Das Geschäft mit der Migration – fünf Fälle im Überblick
Korruption, Bestechung und kriminelle Netzwerke: Der Asylbereich bietet lukrative Möglichkeiten für dubiose Geschäfte. FREILICH stellt fünf solcher Fälle aus der jüngeren Vergangenheit vor.
Wartende Personen vor dem Landesamt für Einwanderung in Berlin. (Symbolbild)
© IMAGO / photothekIn den letzten Jahrzehnten sind Millionen von Migranten nach Europa gekommen. Viele sahen in dieser Entwicklung ein gutes Geschäft. Aber nicht nur die offensichtlichen Möglichkeiten wie die Schleusung illegaler Migranten galten und gelten als lukrativ, auch in den Zielländern, etwa in Deutschland, sahen Einzelne in der Asylindustrie ihre Chance, sich etwas „dazuzuverdienen“ – und nutzten sie schließlich auch. So sind in Deutschland in den letzten Jahren zahlreiche Fälle bekannt geworden, die das Geschäft mit der Migration illustrieren.
Korruption im KVR München
Einer der jüngsten Fälle betrifft das Kreisverwaltungsreferat (KVR) München. Dort stehen mehrere Mitarbeiter im Verdacht, gegen Geld Aufenthaltstitel ausgestellt zu haben. Die Polizei durchsuchte vergangene Woche Büros und Privatwohnungen, nachdem eine interne Anzeige Ungereimtheiten aufgedeckt hatte. Medienberichten zufolge hatten aufmerksame Mitarbeiter eine verdächtige Person gemeldet, die regelmäßig außerhalb der Dienstzeiten bestimmte Sachbearbeiter aufsuchte. Bei Stichproben wurden schließlich gefälschte Dokumente gefunden.
Konkret sollen vier aktuelle und eine ehemalige Mitarbeiterin des KVR zwischen Mai 2022 und Januar 2024 Bestechungsgelder angenommen und rechtswidrige Entscheidungen getroffen haben. Ein externer Mittelsmann soll Dokumente gefälscht und Zahlungen vermittelt haben. Alle Beschuldigten sitzen in Untersuchungshaft. Nach Angaben der Bild-Zeitung soll es sich um mindestens 32 Fälle handeln, teilweise gegen Zahlungen von 150 Euro. Alle zu Unrecht erteilten Aufenthaltstitel sollen nun überprüft und rückabgewickelt werden.
Schleuserkriminalität und Korruption in Osnabrück
Um Korruption geht es auch bei den Ermittlungen in einem aktuellen Fall in Osnabrück. Dort stehen - ähnlich wie in München - fünf Mitarbeiter der Stadtverwaltung im Verdacht, Migranten gegen Geld oder andere Vorteile Unterkünfte oder bessere Wohnungen verschafft zu haben. Bei Durchsuchungen der Büros und Wohnungen der betroffenen Mitarbeiter wurden Bargeldbeträge in fünfstelliger Höhe gefunden. Ob es sich dabei um Schmiergeldzahlungen handelt, war zunächst unklar.
Die Mitarbeiter wurden sofort von ihren Aufgaben entbunden. Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) sprach von einem „schwerwiegenden Vorfall“ und bat um Entschuldigung. Interne Abläufe sollen nun überprüft werden, um Korruption in Zukunft zu verhindern. Die Ermittlungen in dem Fall dauern an. Brisant ist jedoch, dass die verdächtigen Mitarbeiter bereits 2022 im Rahmen eines Verfahrens wegen Schleuserkriminalität ins Visier der Ermittler geraten waren. Damals sollen sie in demselben Tätigkeitsbereich gearbeitet haben. Die Ermittler gehen daher davon aus, dass die Verdächtigen gemeinsam und arbeitsteilig vorgegangen sind.
Bestechung auch in Hamburg
Ein ähnlicher Fall wie in München und Osnabrück wurde Anfang letzten Jahres in Hamburg bekannt. Dort sollen zwei Mitarbeiter des Hamburg Service Ausländern gegen Bargeld Aufenthaltstitel erteilt haben, ohne dass die ausländerrechtlichen Voraussetzungen dafür vorgelegen hätten. „Die beiden Mitarbeiter des Hamburg Service sollen seit September 2022 als Tarifbeschäftigte verschiedener Standorte gemeinschaftlich und gewerbsmäßig gegen die Gewährung von Bargeld in nicht nur unwesentlicher Höhe über Mittelsmänner wiederholt Aufenthaltstitel für nicht berechtigte Ausländer ausgestellt haben“, sagte damals Liddy Oechtering, Sprecherin der Staatsanwaltschaften.
Hinweise dazu waren anonym über das Portal „Hinweisgebersystem Korruption“ bei den Behörden eingegangen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits seit Herbst 2023. Anfang Februar 2024 durchsuchten Beamte schließlich Büroräume des Hamburg Service und vollstreckten Haftbefehle. Dabei wurden zwei Mitarbeiter von Hamburg Service festgenommen. Auch acht Empfänger der Dokumente standen zu diesem Zeitpunkt unter Verdacht. Die Höhe der geflossenen Beträge war zum damaligen Zeitpunkt noch Gegenstand der Ermittlungen.
