Nehammer bei Putin: Kickl fordert Rückkehr zur umfassenden Neutralität
Die Strategie der österreichischen Regierung seit Kriegsbeginn sei weder nachhaltig noch durchdacht, kritisiert FPÖ-Parteiobmann Kickl.
Wien. – FPÖ-Chef Herbert Kickl begrüßt Nehammers Reise nach Moskau, wenn dieser „jetzt die Rolle eines Brückenbauers zwischen der Ukraine und Russland im Sinne der österreichischen Neutralität erkannt hat“. Allerdings habe der Kanzler mit seinem Verhalten in den letzten Wochen bereits „sehr viel Porzellan zerschlagen“, kritisierte Kickl in einer Aussendung am Montag.
„Gegenteil von nachhaltig und durchdacht“
Insgesamt vermittle die Politik der österreichischen Bundesregierung seit Beginn des Kriegs in der Ukraine nicht den Eindruck, dass sie einer nachhaltigen Strategie folge. „Erst die Sanktions-Einpeitscherei, dann das überfallsartige Ramponieren der Neutralität, dann die mit der Neutralität in Widerspruch stehenden Solidaritätsbesuche bei Selenskij und Klitschko – und jetzt geht’s plötzlich nach Moskau. Das sieht aus wie das Gegenteil von nachhaltig und durchdacht“, betonte der FPÖ-Chef. Es sei zu hoffen, „dass Nehammer bestens vorbereitet und nicht Hals über Kopf in das Gespräch mit Putin geht, damit nicht weiterer Schaden für Österreich entsteht“.
Entscheidend sei nämlich viel weniger die persönliche Präsenz vor Ort unter großem medialem Getöse als vielmehr das ehrliche Angebot und der Versuch, die Kriegsparteien an einen Tisch zu bringen, eventuell auch österreichische Diplomaten als Mediatoren einzusetzen. „Ein neutraler Makler zu sein, wäre der Auftrag an Österreich und seinen Regierungschef. Um Putin mitzuteilen, dass Österreich den Angriffskrieg verurteilt, muss man nicht nach Moskau reisen“, erklärte der FPÖ-Obmann.
Von „enormer Wichtigkeit“ für die Österreicher sei jedenfalls die Sicherstellung der österreichischen Energieversorgung. „Dazu bedarf es allerdings eines Ausscherens aus den immer realer werdenden Boykottüberlegungen der EU“, so Kickl weiter. „Im Interesse von Frieden und Sicherheit in Europa sowie der Rettung der Energiesicherheit und damit des Wohlstands auch in Österreich ist zu hoffen, dass der Besuch Teil einer nachhaltigen Lösung und nicht Teil eines Inszenierungsspektakels zu wessen Image-Nutzen auch immer wird. Die Gefahr, von jeder der beiden Seiten für die eigene Propaganda eingespannt zu werden, ist groß“, warnte der FPÖ-Chef.
Nehammer will als „Brückenbauer“ fungieren
Am Sonntag hatte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) mitgeteilt, dass er am Montag nach Moskau reisen werde, um Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu treffen (TAGESSTIMME berichtete). Nach eigenen Angaben will der Kanzler mit seinem Besuch in Moskau den Dialog zwischen Russland und der Ukraine fördern. „Alles, was getan werden kann, um den Menschen in der Ukraine zu helfen, den Krieg zu stoppen, soll getan werden“, erklärte Nehammer gegenüber Journalisten. „Es ist für mich das Gebot der Stunde, alles zu versuchen.“
Allerdings räumte der Kanzler auch ein, dass die Chancen, etwas zu erreichen, gering seien. Er erwarte nicht, dass große Wunder geschehen, betonte er auf Nachfragen von Journalisten.