Dirk Spaniel (AfD): „Timmermans geht es nicht um Technologieoffenheit“

Frans Timmermans, Kommissions-Vize der EU, zeigt sich technologisch offen: „Wenn man sagt, mit E-Fuels können wir Autos ohne CO2-Ausstoß bauen, dann muss man das versuchen.“ Dem Niederländer geht es darum, „dass ab 2035 nur noch Autos gebaut werden dürfen, die kein Kohlendioxid mehr ausstoßen.“ Wie ist die Meinung Timmermans einzuordnen? FREILICH sprach mit dem verkehrspolitischen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion und Obmann im Verkehrsausschuss Dirk Spaniel.

Ulrich Novak
Interview von
23.7.2023
/
3 Minuten Lesezeit
Dirk Spaniel (AfD): „Timmermans geht es nicht um Technologieoffenheit“
© IMAGO / Sven Simon

FREILICH: Herr Spaniel, was ist von den jüngsten Äußerungen von EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans zu halten? Er bezeichnet die EU-Kommission als technologieoffen und zeigt sich Autos gegenüber aufgeschlossen, die mit E-Fuels ohne CO2-Ausstoß fahren.

Dirk Spaniel: Der Sozialist Timmermans ist – wie alle führenden EU-Politiker – mit äußerster Vorsicht zu genießen. Er ist als Kommissar für Klimaschutz in der Kommission von der Leyen einer der borniertesten Klimaschutzeinpeitscher. Mit Sicherheit geht es ihm nicht um Technologieoffenheit, die die AfD und die Fraktion Identität und Demokratie im EU-Parlament und in Deutschland von Anbeginn gefordert haben. Timmermans geht es am Ende des Tages nur darum, dass die Europäische Kommission in ihrer jetzigen Konstellation politisch überlebt, denn die gehypte und von oben in den Markt gedrückte „Electricity-only“-Strategie könnte sich als totaler Blindgänger entpuppen.

Wie kommen Sie darauf?

Ganz einfach, VW-Markenchef Thomas Schäfer hat kürzlich verlautbaren lassen, dass das „VW-Dach lichterloh“ brenne. Hintergrund der Panik ist die Tatsache, dass der Elektro-Boom vorbei zu sein scheint. In der Presse war zu lesen, dass VW in seinem Emdener Werk die Produktion seiner Elektroautos zurückfährt. Wegen geringer Nachfrage werden im Werk die Spätschichten gestrichen und die Werksferien im Elektrosegment um eine Woche verlängert. Von den 1.500 Leiharbeitern in der Produktion müssen ab August 300 gehen. Der VW-Betriebsratschef Manfred Wulff spricht vornehm von „Kundenzurückhaltung“, die man in der Elektrowelt ganz vehement spüre. Die E-Autos stehen auf Halde, das gilt nicht nur für VW. Die Nachfrage nach dem Elektro-Porsche Taycan hat sich angeblich halbiert.

Woran liegt das?

Hauptsächlich schieben die Hersteller den schwächelnden Absatz auf die Liefersituation. Die Coronakrise und der Ukrainekrieg hätten einen Teilemangel im Bereich der Halbleiter und Kabelbäume verursacht. Dazu kommen die Kürzungen oder auch Streichungen staatlicher Subventionen beim E-Autokauf. Es gibt also ganz einfach mehr gebaute E-Autos als Kaufwillige. Marketingexperten reden auch von „holprigen Markteinführungen“ bei bestimmten Modellen, dazu kommen Qualitätsprobleme in der Technik. Für mich ist das unterm Strich Humbug, denn wieso stehen in China Tausende von fast fabrikneuen Elektroautos von BYD herum? Da spielen Ukrainekrieg, Markteinführungen und unterbrochene Lieferketten wohl kaum eine Rolle. Ursache dafür ist, dass die chinesischen Hersteller Verkäufe vortäuschen müssen, um über die getürkten Verkaufszahlen die staatlichen Zuschüsse abgreifen zu können. Die melden die Autos einfach an und stellen sie dann ab. Es scheint also insgesamt nicht so zu klappen mit der Akzeptanz von E-Mobilität.

