Freibrief: Journalismus heute – Mehr Meinung als Information

Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen kam es in der Berichterstattung zu teils fragwürdigen Äußerungen einiger Medienvertreter. In seinem Kommentar für FREILICH analysiert der Kommunikationsexperte Heimo Lepuschitz die Veränderungen im Journalismus und fordert eine Rückkehr zur objektiven Berichterstattung.

Heimo Lepuschitz
Kommentar von
3.9.2024
/
4 Minuten Lesezeit
Freibrief: Journalismus heute – Mehr Meinung als Information
© IMAGO / Fotostand

Lieber Journalismus!

Jahrzehntelang haben Sie den Kampf für Bürgerrechte, für Freiheit, für die Kontrolle der Mächtigen begleitet, oft getragen. Ihre Vertreter waren angesehene Bürger unserer Gesellschaft, Menschen, die man achtete und die man als Gradmesser der Integrität ansah. Wurde ein Kind Redakteur, die Eltern waren stolz, man war gesellschaftlich geschätzt, mit gesichertem ökonomischem Aufstieg.

Und dann kam die 68er-Bewegung, der gewollte Marsch durch die Institutionen und wie die linken Kohorten durch die Institutionen marschiert sind. Ein Erfolgsfeldzug der linken Meinungshegemonie, die immer verfestigter und totalitärer den Diskurs einschränkt und immer neue rote Linien des Sagbaren zieht, um vor Jahren völlig normale Mittepositionen als rechtsextrem zu framen und damit außer Diskussion zu stellen. Ehemals mediale bürgerliche Bastionen sind heute eine verengte Blase, ideologisch geschlossener als ein SPÖ-Parteitag. Gut, das war jetzt vielleicht nicht das allerberste Beispiel, aber neben Politikern ist auch kaum eine Berufsgruppe so eitel, selbstverliebt und unfähig zur Selbstkritik, gleichzeitig jedoch im persönlichen Umgang so süßelnd falsch, hinterrücks ausrichtend.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk: Eine Schlangengrube

Wer mehrfach, wie der Autor dieser Zeilen, als Regierungspartei das unwürdige Gezerre vor Personalbesetzungen im zwangsgebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk erlebt hat, der hat ein Problem, die gebotene Achtung vor den handelnden, oft sehr prominenten, Personen aufrecht zu erhalten. Unzählige Anrufe, in freiheitlichen Oppositionszeiten aufrechter Widerstandskämpfer gegen Rechts, selten für einen Kandidaten, fast immer denunzierend vernadernd, um jemanden „Unpassenden“ zu verhindern. Eine charakterliche Schlangengrube, schlimmer als jede Partei.

Lieber Journalismus, ich schreibe Ihnen diese Zeilen auch unter dem Eindruck des Verhaltens Ihrer Vertreter nach den friedlichen und demokratischen Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen. Von Vergleichen mit dem 1. September 1939, dem Einmarsch von Nazideutschland in Polen, dem Holocaust, von ehemaligen grünen Wahlkampfleitern uneingeordnet als Experten, von Kommentaren, dass man jetzt als Homosexueller nur mehr mit Angst auf die Straße gehen könne, dass nur mehr die Drei-Prozent-Partei der Grünen die Mitte repräsentiere, die höchsten Wahlbeteiligungen in den beiden Bundesländern „ein schlimmer Tag für die Demokratie“ seien, hin zu trotzig kleinkindhaften Interviews mit Vertretern der AfD. Was ist los mit Ihren Journalisten? Ein Beruf, nur mehr als Sammelbecken für Linke ist, denen die Politik wirtschaftlich zu unsicher und zu anstrengend ist. Die zu feige sind, sich dem Volk direkt zu stellen und lieber ihre politische Mission hinter dem Schreibtisch verrichten.

Die Notwendigkeit eines ehrlichen Journalismus

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe kein Problem mit politisch einordenbarem Journalismus. Ein Magazin wie FREILICH ist rechts positioniert, ein Falter links. Das aber offen und ehrlich. Muss man nicht mögen, ist aber berechenbar, einordenbar mit offenem Visier. Auch oft gerade fast savonarolisch kritisch gegenüber den einem eher nahestehenden politischen Vertretern, weil man sich hinter dem Schreibtisch leichter tut, kompromisslos zu agieren, als in Regierungen ohne eigene absolute Mehrheit.

