Julian Reichelt vs. Björn Höcke: Der unablässige Sirenengesang der Liberalkonservativen
Der ehemalige Bild-Chefredakteur Julian Reichelt hat der AfD den Rauswurf von Höcke nahegelegt. Die AfD sollte sich aber nicht vom „Sirenengesang“ solcher Stimmen in die falsche Richtung leiten lassen, warnt Reimond Hoffmann in seinem Kommentar für FREILICH.
Der „Sirenengesang der Liberalkonservativen“ ist verführerisch – doch die AfD darf sich davon nicht einlullen lassen. Es ist die Stimme von Menschen wie Julian Reichelt, die der AfD suggerieren, sie solle sich in eine liberalkonservative Richtung bewegen, um endlich „mit der CDU was zu verändern“, um „endlich anschlussfähig“ zu werden. Rezepte, die einfach klingen, aber für die Partei AfD ungesund sind wie ein mittelalterlicher Aderlass: Höcke raus, dann regiert ihr – dann kommt die Bundes-CDU auf euch zu. Doch dieser Weg führt in die Irre. Die AfD muss fest auf ihrem Kurs bleiben, denn die Geschichte zeigt: Alle liberalkonservativen Projekte seit 1945 sind gescheitert.
Der Sirenengesang der Liberalkonservativen geht immer einher mit Empörung, die wir von der deutschen Linken kennen und die sich in der Bundesrepublik durch das gesamte Spektrum zieht: „Das geht aber jetzt gar nicht.“
Julian Reichelts vermeintliche Lösung
Im Jahr 2014 waren es Bernd Lucke und seine Getreuen, die beim Thema „Asyl“, gesagt haben, „Das geht aber jetzt gar nicht.“ Björn Höcke und der rechte Flügel der Partei haben nicht nur bewiesen, dass es geht, sondern dass eine rechte Partei mit dem Thema Asyl nur prosperieren und gewinnen kann. Später ging Frauke Petry. Ihr „Das geht aber jetzt gar nicht.“ war, dass Alexander Gauland, Björn Höcke und der rechte Flügel ein positives Deutschlandbild ohne die Schuldkultspirale wollten. Ähnlich ging es dem Feindzeugen Meuthen, der den Verfassungsschutz ernst nehmen wollte, der nichts anderes als politisches Instrument der Parteien ist. Auch hier zeigt sich: Der Verfassungsschutz ist inzwischen ein stumpfes Instrument der Parteien. Und jetzt kommt Julian Reichelt. Er weiß es besser. Schon wieder.
Es ist wie der Witz von der amerikanischen Flotte; es geht eine Durchsage per Funk raus: „Sie befinden sich auf Kollisionskurs mit uns. Bitte weichen Sie aus!“ Die Antwort kommt mit Selbstbewusstsein: „Wir sind die amerikanische Kriegsmarine mit einem Flugzeugträger und Atom-U-Booten. Weichen Sie uns aus.“ Die Antwort darauf folgerte: „Hallo, amerikanische Kriegsmarine mit einem Flugzeugträger und Atom-U-Booten. Wir sind ein Leuchtturm.“
Die Flexibilität der CDU: Stärke, die zur Schwäche wurde
Die Flotte, so mächtig sie auch sein mag, muss sich dem Leuchtturm anpassen. In dieser Metapher muss die AfD der Leuchtturm sein – unbeweglich, fest in ihren Prinzipien verankert. Sie darf sich nicht den Winden des Zeitgeists beugen, nur um kurzfristige Vorteile zu erlangen. Es ist die CDU, die sich über die Jahrzehnte immer wieder verbogen hat – von der tiefkonservativen Politik eines Franz Josef Strauß hin zu einer Angela Merkel, die als tief links zu bezeichnen war.
Der Versuch, sich als „liberalkonservative“ Alternative zu präsentieren, ist ein Trugschluss, der die Substanz und den Kern der AfD verwässern würde. Es ist der Versuch, die CDU in ihrem Stadion bei einem Spiel nach ihren Regeln zu schlagen. Es ist unmöglich.
Es ist kein Zufall, dass sich die CDU über Jahrzehnte immer weiter anpasste und sich den gesellschaftlichen Entwicklungen unterwarf. Diese Flexibilität, die ehemalige Stärke der Partei, hat sie letztlich auch geschwächt. Es gibt heute kaum noch einen Unterschied zwischen CDU und SPD – sie sind austauschbar geworden. Der liberalkonservative Weg für die AfD führt in ihre eigene Bedeutungslosigkeit, denn die CDU kann Beliebigkeit besser. Denn die Kraft der AfD liegt nicht darin, sich den bestehenden politischen Strukturen anzupassen, sondern darin, diese herauszufordern.
Die Unverwechselbarkeit der AfD als politischer Leuchtturm
Nicht die AfD muss sich verändern – es ist die CDU, die sich in den letzten Jahrzehnten so weit von prodeutschen Grundsätzen entfernt hat, dass sie nun auf die AfD reagieren muss. Die AfD muss diesen Kurs mit Höcke beibehalten und sich nicht vom Sirenengesang einer „moderaten“ Linie ablenken lassen. Sie ist der Leuchtturm, an dem sich andere orientieren müssen, nicht umgekehrt.
Denn am Ende gilt: Wer sich bewegt, verliert seine Position. Wer fest steht, kann Orientierung geben. In dieser Rolle darf sich die AfD nicht auseinanderdividieren lassen – weder von Reichelt noch von anderen, die den liberalkonservativen Weg beschreiten wollen.
Julian Reichelts Medienarbeit ist zweifellos oft beeindruckend, teilweise sogar genial. Er versteht es, brisante Themen in den öffentlichen Diskurs zu bringen, kontroverse Debatten anzustoßen und seine mediale Präsenz wirkungsvoll zu nutzen. Doch so scharfsinnig seine Analysen in vielen Bereichen auch sein mögen, seine politischen Schlüsse bleiben letztlich die eines Mannes, der immer noch im Geist des „Refugees Welcome-Reichelt“ von 2015 gefangen ist.
Man darf ihn nicht ernst nehmen.