Dann ist Timmermans Vorschlag, den Verbrennermotor nach 2035 mit E-Fuels zuzulassen ja ganz vernünftig …

Erstens kommt das nicht von Timmermans, sondern der Vorschlag wurde von FDP-Verkehrsminister Wissing schon im März dieses Jahres an das EU-Parlament heran getragen. Ursprünglich war das eine Initiative der AfD-Fraktion im Bundestag, die dieses Thema im Parlament bereits 2018 – vielbeachtet – eingebracht hat. Die FDP und andere haben dann einfach nicht mehr den Korken auf die E-Fuels Flasche draufgekriegt … Zweitens ist das die klare Flucht nach vorne, denn was wird passieren? Ohne Kundenakzeptanz wird schlicht und ergreifend die gesamte Klimadebatte in Frage gestellt, wenn es da nicht E-Fuels gäbe.

Das wäre doch aus Ihrer Sicht ein Grund gegen die Einführung von E-Fuels?

Einerseits schon, andererseits haben wir E-Fuels ins Gespräch gebracht, um die Infrastruktur der automobilen Produktion aufrecht zu erhalten, die am Verbrennungsmotor hängt. Diese ist nicht nur durch das Verbrennungsmotorverbot gefährdet, sondern auch durch die Strafzahlungen, die Autohersteller an die EU zahlen müssen, wenn Sie die Flottenverbrauchsziele der EU – das sind ca. 2,5 l/100 km in 2030 – überschreiten. Bei einem Verbrauch von 6,5 l/100 km Benzin sind das 9.000 Euro Strafzahlung für jedes in Europa verkaufte Neufahrzeug. Mit E-Fuels sollte diese Strafzahlung entfallen. Allerdings hat das die EU noch nicht klargestellt. Hier könnte ich mir vorstellen, dass Timmermans „durch die kalte Küche“ das Verbrennungsmotorverbot auch für E-Fuels doch noch durchsetzt.

Was passiert, wenn E-Fuels doch erlaubt werden?

Die entscheidende Frage ist, wann das passiert. Sollten E-Fuels kurzfristig die Anrechenbarkeit auf die Flottenverbräuche der Hersteller erhalten, dann könnte die Autoindustrie umsteuern. Als AfD fordern wir aber eine andere, geringere Besteuerung der E-Fuels, da es sich nicht um mineralische Kraftstoffe handelt. Das wird die Wettbewerbsfähigkeit verbrennungsmotorischer Fahrzeuge mit E-Fuels entscheidend verbessern.

Wenn diese Neubewertung der verbrennungsmotorischen Antriebe zu spät kommt, ist die Autoindustrie in Deutschland und insbesondere die Zulieferindustrie nicht mehr in der Lage wirtschaftlich sinnvoll umzulenken und es wird zu einer massiven „Umstrukturierung“ kommen. Eine Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Autoindustrie gegenüber der chinesischen Konkurrenz auf dem Gebiet der batterieelektrischen Fahrzeuge schließe ich angesichts der in Deutschland erwartbaren Energiekosten und des Lieferkettengesetzes für Europa weitgehend aus. Es wäre gut, wenn nicht Ideologen und öko-religiöse Planwirtschaftler, sondern Ingenieure und ausgewiesene Technikfachleute die Verkehrspolitik Deutschlands und Europas gestalten. Die Menschen wachen langsam auf und erkennen das ganze Ausmaß des undurchdachten Bockmists, den Timmermans, von der Leyen und Co produzieren.

Herr Dr. Spaniel, vielen Dank für das Gespräch!


Zur Person:

Dr. Dirk Spaniel ist seit 2017 Bundestagsabgeordneter für die „Alternative für Deutschland“. Er fungiert als verkehrspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion und ist Obmann im Verkehrsausschuss. Nach dem Abitur studierte er in Clausthal-Zellerfeld Chemieingenieurwesen und an der RWTH Aachen Maschinenbau. Promotion 2003. Spaniel lebt mit der Familie in Stuttgart und in Berlin. Davor Auslandsaufenthalte in Detroit (USA) und Sao Paulo (Brasilien). Zuletzt arbeitet Dirk Spaniel in der Entwicklung eines großen Automobilherstellers.

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