Kein schneller Rückzug: Kern will Spitzenkandidat für EU-Wahl werden
Nachdem sich am Nachmittag die Gerüchte über eine schnelle Ablöse von SPÖ-Parteichef Christian Kern überschlugen, kommt nun doch alles anders.
Wien. Mehrere Medien schrieben unter Berufung auf SPÖ-Kreise, dass der ehemalige Bundeskanzler und nunmehrige Oppositionsführer seinen Landesparteichef am Dienstagabend seinen Rücktritt verkünden möchte. Auch Die Tagesstimme berichtete am Nachmittag über entsprechende Pläne. Kern wartete stattdessen mit einer handfesten Überraschung auf.
Kern plant Spitzenkandidatur bei EU-Wahl
Zwar will der seit 2016 als sozialdemokratischer Bundesparteiobmann agierende Kern sich tatsächlich mittelfristig aus dieser Rolle verabschieden. Allerdings nicht, wie zeitweise gemunkelt wurde, um eine Stelle in der Wirtschaft einzunehmen. Auch die Politik will er, anders als vermutet, nicht hinter sich lassen. Er plant stattdessen mit einer Spitzenkandidatur für die Europawahl 2019.
Spätestens dann möchte er den Parteivorsitz auch tatsächlich abgeben. Angesichts dieser Ankündigung bleibt es auch unklar, ob Kern der am kürzesten oder zweitkürzesten amtierende SPÖ-Chef sein wird. Den bisherigen Minusrekord hält Viktor Klima (1997-2000) mit 3 Jahren und 7 Tagen. Tritt Kern tatsächlich erst im Anschluss an den Urnengang am 26. Mai zurück, überträfe er diese Marke um zwei Tage.
Parteitag verschoben – Diskussion um Nachfolge
Gleichzeitig stiftete der verzögerte Rückzug weitere Verwirrung bezüglich eines avisierten Reformparteitages am 6. Oktober in Wels. Bis zur dienstäglichen Ankündigung waren Parteifreunde und Öffentlichkeit von einer erneuten Kandidatur Kerns für den Vorsitz ausgegangen. Da dieser noch im Laufe dieses Jahres stattfinden muss, war eine Verschiebung der Nachfolgefrage bis nach der Europawahl im Mai allerdings keine Option.
Nachdem Kern ORF.at zufolge deshalb eine Kandidatur im Oktober weiterhin anstrebte, sickerte am späten Abend eine erneute Planänderung durch. Offenbar soll der geplante Parteitag nun einstweilig entfallen, die Nachfolge soll nun doch noch heuer geklärt werden. Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Ablöse hat die Kür des neuen Parteichefs allerdings keine Auswirkungen.
Erstmals Frau an SPÖ-Spitze?
Den ersten Reaktionen potentieller Kandidaten zu urteilen, möchte offenbar niemand so recht die schwierigen Fußstapfen füllen. Diversen hoch gehandelten Personen wie der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures, dem designierte Niessl-Nachfolger als Landeshauptmann in Burgenland, Hans-Peter Doskozil, und dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser werden nämlich keine besonderen Ambitionen auf den Chefsessel nachgesagt.
Unter den häufig genannten Namen befindet sich weiters auch ex-Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner als eine Favoritin des linken Parteiflügels. Experten geben dieser aufgrund mangelnder Hausmacht allerdings nur eine geringe Chance. Einen Vorzug brächte sie allerdings mit: Dass erstmals in der Zweite Republik eine Frau den Parteivorsitz übernehmen könnte, sieht Kern nämlich als „plausibel und notwendig“.