Als offiziell politisch neutrales Medium oder gar öffentlich-rechtlicher Sender ist das hingegen etwas völlig Anderes. Letztere sind gesetzlich zu Objektivität verpflichtet. Man wird aus allen Haushalten zwangsfinanziert, muss nicht um die wirtschaftliche Gunst der eigenen Klientel wettbewerben. Und trotzdem erhält das immer stärker schwindende Publikum oft ein Nachrichtenmenu vorgesetzt, das der „Aktuellen Kamera“ der DDR nachempfunden scheint. Eine Parallelrealität, gerade in den Bereichen Zuwanderung, Sozialismus, Bildung und Wirtschaft könnten die Kommentare der Nachrichtenverleser oft auch unter großem Applaus auf einem Parteitag von Rot oder Grün gehalten werden.

Wer beispielsweise die Berichterstattung über das angebliche Potsdamer Rechtsextrementreffen und die dort als „Wannseekonferenz Neu“ geplante Deportation von Millionen deutschen Staatsbürgern verfolgt hat und die mittlerweile gerichtlich bestätigte völlig unterschiedliche Wahrheit damit vergleicht, sucht vergeblich zerknirschte Richtigstellungen eigenrecherchefreier Nachschreiber, sondern die Lügen werden konsequent weitererzählt. Skrupellos, menschenvernichtend, ideologisiert. Wer soll solchen Aktivisten im Journalismustarnmantel denn noch glauben? Von der unerbittlichen medialen Ungeimpften- und Kritikerjagd in der unsäglichen Coronazeit ganz zu schweigen. Oder die Diskussion über FPÖ-Chef Kickl, der laut Massenmedien unverantwortlicherweise die Todesstrafe ins Spiel gebracht habe (FREILICH berichtete).

Kickl hat zwar in einem Interview nur auf die Frage eines Reporters geantwortet, ganz klar die Todesstrafe abgelehnt und deutlich formuliert, dass diese auch keine demokratische Mehrheit habe, er auch gegen die Einführung politisch agieren würde, aber das kümmerte den aufrechten Haltungsjournalismus mit Auftrag nicht. Es ist schließlich Wahlkampf und es gilt, Kickl als Bundeskanzler mit allen Mitteln zu verhindern. Immerhin hat die FPÖ angekündigt, die millionenfach fließenden Medienförderungen zu überprüfen, die ORF-Haushaltsabgabe abzuschaffen und damit marktwirtschaftliche Kriterien in der Branche zu stärken. Euer Geld für Ihre Haltung, das spielt es bei einem freiheitlichen Kanzler wohl nicht mehr.

Der wahre Kern des unabhängigen Journalismus

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Jeder freiheitlich Denkende muss unabhängigen Journalismus unterstützen. Eine Demokratie braucht kritische Medien, braucht Meinungspluralismus. Eine unabhängige Kontrolle der Mächtigen ist ein Fundamentstein unserer Gesellschaft. Aber wahrer unabhängiger Journalismus ist unabhängig von immer neu zu genehmigenden staatlichen Förderungen, unabhängig von staatlichen und staatsnahen Inseraten, finanziert sich selbst, weil das Produkt den Kunden passt, nicht den Mächtigen.

Abschließend, lieber Journalismus, verzeihen Sie mir meinen Todesgesang. Aber die Medien wandeln sich und Sie haben Ihr Alleinstellungsmerkmal verloren, klammern sich aber weiter an vergangenen Realitäten fest. Sie werden überflüssig, wenn Ihre Vertreter mir die Welt so erklären, wie sie diese gerne hätten. Dafür brauche ich Sie nicht, Meinung habe ich im Überfluss kostenlos auf Social-Media-Plattformen. Bereiten Sie Informationen auf, machen Sie sich unverzichtbar als Wissensvermittler, nicht Meinungsverbreiter. Fordern Sie nicht nur von der Gesellschaft Diversität, leben Sie Meinungspluralismus auch in den Redaktionen. Fördern Sie den Diskurs, versuchen Sie nicht, ihn abzudrehen. Werden Sie wieder wertvoll, für Müll zahlt niemand. Bleiben Sie uns in einer Renaissance der Qualität und Vielfalt erhalten, die Demokratie und ich würden Sie vermissen.

Ihr Heimo Lepuschitz

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Heimo Lepuschitz

Heimo Lepuschitz

Heimo Lepuschitz ist politischer Kommunikationsspezialist und war Medienkoordinator der letzten ÖVP-FPÖ-Regierung. Er ist auf Strategieberatung, Public Affairs und Krisenkommunikation spezialisiert.

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