Corona-Proteste in Wien: Drei Fragen an Herbert Kickl
FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl trat gestern bei den Corona-Protesten in Wien auf. Im TAGESSTIMME-Interview spricht er über seine Eindrücke, den Polizeieinsatz und den richtigen Umgang mit Protesten.
TAGESSTIMME: Sie haben gestern auf der Demonstration selbst gesprochen: Was war Ihr Eindruck vom Antiregierungsprotest?
Herbert Kickl: Es war eine friedliche Kundgebung. Aus allen Bevölkerungssichten, aus allen politischen Lagern und jeden Alters haben Menschen teilgenommen. Jeder aus einem anderen Grund – Väter und Mütter, die sich um die Zukunft ihrer Kinder machen; Lehrlinge, Schüler und Studenten, die ihre Berufs- und Bildungschancen gefährdet sehen; Arbeitnehmer, die ihren Job verloren haben oder auf Kurzarbeit gesetzt wurden; Unternehmer, die vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, und Senioren, die in ernster Sorge um das Fortkommen ihrer Kinder und Enkelkinder sind und Angst vor der weiteren Zwangsinsolation haben.
Aber all diese Menschen vereint ein gesunder Hausverstand. Sie sehen, dass Kurz uns über den Abgrund hinausführen will, dass seine totalitären Visionen und seine evidenz- und faktenbefreiten Corona-Zwangsmaßnahmen nichts mit ehrlicher Gesundheitspolitik zu tun haben – Kurz ist auf einem Zerstörungstrip. All diese Menschen eint ein Ziel: Kurz muss weg! Sie wollen ein Ende des Coronawahnsinns und der Repressionen, mit dem der Kanzler unser Land überzieht, sie wollen ihre Freiheit zurück. Und all diese Menschen eint der Mut, das stellvertretend für zigtausende andere Österreicher, auch bei ihren friedlichen Protesten zu zeigen, zu fordern und für dieses Ziel auf die Straße zu gehen.
TAGESSTIMME: Warum richtet sich die Sicherheitspolitik dann so massiv gegen Menschen, die gegen den Lockdown auf die Straße gehen? Ihre Meinung als ehemaliger Innenminister?
Kickl: Insgesamt war der gestrige höchst erfolgreiche Protesttag ein schwerer Schlag für Kurz und Co. Auch der Großteil des Polizeieinsatzes war korrekt, die eingesetzten Kräfte haben die Kundgebungen gesichert. Aber am Ende des gestrigen Tages hatte ÖVP-Scharfmacher Nehammer nicht das, was er wollte und brauchte, nämlich eine Eskalation und „grausliche Bilder“ für die Mainstream-Medien, um die Teilnehmer als Mob, Randalierer usw. abzustempeln zu können. Deshalb haben der ÖVP-Innenminister und seine Parteifreunde in der Polizeiführung diese Eskalation am Abend selbst herbeigeführt, indem sie die Leute am Heimgehen gehindert, ohne ersichtlichen Grund Brücken gesperrt und so die Menschen in einen Kessel getrieben haben, um dort noch schnell möglichst viele Anzeigen für die Statistik zu produzieren. Nach dem „Sturm aufs Parlament“ musste diesmal der „Sturm auf ein Versicherungsgebäude“ herbeifantasiert werden. Dies deshalb, weil die ÖVP um jeden Preis davon ablenken muss, dass Kurz unser Land mit nicht evidenzbasierten und unverhältnismäßigen Zwangsmaßnahmen weiterhin in Geiselhaft hält, uns um unsere Grund- und Freiheitsrechte betrügt und einen totalitären Willkürstaat aufzubauen versucht.
TAGESSTIMME: Wie sollte mit den Protesten umgegangen werden?
Kickl: So, wie es sich in einem Rechtsstaat und in einer Demokratie gehört: Indem man den Menschen ihr demokratisches Grundrecht der freien Meinungsäußerung und der Versammlungsfreiheit nicht einfach so wegnimmt, nur weil der Kanzler nicht hören will, was sie sagen. Das Versammlungsrecht ist ein ganz hohes Gut und dementsprechend rechtlich stark abgesichert, sowohl im Staatsgrundgesetz als auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention. Ein Verbot braucht daher einen ganz exakten Nachweis der Verhältnismäßigkeit und ist immer nur die ultima ratio. Potenzielle Demonstrationsteilnehmer im Vorhinein als Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker abzustempeln, wie es das Innenministerium getan hat, Demonstrationen dann quasi auf Verdacht und mit dem Hinweis, dass Regierungskritiker teilnehmen würden, zu verbieten, ist letztklassig und der Republik Österreich unwürdig. Und wenn eine Versammlung stattfindet, dann ist so damit umzugehen, wie es gestern zum Großteil passiert ist und wie es vor Nehammer und Co. grundsätzlich war: Die Polizei gewährleistet den sicheren Ablauf und die Teilnehmer leisten im Gegenzug ihren Beitrag für eine friedlichen Fortgang bzw. Protest.
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