Nach dem Sturz Assads: Forderungen nach Stopp der Asylverfahren für Syrer werden lauter

Politiker und Migrationsrechtler fordern eine sofortige Aussetzung der Asylverfahren für Syrer, bis die Lage in ihrem Heimatland geklärt ist. Das BAMF hat nun reagiert.

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Nach dem Sturz Assads: Forderungen nach Stopp der Asylverfahren für Syrer werden lauter

Tausende Syrer haben in Deutschland den Sturz von Präsident Baschar al-Assad gefeiert. (Symbolbild)

© IMAGO / Funke Foto Services

Berlin. – Der Sturz von Baschar al-Assad in Syrien hat weltweit Reaktionen ausgelöst – auch in Deutschland. Migrationsrechtler und Politiker verschiedener Parteien fordern nun, laufende Asylverfahren von Syrern auszusetzen und zu prüfen, ob eine Rückkehr in die Heimat möglich ist. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte den Sturz Assads als „gute Nachricht“, da der Präsident „sein eigenes Volk auf brutale Weise unterdrückt“ habe. Gleichzeitig betonte Scholz, dass es nun darauf ankomme, in Syrien „schnell Recht und Ordnung“ wiederherzustellen. Dies müsse nicht nur für Deutschland, sondern auch für die internationale Gemeinschaft ein vorrangiges Ziel sein.

BAMF soll Asylverfahren aussetzen

Die Unionsfraktion im Bundestag sieht im Sturz Assads eine Chance für die Rückkehr der Syrer in ihre Heimat. Johann Wadephul (CDU), stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, fordert, dass Deutschland gemeinsam mit der Türkei die zukünftige Entwicklung Syriens mitgestalten solle. „Die Türkei spielt eine Schlüsselrolle in der Region“, sagte Wadephul und kritisierte die Bundesregierung, die es versäumt habe, einen strategischen Dialog mit der Türkei zu führen. Wenn es in Syrien zu einer nachhaltigen Aussöhnung komme, könne dies auch zur Rückkehr von Syrern führen, die vor der Assad-Regierung geflohen seien.

Der Migrationsrechtsexperte Daniel Thym fordert als Konsequenz aus dem Sturz Assads, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) alle laufenden Asylverfahren von Syrern aussetzt. Die Lage in Syrien sei zu unklar, um jetzt Schutz zu gewähren, so Thym. Stattdessen solle sich das BAMF auf andere Asylverfahren konzentrieren. Es sei wichtig, diese Entscheidung klar und öffentlich zu kommunizieren, um ein unmissverständliches Signal zu setzen.

Syrien als geopolitische Herausforderung

Der Sturz Assads wird von verschiedenen politischen Akteuren unterschiedlich bewertet. Die CDU/CSU sieht in der Verschiebung der Machtverhältnisse in Syrien eine Schwächung Russlands und des Iran. „Die unglaubliche Geschwindigkeit, mit der die Regime-Gegner das Land militärisch eingenommen haben, muss uns zu denken geben“, so Wadephul. Gleichzeitig betonte er, dass auch die andere Seite – wie die islamistische Miliz Hajat Tahrir al-Sham – Anlass zur Sorge gebe, da die Zukunft des Landes weiterhin unklar sei.

Der AfD-Außenpolitiker Stefan Keuter warnt vor einer weiteren Destabilisierung der Region und fordert die Bundesregierung zu einer verantwortungsvollen Politik auf. Man müsse „mit jedem Machthaber“ sprechen, „auch mit den neuen Machthabern in Syrien“, kritisierte Keuter die deutsche Haltung gegenüber der bisherigen Assad-Regierung und warnt davor, dass der Sturz Assads eine neue Migrationswelle auslösen könnte.

Forderung nach einem Aufnahmestopp

Scharf äußerte sich auch die CSU. Andrea Lindholz fordert einen Aufnahmestopp für syrische Asylbewerber. „Deutschland kann keine weiteren syrischen Flüchtlinge aufnehmen“, so Lindholz, da das Land seine humanitären Verpflichtungen in den vergangenen Jahren bereits übererfüllt habe. Sie forderte Bundeskanzler Scholz auf, dies auch international deutlich zu machen. Sollte es zu einer Befriedung in Syrien kommen, entfalle für viele Syrer der Grund für ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland.

Die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger warnt hingegen vor einer weiteren Radikalisierung der syrischen Konfliktparteien und fordert einen inklusiven Friedensprozess, der insbesondere die Rechte von Minderheiten schützt. Sie verweist auf die Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrates, die eine friedliche und inklusive Lösung anstrebt. Gleichzeitig betont sie, dass die internationale Gemeinschaft die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen während der Assad-Regierung zur Rechenschaft ziehen muss.

Für die Linke äußerte Gregor Gysi ähnliche Sorgen über die Entwicklung in Syrien und forderte einen demokratischen Neuanfang für das Land. Auch er sieht eine Chance für die Syrer, in ihre Heimat zurückzukehren, um beim Wiederaufbau zu helfen.

Zukunftsperspektiven für syrische Migranten

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in Syrien entwickelt. Die internationale Gemeinschaft steht vor der Herausforderung, den Wiederaufbau des Landes und die Rückkehr der Syrer zu organisieren. Experten wie Thym warnen jedoch davor, Asylverfahren vorschnell abzuschließen, solange die politische und sicherheitspolitische Lage im Land nicht geklärt ist. Die Frage, ob Syrer tatsächlich sicher in ihre Heimat zurückkehren können, bleibt ein zentrales Thema der politischen Debatte.

Inzwischen hat das BAMF auf die veränderte Lage in Syrien reagiert und am Montagmittag mitgeteilt, dass bis auf weiteres keine Asylanträge von Syrern mehr bearbeitet werden, es gebe einen sofortigen Entscheidungsstopp. Die Lage in Syrien sei unübersichtlich, die weitere politische Entwicklung zu schwer vorhersehbar, sagte ein Sprecher der Behörde dem Spiegel auf Anfrage. Deshalb könne man derzeit keine seriöse Einschätzung abgeben. Jede Entscheidung stünde sonst „auf tönernen Füßen“. Betroffen sind nach Angaben der Behörde 47.270 noch nicht entschiedene Asylanträge von Syrern, darunter rund 46.000 Erstanträge. Auf bereits vorliegende Entscheidungen hat die neue Lage in Syrien dagegen vorerst keine Auswirkungen.

Anmerkung der Redaktion: Der Beitrag wurde um 12:52 Uhr um die Entscheidung des BAMF ergänzt.

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