Gesundheitssystem vor dem Kollaps? Lange Schlangen vor Arztpraxen für einen Termin

Die medizinische Versorgung in Deutschland gerät zunehmend unter Druck: Patienten müssen immer länger auf Facharzttermine warten, überlastete Ärzte und Fachärztemangel verschärfen die Situation.

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Gesundheitssystem vor dem Kollaps? Lange Schlangen vor Arztpraxen für einen Termin

Lange Wartezeiten auf einen Facharzttermin werden in Deutschland immer mehr zum Normalfall.

© IMAGO / Funke Foto Services

Für viele Patienten in Deutschland wird es immer schwieriger, einen Termin beim Facharzt zu bekommen. Anfang November erlebte ein MDR-Team vor einer Arztpraxis in Erfurt eine Szene, die das Problem verdeutlicht: Mehr als 100 zum Teil ältere Menschen warteten seit den frühen Morgenstunden auf einen Termin für eine Magen- oder Darmspiegelung. Eine Frau in der Schlange erklärte, sie habe bereits im September angerufen, um eine Magenspiegelung zu vereinbaren, und man habe ihr gesagt, sie solle sich am 6. November anstellen, um einen Termin für das nächste Quartal zu bekommen. „Was will man da machen?“, sagte sie resigniert.

Großer Andrang bei der Terminvergabe

Die behandelnde Internistin der Praxis erklärte gegenüber dem MDR, dass sie aus organisatorischen Gründen Termine gebündelt an einem Tag vergebe, um der Nachfrage gerecht zu werden: „Dadurch, dass wir die Termine kurzfristig vergeben müssen und nicht zu langfristig, weil es keine Patientenbindung sonst gibt, ist es einfach so ein hoher Andrang, wo wir das leider auf einen Tag bündeln müssen“. Die Ursachen für die langen Wartezeiten sind nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung je nach Fachrichtung und Praxis unterschiedlich. Der Fachärztemangel sowie der steigende Behandlungsbedarf älterer Patienten verschärfen die Situation zunehmend.

Lange Wartezeiten werden zur Regel

Bereits im Mai 2024 gab es Berichte, dass Patienten neun Monate auf einen Termin beim Hautarzt warten mussten – eine Wartezeit, die heute für viele Patienten zur Normalität geworden ist. Besonders überlastet sind Fachärzte für Innere Medizin in Bereichen wie Kardiologie, Gastroenterologie und Pneumologie, wobei die Wartezeiten je nach Wohnort und Praxisgröße variieren. Ein Lungenfacharzt beschreibt seinen täglichen Kampf gegen die Kapazitätsgrenzen: „Wir arbeiten täglich schon mehr als zwölf Stunden. Auch ein Terminkalender ist endlich. Da muss man also irgendwann auch sagen: Mehr können wir jetzt nicht.“

Gesundheitssystem überlastet

Der Lungenfacharzt stellte die gesetzliche Bedarfsplanung in Frage, die vorgibt, wie viele Ärzte in einer Region tätig sein sollen. Trotz steigender Ärztedichte in Deutschland und regionaler Überversorgung in einigen Fachgebieten bestehe das Problem fort. Seit 1990 hat sich die Arztdichte in Deutschland fast verdoppelt, gleichzeitig wächst und altert die Bevölkerung. Manche sehen aber auch die Patienten in der Pflicht, die zum Teil den falschen Facharzt aufsuchen und so zusätzliche Termine blockieren. Hinzu komme, dass immer mehr Ärzte wegen der Arbeitsbelastung in Teilzeit arbeiten wollen.

Pflege am Rande des Kollapses

Bereits im Januar 2024 berichtete der Bundesverband Verrechnungsstellen Gesundheit (BVVG), dass die ambulante Versorgung in Teilen Deutschlands vor dem Zusammenbruch steht. Auch die Lieferengpässe bei Arzneimitteln haben dramatische Ausmaße angenommen. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) warnte, dass die Lieferengpässe in den Apotheken größer seien als offiziell gemeldet. Während das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Lieferengpässe bei rund 500 Medikamenten meldete, behauptete der Apothekerverband Nordrhein, dass „in Wirklichkeit einige Tausend Medikamente nicht zu bekommen sind.“

Die Pflegekrise spitzt sich zu

Besonders alarmierend ist der Pflegenotstand, der viele Menschen im Alter vor finanzielle Herausforderungen stellt. Die Bild-Zeitung bezeichnet die Pflegekosten als „Kostenbombe“. Schon heute geraten Pflegebedürftige durch hohe Pflegekosten oft in finanzielle Not. Experten drängen seit langem auf rechtzeitige Vorsorge, um Altersarmut zu vermeiden, während der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) warnt, dass bis Dezember 2023 rund 800 Insolvenzen und Schließungen in der Altenpflege verzeichnet wurden. Wenn die Altenpflege für die nächsten Jahrzehnte erhalten bleiben soll, muss die Politik aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen, betonte der AGVP-Präsident Thomas Greiner.

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