EZB-Chefin Lagarde sieht Europas „Faulheit“ als Ursache für wirtschaftliche Probleme
Die europäische Wirtschaft steckt in der Krise. Beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos erklärte die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, woran das ihrer Meinung nach liegt.
Davos. – Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hat die „Faulheit“ Europas als entscheidenden Faktor für den wirtschaftlichen Niedergang des Kontinents bezeichnet. In ihrer Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos sagte sie, dass die EU zwar viele Vorteile habe, sich aber selbst schade, weil sie oft nicht die nötige Konsequenz an den Tag lege. „Wir haben viele Vorzüge, aber wir schaden uns oft selbst, weil wir die Arbeit, die wir uns vorgenommen haben, nicht zu Ende bringen“, so Lagarde. Ihre harsche Kritik zielt darauf ab, dass Europa bei der Umsetzung wichtiger Wirtschaftsreformen oft ins Stocken gerate.
Europas wirtschaftliche Malaise selbstverschuldet
Lagarde machte deutlich, dass die wirtschaftlichen Probleme Europas, von den hohen Energiepreisen bis zur schwachen Binnennachfrage, zu einem großen Teil hausgemacht seien. Sie forderte die EU-Staats- und Regierungschefs auf, den Binnenmarkt durch den Abbau von Handels- und Investitionshemmnissen weiter zu vertiefen. Europa drohe seine Stärken zu verspielen, wenn es nicht entschlossener und konsequenter handle, so die EZB-Präsidentin.
Lagarde sieht das politische Umfeld als zusätzlichen Impuls für eine Reform der EU. Insbesondere die Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten könnte einen Wendepunkt darstellen. Sie hoffe, dass diese die Trägheit und den „Bürokratieaufbau“ in Europa umkehren würde.
Bürokratieabbau als Lösung
Unter den EU-Entscheidungsträgern wächst der Konsens, dass die wirtschaftlichen Probleme Europas durch weniger Regulierung gelöst werden müssen. Der deutsche Vizekanzler Robert Habeck unterstützte diese Forderung und sagte, dass eine Rückkehr zu einer reformorientierten Politik notwendig sei. Es sei falsch darauf zu warten, dass die Geschehnisse vorbeigehen, nur um dann zur eigenen Faulheit zurückzukehren, betonte Habeck.
Trotz der breiten Unterstützung für Reformen betonte Lagarde, dass die Diskussion nicht zu einer allgemeinen Deregulierung führen dürfe. „Wir bewegen uns nicht auf eine Welt der allgemeinen Deregulierung zu, aber wir streben sicherlich eine deutliche Vereinfachung an“, sagte sie. Diese Unterscheidung sei wichtig, um nicht in die gleichen Fehler wie vor der Finanzkrise zu verfallen.
Verstärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch Finanzunion
Lagarde unterstrich auch die Bedeutung einer vertieften Kapitalmarktunion, die laut EU-Kommission zusätzliche private Investitionen in Höhe von 470 Milliarden Euro pro Jahr generieren könnte. Diese Investitionen könnten dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken und die Risikoscheu der europäischen Bürger zu überwinden.
„Es liegt nicht in der DNA, Misserfolge zu akzeptieren, wie in den USA“, sagte Lagarde mit Blick auf die instinktive Risikoscheu der Europäer. Sie sei jedoch zuversichtlich, dass sich diese Einstellung ändern lasse und dass Europa diesen Wandel beschleunigen müsse, um seine wirtschaftlichen Probleme langfristig zu lösen.