Ex-Verfassungsrichter hält Teile der Grundgesetzänderung für „Staatsstreich“
Die Schuldenregeln von Union und SPD sorgen in Deutschland seit Wochen für viel Kritik und Diskussionen. Nun hat auch ein ehemaliger Verfassungsrichter klare Worte dazu gefunden.
Der ehemalige Verfassungsrichter Peter Huber spricht im Zusammenhang mit den aktuellen Vorgängen von verfassungswidrigem Verfassungsrecht und einem „Staatsstreich“. (Symbolbild)
© IMAGO / Herrmann AgenturfotografieBerlin/Dresden. – Der ehemalige Verfassungsrichter Peter Huber hat die jüngsten Grundgesetzänderungen durch Union, SPD und Grüne scharf kritisiert. Insbesondere die neuen Verschuldungsregeln für die Bundesländer sieht er als fundamentalen Angriff auf den Föderalismus. Die Einigung bedeute eine erhebliche Aushöhlung des Bundesstaates, erklärte er gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Länder verlieren ihre „Staatsqualität“
Laut Huber gefährdet die Reform das Prinzip der Eigenstaatlichkeit der Länder: „Gebietskörperschaften, deren Verfassungsordnung von der übergeordneten Ebene vorgegeben wird, sind allerdings keine Staaten (mehr), sondern Selbstverwaltungskörperschaften“. Damit verliere die Bundesrepublik ein zentrales Element ihrer föderalen Ordnung.
Huber, der von 2010 bis 2023 dem Bundesverfassungsgericht angehörte, argumentiert, dass die Länder im Rahmen des Homogenitätsgebots, der Grundrechte und der bundesstaatlichen Kompetenzordnung eine eigene Verfassungsautonomie genießen. Durch Eingriffe des Bundes würden die Länder aber zu „Provinzen“ degradiert. Besonders drastisch formuliert er: „Meines Erachtens handelt es sich um verfassungswidriges Verfassungsrecht. Hätte die Regelung Bestand, wäre sie ein Staatsstreich“.
AfD fordert Verfassungsprüfung
Hubers Kritik wird auch von der AfD aufgegriffen. Joachim Keiler, Justiziar der sächsischen AfD-Fraktion, erklärt: „Streng genommen ist Sachsen kein Freistaat mehr. Oder, um es etwas vorsichtiger zu formulieren: Sachsen ist nur noch ein entmachteter Freistaat.“ Die Einschränkung des Budgetrechts des Landtags sei nicht hinnehmbar.
Keiler verweist auf die Artikel 109 Absatz 1 und 79 Absatz 3 des Grundgesetzes, die die Eigenständigkeit der Haushaltswirtschaft der Länder sowie den Schutz der bundesstaatlichen Ordnung garantieren. „Vor diesem Hintergrund ist eine gründliche Prüfung der Grundgesetzänderungen durch das Bundesverfassungsgericht zwingend notwendig“, fordert der AfD-Politiker.