Eklat im Landtag: Reul ändert nachträglich Protokoll nach Solingen-Anschlag
Nach Anschlag in Solingen: Innenminister Reul ändert Protokoll. Debatte um Informationsfluss und politische Verantwortung eskaliert.
Düsseldorf. – Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hat das Landtagsprotokoll über seine Äußerungen zum Terroranschlag von Solingen nachträglich ändern lassen. Das berichtet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Bei dem Anschlag im August hatte ein Syrer drei Menschen mit einem Messer getötet.
Reul hatte am 11. September im Düsseldorfer Landtag Fragen zur Kommunikation innerhalb der Landesregierung nach der Tat beantwortet. Dabei äußerte er sich auch zur geplanten Abschiebung des Tatverdächtigen im Jahr 2023. Laut Spiegel sagte Reul zunächst, er habe erst am Sonntagmorgen nach der Tat erkannt, dass die gescheiterte Abschiebung des Täters relevant sei. Tatsächlich sei er aber bereits am Samstag über den gescheiterten Abschiebeversuch informiert worden.
Protokolländerung nach Reuls Aussage
Im Anschluss an die Sitzung bat das Innenministerium um eine Anpassung des Protokolls, die von der Landtagsverwaltung auch vorgenommen wurde. Demnach wurde die Passage zur Uhrzeit geändert. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte die Änderung und erklärte, Reul habe sich „missverständlich ausgedrückt“. Das Innenministerium wies den Vorwurf zurück, der Minister habe bewusst Fehlinformationen vertuschen wollen.
Der Kommunikationsfluss innerhalb der Landesregierung steht seit dem Anschlag in der Kritik. Reul räumte ein, dass es möglicherweise besser gewesen wäre, seine Kabinettskollegin, Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne), früher zu informieren. „Vielleicht wäre es doch klüger gewesen, Fluchtministerin Paul etwas früher zu informieren“, sagte Reul. Die Tragweite der gescheiterten Abschiebung sei ihm aber erst am Sonntag nach der Festnahme des Täters bewusst geworden.
Kritik am Informationsfluss nach Solinger Terroranschlag
Zugleich wehrte sich der Innenminister gegen Vorwürfe, er habe falsch gehandelt: „Zuerst mussten wir den flüchtigen Täter kriegen. Ob er Flüchtling war, irgendwann schon mal abgeschoben werden sollte oder sonst was, war mir egal“. Im Vordergrund habe gestanden, die Gefahr zu stoppen, so Reul weiter.
Vor allem die SPD kritisierte den Innenminister scharf. In einem Brief an Reul wirft sie ihm vor, das Parlament nicht wahrheitsgemäß über die Ereignisse und seinen Informationsstand informiert zu haben. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Lisa-Kristin Kapteinat und die innenpolitische Sprecherin Christina Kampmann beklagten zudem, dass wichtige Informationen, sogenannte „Meldungen über wichtige Ereignisse“ (WE-Meldungen), die die Polizei an das Innenministerium übermittelt habe, nicht zur Verfügung gestellt worden seien.
Das Innenministerium verteidigte sich und verwies auf noch ausstehende rechtliche Klärungen. Am Freitag erhielt der Landtag schließlich die angeforderten WE-Meldungen.
Auch Josefine Paul in der Kritik
Auch Flüchtlingsministerin Josefine Paul musste sich Vorwürfe gefallen lassen, sie sei nach dem Anschlag tagelang „abgetaucht“. Sie erklärte jedoch, erst am Sonntag vollständig über die relevanten Fakten informiert worden zu sein. Eine Sprecherin des Flüchtlingsministeriums betonte, dass der Informationsfluss und die Handlungsfähigkeit der Landesregierung jederzeit gegeben gewesen seien.