Die ÖVP muss verschwinden

Die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP sind am Mittwoch gescheitert. Fabian Walch lässt in seinem Kommentar für FREILICH kein gutes Haar an der Volkspartei und setzt damit die Kritik fort, die seit Bekanntwerden des Verhandlungsabbruchs nicht abgerissen ist.

Kommentar von
13.2.2025
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3 Minuten Lesezeit
Die ÖVP muss verschwinden
© IMAGO / Steinsiek.ch

Einen Satz, den man kaum hört: Christian Stocker wird unterschätzt. Er repräsentiert nämlich das inhaltsleere und sinnbefreite ehemals bürgerlich-konservative Lager wie kein anderer. Nur getrieben vom Willen zur Macht, der als reiner Selbstzweck gesehen wird. Keine Spur mehr von konservativer Ideologie, kein Auftrag, das Leben der Österreicher zu verbessern und keine Leidenschaft, die eigenen Überzeugungen mit Inbrunst zu verteidigen.

Inhaltlich ist von der einst stolzen ÖVP nichts mehr übriggeblieben. Alle Positionen wurden sukzessive, Schritt für Schritt aufgegeben. Übrig geblieben ist nur mehr der Glaube an die schwarze Null. Damit ist kein ÖVP-Obmann gemeint, sondern das Budget. Wobei man sich davon seit Corona auch verabschiedet hat: Koste es, was es wolle. Die Konservativen, die sich selbst immer mit Wirtschaftskompetenz brüsten, können nicht mal mehr ein ausgewogenes Budget präsentieren, wie der neue EU-Kommissar Magnus Brunner noch zum Abschied aus seiner Funktion als Finanzminister eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.

Gartenschlauch statt Rückgrat

Stattdessen ist man zum Steigbügelhalter der Linken geworden und springt über jedes Stöckchen, das ihm die mediale Schickeria hinhält. Abtreibungen, Transen im Kindergarten, Islamisierung: alles kein Problem mehr für den Bürgerlichen des 21. Jahrhunderts. Im Gegenteil, man befeuert es sogar noch, wenn man glaubt, dafür ein bisschen Applaus von Leuten zu bekommen, die einen ohnehin nie wählen würden. Anders ist es nicht erklärbar, wie die ÖVP innerhalb weniger Jahre von einer Koalition mit den Freiheitlichen zu den Grünen wechseln konnte, ohne damit ideologisch auch nur irgendein Problem gehabt zu haben. Und nun wird die FPÖ wieder zum Schreckgespenst erklärt, obwohl man ebenjene verbal – in der Hoffnung, doch noch den völligen Absturz verhindern zu können – kopiert hatte. Eine politische Achterbahnfahrt, an deren Ende nur der Schleudersitz stehen kann. Böse Zungen behaupten, ÖVPler hätten dort einen Gartenschlauch, wo andere anatomisch ein Rückgrat besitzen.

Sabotage seitens der ÖVP

Der Kitt, der die ÖVP zusammenhält, ist einzig noch ein Gemisch aus Posten, Macht und Geld. Von einer gemeinsamen Ideologie, einem vereinenden Wertefundament oder einer Zukunftsvision, die als einendes Ziel wirkt, ist nicht mal mehr ein Ansatz da. Man ist völlig in der Einheitspartei aufgegangen und nennt das noch mit Stolz „die Mitte“: Völlig austauschbar, beliebig und blass. Ein Teil des Einheitsbreies, der sich Mitte schimpft, was nichts anderes als der ideologische Nullpunkt ist, also keine Position zu haben. Maximal wird noch der Konservative gemimt, um an das nostalgische Gefühl alter ÖVP-Wähler zu appellieren, die sie lediglich noch aus Gewohnheit wählen. Dabei ist völlig egal, welcher farblose Darsteller da an der Spitze steht.

Nach der Wahl im September des letzten Jahres strebte diese entkernte ÖVP zuvorderst eine Verliererkoalition der Einheitspartei an. Mit Parteien links der Mitte, die in vielen Bereichen jenem, was die ÖVP im Wahlkampf vollmundig etwa im Bereich der Migration versprochen hatte, diametral gegenüberstehen. Verkauft hätte dies dem Wähler als Verantwortung in schwierigen Zeiten werden sollen. Die NEOS haben – wahrscheinlich mahnend das Beispiel der bundesdeutschen Schwesterpartei FDP vor Augen – aber vorzeitig die Reißleine vor der Austroampel gezogen. Es folgten Verhandlungen mit der FPÖ, die, wie nun klar ist, bewusst von ÖVP-Seite sabotiert wurden. Die Erkenntnis bleibt, dass die ÖVP an einer Umsetzung ihres trügerischerweise immer noch konservativen Wahlprogramms nicht interessiert ist, sondern nur an Macht als Selbstzweck.

Betrug am Wähler

Die Inhaltsleere der Altparteien manifestiert sich im Stillstand des Landes und der aktuellen Situation. Das System der Einheitspartei ist gescheitert und mit ihr das bürgerliche Lager. Sie schadet dem Konservatismus sogar, da sie vor allem ältere Wähler an sich bindet und dann aber mit ebendiesen Stimmen linke Politik betreibt: ein Trauerspiel und Betrug am Wähler. Fairerweise muss man sagen, dass diese Entwicklung kein Unikum der ÖVP ist, sondern so gut wie alle ehemals konservativen Parteien im Westen betrifft. In einigen Ländern wie Italien (Democrazia Cristiana) oder Frankreich (Les Républicains) sind diese Parteien deswegen – weil völlig überflüssig geworden – auch schon verschwunden oder zumindest bedeutungslos geworden. Man kann nur hoffen, dieses Schicksal ereilt auch die ÖVP bald.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

Fabian Walch

Fabian Walch ist Gemeinderat der FPÖ Innsbruck. Der studierte Historiker ist zudem Obmann des Freiheitlichen Akademikerverbands Tirol.

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