Grüne zu Chemnitz: „Bundesregierung würde in Springerstiefeln marschieren“
Der grüne Politiker David Ellensohn stellt sich vor, dass die gegenwärtige österreichische Bundesregierung Vorfälle wie in Chemnitz hingenommen hätte, wären diese in Österreich passiert. Wörtlich sieht er die „halbe Bundesregierung in Springerstiefeln“ marschieren.
Wien/Chemnitz. Die Geschehnisse der vergangenen Tage in Chemnitz sorgen im gesamten deutschsprachigen Raum für Diskussionsstoff. Der Kandidat für den zukünftigen Vorsitz der Wiener Grünen, David Ellensohn, nutzte deshalb auf Twitter die Gelegenheit für Gedankenspiele. Dabei schoss er äußerst scharf gegen die türkis-blaue Bundesregierung.
Proteste in Chemnitz nach tödlichem Messerangriff
Zur Erinnerung: Nach der tödlichen Messerattacke zweier mutmaßlicher Tatverdächtiger mit Migrationshintergrund auf einen 35-jährigen Deutschen in Chemnitz, gingen dort an aufeinanderfolgenden Tagen tausende Menschen auf die Straße. Weil es dabei offenbar auch zu Ausschreitungen kam, ist die gesamte deutsche Öffentlichkeit über den vermeintlichen ‚rechten Mob‘ in Aufruhr. Auch der deutsche Regierungssprecher verdammte eine kolportierte „Selbstjustiz“.
Unterdessen verdichten sich jedoch Hinweise, wonach die kolportierten massenhaften Ausschreitungen in Chemnitz dramatischer geschildert wurden, als sie stattfanden. Erst am Mittwoch gab der Chefredakteur einer Chemnitzer Lokalzeitung an, dass „keine Hetzjagd im wörtlichen Sinne auf Migranten“ stattgefunden habe – Die Tagesstimme berichtete.
Ellensohn: „Halbe Bundesregierung in Springerstiefeln“
In seinem Tweet überlegte Ellensohn dennoch allfällige heimische Regierungsreaktionen, wenn die Chemnitzer Vorfälle in Österreich stattgefunden hätten. Dabei ist der Fraktionschef der Grünen im Wiener Rathaus offenbar überzeugt, dass diese weitestgehend untätig geblieben wäre. Während er den Freiheitlichen unterstellte, in diesem Fall „Seite an Seite in Springerstiefeln mit den Nazis“ mitzumarschieren, unterhalte die Volkspartei eine „Koalition mit Rechtsextremen“.
#chemnitz in Österreich
Was wäre anders?
Die halbe Bundesregierung marschiert Seite an Seite in Springerstiefeln mit den Nazis.
Hören wir bitte auf Hr. Kurz in die Pflicht zu nehmen.
Das wird sich erst ändern, wenn die ÖVP für die Koalition mit Rechtsextremen abgestraft wird.— David Ellensohn (@ellensohndavid) 29. August 2018
Twitter: User kritisieren Ellensohn-Aussagen
In den Kommentaren unter dem Tweet sorgte der Ausritt Ellensohn für teils erhebliche Kritik. Gleich mehrere Nutzer vertraten den Standpunkt, dass das grüne Urgestein sich und seiner Partei mit derartigen Äußerung keinen Gefallen bereite:
Wiederum nur gegen politische Mitbewerber auszuteilen ist kein Programm Herr Grün! Und nur die eigene Meinung als richtig anzusehen auch nicht! Erst wenn Ihr Euch den aktuellen Problemen stellt und ENDLICH von dieser Erziehungsmasche runterkommt werdet Ihr wieder Erfolg haben!
— Michael Gehrer (@michaelgehrer) 30. August 2018
Das ist zirka das Dümmste das man vonsich geben kann. Einen (Doppel-) Mord parteipolitisch zu instrumentalisieren, das kann nur einem verblendeten, politisch verzweifelten, weil chancenlos, einfallen. Gut dass Sie das so machen, Grüne müssen eh komplett weg.
— Gery Hofer (@hoferger) 30. August 2018
Standard-Journalist empörte sich
Als Auslöser der Ellensohn-Äußerungen dürften dabei auch die Social-Media Aktivitäten von FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache Pate gestanden haben. Dieser teilte dort nämlich einen Artikel des oberösterreichischen Wochenblick. Dabei handelt es sich um ein Meinungsstück des dortigen Chefredakteurs Christian Seibert. Dieser ist der Ansicht ist, schockierend an Chemnitz sei das vorausgehende „Blutbad“, nicht jedoch die Proteste.
Diesen Umstand kritisierte vor dem Grünen-Politiker bereits Fabian Schmid vom linksliberalen Blatt Der Standard. Auch dieser warf dem stellvertretenden Regierungschef eine Sympathie mit „diesem rechtsextremen Dreck“ vor:
Der Vizekanzler über die laut Kanzler „neo-nazistischen Ausschreitungen in Chemnitz“. Und wenn Strache Kurz so reinfährt mit diesem rechtsextremen Dreck, und Kurz sich das bieten lässt, dann ist eh schon alles gesagt. pic.twitter.com/JA1TBvRs7E
— Fabian Schmid (@fabian_schmid) 29. August 2018