Nach Wahlsieg in Dänemark: Gabriel will Kehrtwende bei SPD-Asylkurs
Der ehemalige Außenminister und frühere Parteiobmann der SPD, Sigmar Gabriel, möchte sich ein Beispiel am migrationskritischen Kurs der dänischen Sozialdemokraten nehmen.
Kopenhagen/Berlin. – Es war ein kleines Politbeben, welche das tendenziell konservative Dänemark bei der Folketingswahl am Mittwoch erschütterte. Dort schafften die Sozialdemokraten, den bisher regierenden konservativen Block zu überflügeln – und zwar mit einem eher „rechten“, migrationskritischen Kurs in der Asylpolitik. Hauptleidtragende des Wahlausgangs war allerdings die patriotische Dänische Volkspartei (DF), welche fast zwei Drittel ihrer Wähler verlor und auf 8,7 Prozent abstürzte.
Migration: Dänische Rechte ‚rechts überholt‘
Angesichts der Wiedergeburt der dänischen Roten erfolgreichen Mischung aus ‚linkem‘ Kurs in sozialen und wirtschaftlichen Fragen und ‚rechtem‘ Migrationskurs mehren sich nun erste Stimmen aus dem europäischen Ausland, welche sich daran ein Beispiel nehmen wollen. Gerade in Deutschland droht nun eine solche Debatte – jüngste Umfragen weisen die einstige Volkspartei SPD nur mehr bei 12 Prozent aus.
In einem Gastkommentar für das Handelsblatt empfiehlt ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel nun, sich „am Erfolg der dänischen Genossen“ zu orientieren. Dieser werfe „ein paar unbequeme Fragen“ auf, denen sich die SPD – gerade an der Parteispitze „seit Jahren konsequent“ verweigere. Denn der Sieg der Schwesterpartei im nördlichen Nachbarland sei deren „gelinde gesagt ‚robusten‘ Ausländer- und Asylpolitik“ zu schulden. Einen ähnlichen Mut fordert er nun von seinen parteikollegen.
Gabriel kritisiert SPD-Asylkurs scharf
Denn in der deutschen Sozialdemokratie würde sich derzeit selbst bei „relativ harmlosen Initiativen“ zu schnellerer Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer „schon wieder Widerstand und innerparteilicher Protest“ regen. Er unterstreicht sein Unverständnis damit, dass eigentlich auch der frühere SPD-Innenminister Otto Schily einst die nunmehrige dänische Position, Asylverfahren insgesamt außerhalb Europas abzuwickeln, verfocht.
In der jüngeren Vergangenheit seien bei der SPD allerdings „alle Versuche, eine humane Flüchtlingspolitik nicht zur Überforderung der Integrationsfähigkeit werden zu lassen“ konsequent zurückgewiesen worden. Die dänische Spitzenkandidatin Mette Frederiksen hätte hingegen mit ihrem Kurswechsel Menschen zurückgewinnen können, welche sich „schlicht überfordert fühlen“ und täglich beobachten würden, „wie häufig Integrationsbemühungen scheitern“.
Stegner: „Preis dafür ist (zu) hoch“
Allerdings nahmen weitaus nicht alle ranghohen SPD-Funktionäre das dänische Ergebnis mit Wohlwollen auf. So sprach sich Ralf Stegner, der Fraktionsführer der schleswig-holsteinischen SPD, auf Twitter gegen einen „gesellschaftspolitischen Rechtskurs“ aus. Der Preis dafür sei „zu hoch“, so der dem exponiert linken Parteiflügel angehörige Poliktier.
In Dänemark gewinnen Sozialdemokraten.
Preis dafür – ökonomischer Linkskurs aber gesellschaftspolitischer Rechtskurs (das empfehlen ja Neunmalkluge auch der deutschen Sozialdemokratie) ist (zu)hoch!
Trotz Linksbündnis:Rechtsverschiebung brachte auch Rechtsradikale ins Folketing.— Ralf Stegner (@Ralf_Stegner) 6. Juni 2019
Auswirkungen auch auf österreichische Sozialdemokraten?
Unklar ist auch, welche Auswirkungen das Wahlergebnis auf die österreichische Sozialdemokratie haben könnte. Die Genossen rutschten dort in jüngsten Umfragen mit 21 Prozent auf den dritten Platz hinter der patriotischen FPÖ zurück – und dies obwohl diese sich gerade erst von den Enthüllungen des Ibiza-Videos erholen muss.
Bereits seit Monaten gibt es in der Alpenrepublik zwischen dem „rechten“ Parteiflügel um den burgenländischen Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil und dem linken Flügel von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner immer wieder Auffassungsunterschiede zu geben – gerade zu den Themenbereichen Migration und Integration.
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