Nicht der Islam, die kulturfremde Masseneinwanderung ist das Problem!

Der AfD-Abgeordnete Martin Sichert hat mit seiner Kritik an der Forderung von Friedrich Merz nach einem Aufnahmestopp für Syrer und Afghanen für Aufsehen gesorgt. Er erklärte, das eigentliche Problem sei der radikale Islam. Der Islamwissenschaftler Hans-Thomas Tillschneider führt in seinem Kommentar für FREILICH aus, warum Sicherts Perspektive zu kurz greift.

31.8.2024
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4 Minuten Lesezeit
Nicht der Islam, die kulturfremde Masseneinwanderung ist das Problem!

In seinem Kommentar fordert Tillschneider einen sofortigen Einwanderungsstopp für unqualifizierte Einwanderung aus Afrika und dem Orient.

© IMAGO / Funke Foto Services

Als ich im Jahr 2001 in Damaskus Arabistik studierte, hatte einer meiner deutschen Kommilitonen ein Verhältnis mit einer arabischen Christin. Er konnte sie nur unter strengster Geheimhaltung treffen, sie brauchte ständig aufwändige Alibis, und an der Universität durfte niemand etwas von ihrem Verhältnis merken. Denn, so hatte sie erklärt, würde der Vater, ein maronitischer Christ und Major der syrischen Armee, von der Sache erfahren, könne niemand mehr für das Leben meines Kommilitonen garantieren. Ich fragte sie einmal, weshalb ihr Vater diese extreme Reizbarkeit, was die Ehre seiner Töchter angeht, an den Tag lege, das kenne man ja nur von Muslimen, er sei aber doch Christ. Die Antwort: Das hat nichts mit Islam und Christentum zu tun, das ist die arabische Mentalität!

Die wirklich Ursache hinter steigender Gewalt

Diese Beobachtung, die sich während meiner späteren Aufenthalte in Syrien und im Libanon vielfach bestätigte, erklärt einiges. Wir sollten nicht vorschnell „den Islam“ als vermeintlich griffiges Erklärungsmuster in Anschlag bringen, wo dem Islam vorgängige ethno-kulturelle Muster den Ausschlag geben. Thilo Sarrazin hat schon vor mehr als zehn Jahren die Fehlanreize unseres Einwanderungs- und Sozialsystems beschrieben, die uns aus Ländern, die ohnehin unter Entwicklungsproblemen leiden, nochmal eine Negativauswahl bescheren. Der Islam mag in Afrika und dem Orient auf dem Vormarsch sein, aber die Armutseinwanderung aus Afrika und dem Orient ist nicht wegen des Islams ein Problem, sondern weil es eine Armutseinwanderung und eine Einwanderung von Unqualifizierten aus Afrika und dem Orient ist.

Die Probleme in unseren Großstädten, die massenhaften sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht in Köln 2015, die zunehmenden Gruppenvergewaltigungen, bei denen Täter aus dem Irak, Syrien und Afghanistan stark überrepräsentiert sind, und auch die Messerstechereien lassen sich mit dem Islam nicht erklären. Gerade die sexuellen Übergriffe in der Öffentlichkeit und die Vergewaltigungen sind in islamischen Gesellschaften dermaßen stigmatisiert, dass, wenn es auf den Islam ankäme, solche Delikte gar nicht vorkommen dürften. Das Problem ist – umgekehrt –, dass die jungen Männer bis vor kurzem der strengen Kontrolle islamischer oder sagen wir besser: traditioneller Gesellschaft unterworfen waren und es jetzt auf einmal nicht mehr sind.

Der verklemmte Islamkritik der ersten AfD-Jahre

Der strengen Moral ihrer Heimat entkommen, erkennen sie unser Sittengesetz nicht an, wähnen sich in einem rechtsfreien Raum und führen sich auch genauso auf. Das Problem ist letztlich die Entortung, also der Umstand, dass Menschen aus ganz fremden Kulturräumen, die kaum etwas mit unserer Kultur verbindet, hierher versetzt werden. Wie soll auch der überzählige Sohn aus einem eritreischen Dorf, der in Hoffnung auf reichlich Sozialhilfe nach Europa geschickt wurde, die sozialen Regeln, die in einer rheinischen Großstadt gepflegt werden, verstehen, geschweige denn respektieren? Ob er nun aus einem christlichen oder aus einem islamischen Dorf kommt, ist angesichts des Umstandes, dass die Gepflogenheiten in beiden Varianten des eritreischen Dorfs von den Gepflogenheiten einer rheinischen Großstadt gleich weit entfernt sind, wenig relevant.

