstein entfernt.
© IMAGO / Silas SteinSeit 2023 entsteht in Weilerbach bei Kaiserslautern und damit in der Nähe der Air Base Ramstein das größte US-Militärkrankenhaus außerhalb der Vereinigten Staaten. Trotz der immensen Größe von 190.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche, 4.680 Räumen, 120 Behandlungszimmern und neun Operationssälen, über die das Krankenhaus nach seiner Fertigstellung verfügen wird sowie der dafür veranschlagten Kosten und der brisanten Tatsache, dass dem Krankenhaus auch ein Biosicherheitslabor der Stufe 3 angegliedert werden soll, fand das Bauvorhaben in der medialen Berichterstattung bisher wenig Beachtung. Das hat sich vor etwa einer Woche geändert und wohl auch dazu geführt, dass Informationen zu der Causa nun unterschlagen werden.
Baufirma präsentierte Informationen ganz offen
Aber von vorne: Am 12.02.2025 machte der Journalist Florian Warweg vom Blog NachDenkSeiten im Rahmen der Bundespressekonferenz in Berlin auf das Großprojekt im pfälzischen Weilerbach, das an und für sich nicht geheim war, aufmerksam und wollte von den Vertretern der Bundesregierung insbesondere konkrete Informationen zu dem Labor, in dem hochinfektiöse und gefährliche Erreger der Risikogruppe 3, darunter fallen etwa das Dengue-Virus, Hantaviren und das H5N1-Virus (Vogelgrippe), erforscht werden sollen, einholen (FREILICH berichtete).
Dass das Labor so tatsächlich in Planung war und wohl auch immer noch sein dürfte, war auch auf der Webseite der für den Bau zuständigen Baufirma, der HT Group, zu lesen. Und dennoch wusste die Bundesregierung angeblich nichts über den Bau dieses Labors. So erklärte etwa Josephine Steffen vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) gegenüber dem interessierten Journalisten, dass sie keine Kenntnisse über das geplante Biolabor habe. Auf die Frage, ob die US-Armee eine Genehmigung für den Bau des Labors eingeholt habe und welche Kontrollmöglichkeiten Deutschland in diesem Fall habe, konnte oder wollte sie keine klare Antwort geben. Unklar blieb in der Pressekonferenz auch, welches Ministerium für die Genehmigung des US-Biolabors zuständig ist. Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes und der Regierungssprecher konnten ebenfalls keine Auskunft zu Warwegs Fragen geben.
Hinweis zuerst entfernt, danach Seite ganz gelöscht
Die Befragung der Bundesregierung durch den Journalisten dürfte allerdings Staub aufgewirbelt haben, und zwar so viel, dass man in weiterer Folge darum bemüht war, den Hinweis zum Bau des Biosicherheitslabors der Schutzstufe 3 von der Webseite der HT Group zu entfernen. In der ursprünglichen Fassung auf der Seite der Firma hieß es zunächst nämlich wörtlich: „HT Group realisiert den Operationsbereich, die Krankenhauspharmazie nach GMP-Anforderung und das Bio-Sicherheitslabor nach BSL-3.“ Später war nichts mehr von dem Labor nach BSL-3 zu lesen. Und auch die bildlichen Referenzen auf das Labor wurden gelöscht. Alles aber, ohne einen entsprechenden Transparenzhinweis. In solchen Fällen ist das Internet und insbesondere nützliche Tools wie die Waybackmachine der große Feind der Betroffenen, denn die Seite mit der ursprünglichen Version war vorher noch archiviert worden und ist somit noch abrufbar.
In der neuen Version hieß es später jedenfalls nur noch: „HT Group realisiert den Operationsbereich, die Krankenhauspharmazie nach GMP-Anforderung und das Sicherheitslabor“. Doch auch diese Version war später nicht mehr abrufbar, die Seite wurde mittlerweile sogar ganz gelöscht. Allerdings war auch sie zuvor rechtzeitig archiviert worden.
Angesichts der Tatsache, dass es in Deutschland bereits über 100 gentechnische Anlagen der Sicherheitsstufe 3 gibt, stellt sich die Frage, warum die Öffentlichkeit nicht einfach von Anfang an über den Bau einer solchen Anlage auf dem Krankenhausgelände in Weilerbach informiert wurde. In diesem Zusammenhang bleibt auch die Frage offen, warum der Hinweis auf den Bau des Biosicherheitslabors der Stufe 3 zunächst von der Internetseite der Baufirma entfernt und die Seite später ganz gelöscht wurde. Von der HT Group war dazu jedenfalls nichts zu erfahren. Eine Anfrage von FREILICH blieb bis zu Veröffentlichung dieses Beitrags unbeantwortet.
