Neues Jahr, neue Regierung: Stehen Patrioten jetzt dunkle Zeiten bevor?

Was man lange Zeit für die Spinnerei von ein paar linksliberalen Journalisten hielt, dürfte Wirklichkeit werden: Kurz kippt auf der Suche nach einer Regierung tatsächlich nach links und holt sich ausgerechnet die Grünen ins Koalitionsbett.
Julian Schernthaner
Kommentar von
1.1.2020
/
4 Minuten Lesezeit
Neues Jahr, neue Regierung: Stehen Patrioten jetzt dunkle Zeiten bevor?

Geben der wahrscheinlichen türkisgrünen Regierung ein bürgerliches Gesicht: Werner Kogler (Grüne, li.) und Sebastian Kurz (re.) – aber wie sieht es dahinter aus? Symbolbild Prov. Parlamentssaal: Oktobersonne via Wikimedia Commons [CC BY-SA 4.0 / Bild Kogler (2010): Grüne Steiermark via Wikimedia Commons [CC BY-SA 3.0 DE] / Bild Kurz (2016): Dragan tatic / Rat Brüssel via Flickr [CC BY 2.0] (beide freigestellt) / Collage: Die Tagesstimme.

Was man lange Zeit für die Spinnerei von ein paar linksliberalen Journalisten hielt, dürfte Wirklichkeit werden: Kurz kippt auf der Suche nach einer Regierung tatsächlich nach links und holt sich ausgerechnet die Grünen ins Koalitionsbett.

Kolumne von Julian Schernthaner.

Eigentlich lautet eine goldene Regel des Journalismus: Eine Frage in der Überschrift wird im Artikel verneint oder abgeschwächt. Einzig – in diesem Fall muss man schon sehr viel runter schlucken, um das Positive an der baldigen Koalition in der Alpenrepublik zu finden. Denn noch bevor das Programm überhaupt vollends publik ist, mehren sich die Enthüllungen, welche alle Alarmglocken schrillen lassen. Und angesichts weniger Wahlen in nächster Zeit werden wir daran wohl eine Weile zu knabbern haben.

Linksradikale Ministerien im Tandemflug?

Das erste Indiz, wie ungünstig die neue Regierung werden kann, zeigte bereits die Ressortaufteilung. Weniger, weil sich die ÖVP – wie abzusehen war – zentrale Machtministerien in den Schoss zurückholte. Und auch weniger, weil sich die Grünen mit dem Mammutministerium für alle Infrastruktur und Umwelt und dem Sozialministerium zwei erwartbare Gestaltungsressorts sicherten, in denen sie sich sachpolitisch vielleicht gar nicht so schnell entzaubern, wie einem Kritiker lieb wäre.

Sondern wegen der Möglichkeiten, welche ein für sich alleine zahnloses Kultursekretariat in Kombination mit dem einzigen grünen Machtressort – dem Justizministerium – bietet. Nicht ohne Kalkül designiert man wohl für den dortigen Posten mit der Ex-JETZT-Mandatarin Alma Zadic eine selbst für grüne Verhältnisse weit links stehende Frau. Alleine, dass man zeitweise mit dem Gedanken spielte, der einstigen Kunstuni-Rektorin Eva Blimlinger die Kulturagenden zu überlassen, illustriert den angedachten Doppelpass.

Steuergeld für Antifa und politische Weisungen?

Wie etwa die Praxis in Bundesländern, in welchen die Grünen über die Förderungen für Kultur verfügen können, zeigt, kann hier metapolitisch das Feld fruchtbar bestellt werden. Und das meint nicht etwa nur politisch opportune Künstler und Projekte, die sich am freien Kulturmarkt wohl nur schwer behaupten könnten. Sondern, dass unter Umständen bald auch offen linksradikale bis linksextreme Antifa-Initiativen aus Steuergeld üppig alimentiert werden könnten.

Gerade in Österreich verfügt das Justizressort wiederum ein antiquiertes und oft in der Kritik stehendes Weisungsrecht. Bestimmte Ermittlungen brauchen somit etwa die Zustimmung aus dem Ministerium, ehe sie zur Anklage werden können. Gleichzeitig ist es möglich, der Staatsanwaltschaft Ermittlungen oder deren Einstellung zu empfehlen. Die Antifa könnte also theoretisch aus Steuergeld auf wackliger Grundlage ein Verfahren gegen patriotische Akteure anzetteln, selbst aber den Persilschein bekommen.

