„In Berlin wird fast niemand abgeschoben“

Im Interview mit FREILICH spricht Jeannette Auricht (AfD) über ihren Erfolg bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und darüber, was in Berlin falsch läuft.

Stefan Juritz
Interview von
15.3.2023
/
5 Minuten Lesezeit
„In Berlin wird fast niemand abgeschoben“

Jeannette Auricht

© AfD Hauptstadtfraktion

FREILICH: Sie haben bei der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus erneut ein Direktmandat geholt. Was war das Erfolgsrezept?

Jeannette Auricht: Ich glaube, das Erfolgsrezept war, ganz nah am Bürger zu sein. Wir haben Straßenwahlkampf gemacht, sind wirklich von Haustür zu Haustür und haben die Leute kennengelernt. Das war Knochenarbeit, aber es ist notwendig, sich persönlich vorzustellen und zu zeigen, dass wir von der AfD ganz normale Bürger sind, die sich ebenfalls Sorgen machen und fragen, wie es mit unserem Land und unserer Stadt weitergeht. Ich glaube, das hat sich ausgezahlt.

Wie haben Sie allgemein den Wahlkampf erlebt? Wie waren die Reaktionen auf der Straße?

Wir haben sehr viele frustrierte, politikverdrossene Bürger getroffen, die oft gesagt haben: „Egal was man wählt, es ändert sich nichts“. Das merkte man auch an der Wahlbeteiligung: Bei mir im Wahlkreis waren es nur 43 Prozent. Das ist wirklich traurig. Aber es war auch eine Wechselstimmung zu spüren, dass die Leute Rot-Rot-Grün unbedingt weg haben wollten in Berlin. Das hat natürlich die CDU ungemein stark gemacht, denn viele Bürger sagten uns: „Ja, wir würden schon die AfD wählen, aber mit denen will keiner koalieren und wenn wir eine Veränderung haben wollen in Berlin, dann geht das kurzfristig nur mit der CDU.“

Insgesamt konnte die AfD zwar zulegen, aber ein zweistelliges Ergebnis wurde verfehlt. Überwiegt die Freude oder doch die Enttäuschung?

Wenn man ehrlich ist, haben wir uns schon ein zweistelliges Ergebnis erhofft. Klar sind wir froh, dass wir ein bisschen dazugewinnen und unsere Stammwähler halten konnten. Es hat sich herausgestellt, dass unsere Wähler keine Protestwähler, sondern Überzeugungswähler sind. Sie wählen uns, weil sie an uns glauben und unsere politischen Ansichten teilen. Aber natürlich haben wir uns ein bisschen mehr erhofft. Doch Zugewinn ist Zugewinn und die konservativen Kräfte sind immerhin stärker geworden.

Die beiden gewonnen Direktmandate der AfD liegen im Osten Berlins. Ist das ein Zufall oder gibt es Gründe dafür?

Ich glaube, das ist auch eine Mentalitätssache. Das sieht man auch an den Ost-Landesverbänden, wo die AfD wirklich sehr stark ist – eine Volkspartei mit hohen Prozentzahlen. Marzahn-Hellersdorf ist wirklich der „östlichste“ Bezirk Berlins und das merkt man. Hier sind die Wähler nicht so parteigebunden, die trauen sich, auch mal was anderes zu wählen. Nicht so wie im Westen, wo man praktisch aus Tradition seine alte CDU oder SPD wählt. Das gibt es im Osten nicht.

Früher war die Linke hier sehr stark, aber deren leere Versprechen fruchten bei den Wählern auch nicht mehr. Die Politik der Linken ist eben nicht sozial.

Anfang März gab es einen Informationsstand der AfD vor dem Paul-Gerhard-Stift in Wedding, wo 100 Bewohner eines Seniorenheims ausziehen müssen und stattdessen werden nun ukrainische Migranten einquartiert. Was läuft da falsch in Berlin?

Es ist die ganze Migrationspolitik, die in Berlin und in ganz Deutschland falsch läuft. Berlin ist da leider der Vorreiter. Linke, SPD und Grüne propagieren ständig, dass wir noch Platz haben in Berlin. Doch das ist einfach nicht wahr und diese Wahrheit muss man endlich einmal zur Kenntnis nehmen, auch wenn die linken Parteien sich dieser Tatsache verweigern. Man hat große Probleme, die vielen Menschen unterzubringen. Die größte Schweinerei ist wirklich zu sagen, wir schauen jetzt, wo sich damit noch das meiste Geld verdienen lässt. Das war ja auch bei dem Seniorenheim, wo man die alten Leute ausquartiert und Flüchtlinge einquartiert, weil es dem Träger mehr Geld bringt.

Überhaupt ist Berlin ist der zweitteuerste Wohnungsmarkt in Deutschland. Die Mieten steigen rasant. Was müsste die Regierung tun, um dem entgegenzusteuern?