Behörden und Verantwortliche schweigen
Auf eine Anfrage an das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen erklärte eine zuständige Sprecherin am Montag aber zumindest, dass dem Ministerium „als für die Errichtung des Krankenhauses zuständigem Ressort“ der Bau des Sicherheitslabors bekannt sei, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass sich der Klinikneubau derzeit noch im Rohbau befinde, es also noch keinen Klinikbetrieb und damit auch keinen Laborbetrieb gebe. No na, der gesamte Komplex soll ja auch erst in den nächsten zwei Jahren fertiggestellt werden.
Ob es sich bei dem Labor um ein Labor der Sicherheitsstufe 3 handelt, in dem zukünftig unter anderen die oben genannten Erreger untersucht werden könnten, konnte man allerdings nicht sagen. Die Sprecherin verwies diesbezüglich lediglich auf die zuständige Genehmigungsbehörde.
Auf die Frage, ob das Bauministerium seit der Bundespressekonferenz am vergangenen Mittwoch mit der für den Bau des Sicherheitslabors verantwortlichen Firma Kontakt aufgenommen habe beziehungsweise etwas mit der Löschung des Hinweises auf das BSL-3-Labor auf der Seite zu tun habe, wurde dies verneint. Damit kann wohl zumindest ausgeschlossen werden, dass das BMWSB etwas mit der Löschung des Hinweises auf das BSL-3-Labor und später der gesamten Seite zu tun hatte.
Wenig vertrauenerweckendes Verhalten
Das Amt für Bundesbau (ABB), das laut BMWSB für die Fachaufsicht vor Ort und auch für Detailfragen zum Bauvorhaben zuständig ist, hat auf eine Anfrage nicht reagiert. FREILICH wollte unter anderem wissen, ob das ABB bestätigen könne, dass es sich bei dem auf dem Krankenhausgelände zu errichtenden Labor um ein Labor der Sicherheitsstufe 3 handele und warum diese Information in den Mitteilungen zum Krankenhausbau auf der Homepage des ABB nicht erwähnt wurde.
Dass sich die Behörden nun derart in Schweigen hüllen, dürfte bei den Menschen vor Ort nicht gerade für Begeisterung und Vertrauen sorgen. Unklar ist, inwieweit die Gemeinde und ihre Einwohner über den Bau des Labors informiert waren und ob zumindest der Bürgermeister von Weilerbach Kenntnis von der Sicherheitsstufe hatte. Auch er hat bis zur Veröffentlichung des Artikels auf eine Anfrage nicht reagiert.
Kostenexplosion bei Bauvorhaben
Angesichts de Versteckspiels rund um das Labor erscheint die Kostenexplosion des Bauvorhabens an dieser Stelle fast schon nebensächlich. Ursprünglich waren rund 1,1 Milliarden Euro dafür veranschlagt, Deutschland sollte 151 Millionen Euro für Planung und Bauüberwachung beisteuern. Matthias Göbel vom Amt für Bundesbau erklärte damals, dass es ein einfaches Erfolgsgeheimnis gebe, warum Zeitplan und Kosten genau im Plan liegen würden. „Es liegt zum einen an der guten Planung und zum anderen an der Tatsache, dass sich alle Beteiligten an dem Projekt – die US-Streitkräfte und die Bundesrepublik – von vornherein auf den Grundsatz verständigt haben: No changes, keine Planänderungen.“
Später dann die Kehrtwende: Insgesamt soll das Großprojekt in Weilerbach nach einer Prognose aus dem vergangenen Jahr mehr als 1,59 Milliarden Euro kosten und Deutschland statt 151 Millionen voraussichtlich 266 Millionen Euro zahlen. Das entspricht einer Kostensteigerung von mehr als 110 Millionen Euro. Die enorme Steigerung hänge damit zusammen, dass die alte Kalkulation bereits 13 Jahre alt gewesen sei und die Kosten im Baugewerbe über die Jahre überall massiv gestiegen seien, erklärte eine Sprecherin des Amtes für Bundesbau gegenüber dem SWR.
Die Fertigstellung des Krankenhauses ist jedenfalls für November 2027 geplant. Dann soll es an die US-Streitkräfte übergeben werden. Anschließend wird das alte Krankenhaus in Landstuhl in den Neubau umziehen. Insgesamt sollen dort später rund 2.500 Beschäftigte arbeiten.