Nach Corona-Kritik: Grünen-Mitglieder fordern Palmer-Ausschluss

Der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer muss sich einmal mehr mit parteiinternem Gegenwind herumschlagen. Grund dafür sind seine Äußerungen zur Bewältigung der Coronakrise. 
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Nach Corona-Kritik: Grünen-Mitglieder fordern Palmer-Ausschluss

Bild (Palmer 2019): Reinhard Kraasch via Wikimedia Commons [CC BY-SA 4.0] (Bild zugeschnitten)

Der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer muss sich einmal mehr mit parteiinternem Gegenwind herumschlagen. Grund dafür sind seine Äußerungen zur Bewältigung der Coronakrise. 

Tübingen/Berlin. – Der als Querdenker innerhalb seiner Partei bekannte Palmer bezog sich in seiner Kritik auf die Altersverteilung bei den Corona-Toten. Dazu meinte er: „Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären.“ Für einige Mitglieder seiner Partei ist dies offenbar „parteischädigendes Verhalten“, wie die Welt berichtet.

Offener Brief: Palmer als „politischer Geisterfahrer“

Vor dem Hintergrund dieser Aussagen existiert nun nämlich ein offener Brief, der sich an den baden-württembergischen Landesvorstand sowie den Tübinger Kreisvorstand richtet. Palmers Worte würden zeigen, dass die Grünen „längst nicht mehr seine politische Heimat“ seien, heißt es darin. Die Vorstände als zuständige Gremien müssten alle Möglichkeiten ausschöpfen, „um diesen politischen Geisterfahrer alsbald aufzuhalten“. Seine Ansichten würden weiters dem Sozialdarwinismus das Wort reden.

Immer wieder falle Palmer, so das Schreiben, mit „teils menschenverachtenden“ Wortmeldungen auf. Dies gelte auch für seine „wiederholten Eskapaden in den Themen Migration und Integration“. Er verharmlose dort Rassismus, spalte die Gesellschaft, vereinfache gesellschaftliche Probleme und betreibe „Propaganda gegen Schwächere“. Insgesamt sei Palmer „unbelehrbar“, er genieße offenbar den „Medienrummel“, so der Vorwurf.

Habeck sauer – Palmer fühlt sich missverstanden

Wie sich die parteiinterne Stimmung noch am Sonntag entwickelte, dürfte es sich beim verstärkt von Berliner Parteimitgliedern unterzeichneten Papier aber nicht bloß um eine übliche Keppelei innerhalb politischer Gruppen handeln. Denn dem Münchener Merkur zufolge soll die Parteispitze tatsächlich einen Parteiaussschluss in Betracht ziehen. In der Sendung Anne Will betonte Co-Parteichef Robert Habeck: „Nachdem er heute nachgelegt hat, muss ich sagen, dass meine Geduld wirklich erschöpft ist.“

Palmer selbst hatte sich zuvor bereits entschuldigt, falls er Menschen mit seinen Worten verletzt habe. Man stelle ihn falsch dar, seine Aussagen hätten vor allem die Sorge um armutsbedrohte Kinder in Entwicklungsländern ausgedroht. Deren Leben sei aufgrund der wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns nun in Gefahr. Er sehe seine Ansichten in „voller Übereinstimmung“ mit grünen Werten. Aber die Beendigung von Diskussionen durch Parteiausschlüsse widerspreche „dem Geist und der Satzung [der] Partei“.

Grüne Dauerfehde: Immer Ärger mit Boris

Boris Palmer fiel schon in den Vergangenheit mit verschiedenen Aussagen auf und eckte in der Folge bei seinen Parteifreunden regelmäßig an. Umgekehrt gilt er dadurch als einer der wenigen Vertreter seiner Partei, die im konservativen und patriotischen Lager auf einige Zustimmung treffen. So äußerte er einst seine Zweifel an der Sinnhaftigkeit des UN-Migrationspaktes oder forderte ein Kopftuch-Verbot. Zuletzt verurteilte er linksextreme Angriffe auf Studentenverbindungen.

Als er im Vorjahr dann auch noch eine Werbekampagne der Deutschen Bahn für ihren hohen Migrantenanteil kritisierte, war endgültig Feuer am Dach. Tagelang sah sich der seit 2007 im Tübinger Bürgermeisteramt befindliche Palmer im medialen und politischen Kreuzfeuer. Auch damals forderten einige Parteigenossen, nicht zuletzt Claudia Roth, seinen Ausschluss. Auch damals waren Berliner Grüne an der vordersten Front dieser Forderung – Die Tagesstimme berichtete.

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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