Die Dürener „Luxusschleueraffäre“
Schlagzeilen machte Anfang letzten Jahres auch ein Fall aus dem Raum Düren in Nordrhein-Westfalen. Dabei geht es um eine Schleuserbande, die über Jahre hinweg wohlhabende Ausländer, insbesondere aus China und dem Oman, illegal nach Deutschland gebracht und ihnen Aufenthaltsgenehmigungen verschafft haben soll. Erste Hinweise führten zu zwei Kölner Rechtsanwälten, die über ein „Residenz-Programm“ zahlungskräftige Kunden angeworben und ihnen über Scheinfirmen und manipulierte Anträge Aufenthaltstitel verschafft haben sollen. Pro Person sollen Zahlungen zwischen 30.000 und 360.000 Euro geflossen sein. Der Verdacht der Behörden: Bestechung, Geldwäsche und bandenmäßige Schleusung. In diesem Fall geht es um mehrere Millionen Euro für Schleuserdienste.
Im Rahmen der Ermittlungen stellten die Einsatzkräfte gleich zu Beginn unter anderem 210.000 Euro Bargeld sicher, außerdem wurden 269 Bankkonten gesperrt und 31 Grundstücke mit einer Sicherungshypothek belegt. Brisant ist, dass auch Politiker involviert waren. So räumte der Dürener SPD-Politiker Jens Bröker später ein, von der Schleuserbande um einen der beiden Anwälte Bestechungsgelder in sechsstelliger Höhe erhalten zu haben. Auch der Dürener Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU) wird in der „Luxusschleuseraffäre“ verdächtigt - konkret der Bestechung und des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 84 Fällen. Spelthahn wurde im November 2024 vom Dienst suspendiert. Der CDU-Politiker bestritt bis zuletzt jegliche Verwicklung. Sein Anwalt erklärte, Spelthahn sei „in keiner Weise“ an illegalen Geschäften beteiligt gewesen und habe auch keine Vorteile erhalten. Die Ermittlungen dauern an.
Terminvergabe als lukratives Geschäft
Die im Folgenden beschriebenen Fälle aus Berlin und München zeigen eine andere Form der Möglichkeiten, die die Asylindustrie bietet und die für die Anbieter ein florierendes Geschäft darstellen. Diesmal stehen nicht die Mitarbeiter der Ausländerbehörden im Mittelpunkt, sondern externe Akteure, die über die Ausländerbehörden ihr Geld machen. Dabei spielt ihnen in die Hände, dass die Ausländerbehörden in Berlin und München unter massiven Terminproblemen leiden. Die Behörden sind überlastet, die Wartezeiten auf einen Termin betragen in beiden Städten teilweise Monate. Diese Situation hat dazu geführt, dass externe Anbieter Termine gegen hohe Gebühren weiterverkaufen.
Erste Berichte dazu gab es aus Berlin bereits 2023. Demnach hatte das Landesamt für Ausländerangelegenheiten (LEA) damals aufgrund von Personalmangel und fehlerhaften Online-Systemen Schwierigkeiten, Termine zeitnah zu vergeben. Dies nutzten Drittanbieter aus, indem sie mit sogenannten Bots massenhaft Termine buchten, die dann für bis zu 50 Euro an Interessierte verkauft wurden. Die LEA reagierte zwar laufend mit technischen Anpassungen, die Maßnahmen wurden aber nach einiger Zeit überwunden.
Ein ähnliches Vorgehen wurde kürzlich aus München gemeldet. Demnach werden auch dort Termine auf dem Schwarzmarkt verkauft. Mehrere Plattformen, darunter Reddit und Telegram, sind voll von Angeboten, bei denen 20 US-Dollar für einen schnellen Termin bezahlt werden können. Die Stadtverwaltung ist sich dessen bewusst und hat technische Maßnahmen ergriffen, um Bots zu blockieren, aber auch hier bleibt die Situation problematisch. Die Bots werden immer besser und machen die Anpassungen der Verwaltung obsolet. Inzwischen ermittelt bereits die Polizei, um diese illegalen Aktivitäten zu unterbinden. Laut Medienberichten soll es auch schon erste Fahndungserfolge gegeben haben.
Geschäft dürfte weitergehen
Diese Fälle aus der jüngeren Vergangenheit zeigen, dass es sich bei Korruption im Asylbereich teils um eher kleine Fische, teils aber auch um größere Fische mit Summen im sechsstelligen Bereich handelt. Angesichts des Einsatzes sogenannter Bots, wie im letzten Beispiel, wird außerdem deutlich, dass die Verdienstmöglichkeiten im Asylbereich, insbesondere seit der großen Migrationswelle 2015, sehr vielfältig sind und wohl auch in naher Zukunft nicht abreißen werden.