Wie dieses Konfliktpotential bewältigt werden kann, ist eine Frage eigener Art (mehr dazu hier). Um das Problem nicht noch größer werden zu lassen, brauchen wir in jedem Fall einen sofortigen Einwanderungsstopp für unqualifizierte Einwanderung aus Afrika und dem Orient. Es ist also nicht falsch, wenn Friedrich Merz jetzt einen Aufnahmestopp für Syrer und Afghanen fordert, nicht falsch im Sinne von nicht sachlich unrichtig, „falsch“ jedoch im Sinne von geheuchelt ist es bei einem CDU-Politiker allemal. Merz müsste dafür kritisiert werden, dass die CDU, als sie an der Macht war, dergleichen nie durchgesetzt hat und auch er nur Wahlkampfsprüche absondert, aber einen solchen Aufnahmestopp niemals durchsetzen wird. Doch Martin Sichert, ein Bundestagsabgeordneter der AfD, hat jetzt Merz nicht etwa dafür angegriffen, dass seine Forderungen nur rhetorischer Natur und hochgradig unglaubwürdig sind, nein, Sichert hat die Forderungen an sich kritisiert und Merz allen Ernstes Rassismus vorgeworfen! Das Problem seien, so Sichert, schließlich nicht die Syrer und die Afghanen, sondern der radikale Islam. Der Tweet ist hier nachzulesen:

Was ist nur in Sichert gefahren, die Rassismus-Keule zu schwingen? Ich erkläre es mir so: Sichert spiegelt damit die verklemmte Islamkritik der ersten AfD-Jahre, als man, um dem Rassismusvorwurf aus dem Weg zu gehen, nicht einfach die Einwanderung aus bestimmten Ländern, sondern den Islam als dogmatisches System kritisierte, der angeblich für die Hauptprobleme mit der Masseneinwanderung verantwortlich sei. Sichert nimmt nun die Rolle des Kontrahenten von damals ein, dessen Rassismusvorwurf durch den Rückzug auf die Islamkritik entkräftet werden sollte, dreht diesen Spieß um, richtet ihn gegen Merz und rückt ihm mit dem Rassismusvorwurf zu Leibe. Sichert hält sich vermutlich für clever, doch es ist sehr kurzsichtig, was er da treibt.

Zunächst ist der Rassismusvorwurf wie in den allermeisten Fällen auch hier nicht berechtigt, denn Rassismus ist und bleibt trotz aller Versuche, den Begriff bis zur Unkenntlichkeit auszudehnen, die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Rasse. Die Verweigerung der Einreise nach Deutschland aber kann schon allein deshalb keine Diskriminierung sein, weil Diskriminierung die rechtsgrundlose Benachteiligung ist und es kein Recht gibt, nach Deutschland einzuwandern. Oder hat Herr Sichert Laune, auch gegen die Parteilinie zu verstoßen, indem er gleich noch ein solches Recht fordert?

Parteiausschluss wäre übertrieben

Sicherts Islamkritik erweist sich als Argumentationssackgasse, weil diese Kritik glaubt, sich damit stärken zu müssen, dass sie nicht islamkritische Kritik an Einwanderung als Rassismus brandmarkt, uns damit aber für einen billigen Überrumpelungseffekt die stärksten und grundsätzlichsten Argumente gegen die Masseneinwanderung aus der Hand schlägt. Ein Parteiausschluss für diese Trottelei, wie jetzt von vielen Seiten gefordert, wäre aber zu arg. Ich plädiere stattdessen für 20 leichte Peitschenhiebe, nicht auf die nackte Haut, sondern mit aufgelegtem Leinentuch, damit Parteifreund Sichert wieder zu Verstand kommt.

Die Beziehung zwischen dem deutschen Arabisten und der maronitischen Christin ging übrigens, wie sollte es anders sein, nach seiner Rückkehr nach Deutschland in die Brüche und sie heiratete, wie es sich gehört, einen maronitischen Christen. Einer meiner arabischen Kommilitonen, Muslim von Konfession, studierte übrigens Medizin im höheren Semester und verdiente sich etwas hinzu, indem er illegalerweise Hymenrekonstruktionen (Unter einer Hymenrekonstruktion versteht man die operative Wiederherstellung des Jungfernhäutchens, Anm. d. Red.) anbot. Vielleicht hat sie ihn aufgesucht, vielleicht einen anderen. Ihr Ehemann wird sich jedenfalls sehr über seine arabische Jungfrau gefreut haben.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

Hans-Thomas Tillschneider

Dr. Hans-Thomas Tillschneider ist Islamwissenschaftler und sitzt seit 2016 für die AfD im Landtag Sachsen-Anhalt. Dort ist er der kulturpolitische Sprecher der AfD-Fraktion. Seit 2020 ist er außerdem stellvertretender Landesvorsitzender.

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