Zuerst müsste die Regierung den Wohnungsbau vorantreiben. Die Bürokratisierung und die Auflagen müssen zurückgeschraubt werden, damit man auf dem Wohnungsmarkt wieder mehr Schwung bekommt. Und natürlich müsste man sagen: Diejenigen, die wirklich schutzbedürftig sind, die Kriegsflüchtlinge, die wollen wir unterbringen, aber all diejenigen, die keinen Aufenthaltsstatus haben, also eigentlich ausreisepflichtig sind, müssen endlich abgeschoben werden. Doch das macht die Regierung nicht. In Berlin wird fast niemand abgeschoben. Da weigert man sich strikt. Obwohl die CDU sich jetzt ein anderes Ziel gesetzt hat, aber da bin ich gespannt, wie das mit den Koalitionspartnern funktionieren soll.

Dann hat Berlin auch noch Landesaufnahmeprogramme für Afghanen, Syrer etc. und davon will man auch nicht abrücken. Es erschwert die ganze Situation natürlich zusätzlich, wenn man laufend neue Leute in die Stadt hereinholt.

Am 26. März soll über den Volksentscheid „Berlin klimaneutral 2030“ abgestimmt werden. Die AfD ist dagegen. Warum?

Unser Ansatz ist mehr sach- und vernunftorientiert und weniger ideologisch. Berlin klimaneutral in so kurzer Zeit ist einfach unmöglich. Wir sehen es in der aktuellen Energiepolitik, die von Rot-Rot-Grün oder auch auf Bundesebene betrieben wird und die die Energiepreise in die Höhe schnellen hat lassen. Dafür ist ja nicht nur der Ukrainekrieg oder gar Putin verantwortlich, was ja immer behauptet wird. Die Politik muss einfach sehen, dass sie eine Verantwortung für ihre Bürger hat und da muss die Ideologie irgendwann einer vernünftigen Sachpolitik weichen. Wir können nicht die ganze Wirtschaft an die Wand fahren und die Menschen mit Rechnungen, die sie nicht bezahlen können, alleine stehen lassen. Die Bürger dürfen nicht nur mit kleinen Almosen, wie beispielsweise Einmalzahlungen, abgespeist werden. Da muss sich an der Energie- und Europolitik auf europäischer Ebene etwas ändern. Wir haben nichts gegen Umwelt- und Naturschutz, aber diese ideologisch betriebene Klimapolitik ist falsch.

Es gibt immer stärkere Proteste von Klimaaktivisten. Erst kürzlich wurden sogar die ersten Haftstrafen gegen Aktivisten ausgesprochen. Wie sehen Sie diese Entwicklungen, muss hier der Staat mehr Härte zeigen?

Ich glaube, man müsste einfach einmal die bestehenden Gesetze anwenden. Ich meine, die gleiche Härte, die man bei den Coronaprotesten gesehen hat, die würde ich mir auch einmal hier wünschen, wenn der Straßenverkehr und teilweise auch schon Menschenleben gefährdet werden. Die Radikalisierung in diesen Gruppen wird immer stärker. Da sollte die Polizei genauer hinschauen, aber die dürfen teilweise gar nichts unternehmen, weil diese Gruppen von der Politik zum Teil gefördert werden. Das kann nicht sein. Es gibt Gesetze, an die wir uns zu halten haben und diese Straftaten darf man auch der „Letzten Generation“ nicht durchgehen lassen.

Man kann aber auch sagen: Die AfD wirkt. Wir hatten ja auf den Plakaten den Spruch „Klimakleber in den Knast“. Das hat sich jetzt vielleicht doch jemand zu Herzen genommen (lacht). Ich bin ja dafür, dass jeder seine Meinung sagen darf, das ist in einer Demokratie selbstverständlich, aber man muss mit seinem Protest auch im rechtlichen Rahmen bleiben und darf nicht sämtliche Gesetze ignorieren und sogar Menschenleben gefährden.

Zum Abschluss noch eine Frage: Was haben Sie sich in den kommenden dreieinhalb Jahren im Abgeordnetenhaus vorgenommen?

Natürlich wollen wir weiter die Regierung vor uns hertreiben und kritisieren. Ich will weiter Sozialpolitik machen, damit die Menschen hier in Berlin wieder eine Perspektive bekommen. Es braucht dringend bessere Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen, die die Konjunktur ankurbeln. Gerade bei mir im Wahlkreis kann man wirklich sehen, dass viele kleine Kieze verkommen, Läden schließen, die Leute arbeitslos werden. Das muss sich unbedingt wieder ändern. Ein weiteres großes Problem ist speziell die Jugendarbeitslosigkeit: Da muss die Politik endlich handeln und wir werden dazu entsprechende Konzepte einbringen.

Frau Auricht, vielen Dank für das Gespräch!


Zur Person:

Jeannette Auricht, geboren 1970 in Berlin, ist kaufmännische Angestellte und seit 2014 Mitglied der AfD. Von 2015 bis 2021 war sie Vorsitzende des AfD-Kreisverbandes Marzahn-Hellersdorf. Seit 2016 ist die Sozialexpertin Mitglied im AfD-Landesvorstand.

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