Sicherungshaft für politisch Unliebsame?

Wirklich Entwarnung gibt hier auch nicht der kleine Abschnitt, welchen der Tiroler Blogger Markus Wilhelm am Neujahrstag leakte, der eine Form der Sicherungshaft empfiehlt – als Kickl dies für kriminelle Asylanten vorschlug, gehörten die Grünen in den Ländern noch zu den größten Kritikern. Kniefall vor dem künftigen Koalitionspartner oder Kuhhandel – beides gibt die gleich schiefe Optik ab. Denn für präventive Haft würde bereits das Argument reichen, die „öffentliche Sicherheit“ kommandiere es.

Dass die Grünen dabei kaum an straffällige Personen mit unklarem Asylstatus – sie fordern ja einen Abschiebestopp – denken, dürfte auf der Hand liegen. Denn wir bekommen wohl eine Justizministerin, die nach der später für illegal erklärten Hausdurchsuchung bei Identitären-Leiter Martin Sellner davon sprach, vermeintlich „rechtsextremistische Netzwerke ein für alle Mal trockenlegen“ zu wollen. Wenn man bedenkt, dass sogar SPÖ-Urgesteine damals eine „Vorbeugehaft“ für diesen forderten, würde Sellner wohl ohne sonstige rechtliche Grundlage seit neun Monaten in Haft sitzen.

Das ganze patriotische Lager im Visier?

Angesichts weiterer Äußerungen der wohl baldigen Justizchefin könnte der Personenkreis, der dafür infrage kommt, unendlich weit sein. Korporierte, die ihren Bekannten unvorteilhaft zuwinken, fallen für sie in die Kategorie „Neonazis, Faschisten und Rassisten“. Patriotischen Medien unterstellt sie gar, „rechtsextreme Ideologie öffentlich zu verbreiten und unserem friedlichen Zusammenleben zu schaden”. Bei diesen sind ihr sogar zwei Euro für Google-Werbung Skandale, die detaillierten Kommentar gebieten.

Freilich, man sollte die Kirche im Dorf lassen: Unbotmäßige Journalisten mit patriotischem Profil werden nicht von heute auf morgen auf politischen Zuruf hinter schwedischen Gardinen landen. Andererseits: Der Versuch, einen patriotischen Medienverein nach zumindest schlechter Recherche in ein angedachtes Identitären-Verbot zu reklamieren, ist erst drei Monate her. Völlig undenkbar sind also nicht einmal solch fragwürdige Allüren.

Türkis-Grüne Regierung wird sich entzaubern

Solange die türkis-grüne Revolution den Rechtsstaat aber nicht vollends frisst, könnte die neue Regierungskonstellation zum Glücksfall anstatt zur Hiobsbotschaft werden. Denn in einer Mischung aus Not und Tugend könnten jene fünf Finger, die eine patriotische Wende benötigt, um schlagkräftig sein zu können, verdammt sein, an einem Strang zu ziehen. Ob Partei, Gegenkultur, Gegenöffentlichkeit, Bürgerinitiativen oder aktivistische Gruppen – nun sind wirklich alle „im selben Boot“.

Wenn es die Freiheitlichen also verstehen, ein patriotisches Vorfeld nicht nur entstehen zu lassen, sondern auch taktisch zu bespielen, kann die Hoffnung vieler Menschen, dass sich etwas wirklich ändert, beim nächsten Urnengang mit Verspätung zur Realität werden. Denn rein sachpolitisch ist sowieso klar: Spätestens beim nächsten Ansturm von Migranten wird sich zumindest einer der beiden Partner in der türkis-grünen Zwecksehe entzaubern. Das ist dann die Zeit, um die Ernte einzufahren – säen muss man aber bereits im Vorhinein.


Weiterlesen:

Designierte Justizministerin: So weit links steht Grüne Zadic (1.1.2020)


Aktualisierung (2.1.2020 13:45 Uhr): Bei Veröffentlichung war noch die frühere Rektorin der ‚Akademie der bildenden Künste‘, Eva Blimlinger, für das Kulturressort im Gespräch. In den Folgestunden kristallisierte sich heraus, dass diese Agenden zwar bei den Grünen landen, allerdings andere Personalien darüber walten. Der Artikel wurde entsprechend der neuen Entwicklungen daher geringfügig angepasst.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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