Niederösterreich: Empörung wegen angeblichem „Genderverbot“
FPÖ und ÖVP wollen noch im Laufe des Sommers bestimmte Formen des Genderns in niederösterreichischen Landesbehörden abschaffen.
St. Pölten. - Schon bei der Vorstellung des Regierungsprogramms in Niederösterreich war es einer der heißdiskutiertesten Punkte: Genderstern, Binnen-I und Doppelpunkt sollen in Zukunft aus offiziellen Dokumenten und Veröffentlichungen des Landes verschwinden. Die deutsche Sprache solle, heißt es im schwarz-blauen Arbeitspapier, wieder gerecht zur Anwendung kommen. Viele sehen in dieser Maßnahme ein Genderverbot. Der niederösterreichische ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner bezeichnete die Diskussion als lächerlich.
Aufregung auf Twitter
„Heute empört sich Österreichs Links-Twitter über ein angebliches ‚Gender-Verbot‘ in Niederösterreich. Das ist natürlich Unsinn. Es gibt natürlich kein ‚Gender-Verbot‘. Die selbsternannten Sprachsensiblen sind offenbar nicht in der Lage, mit dem Wort ‚Gendern‘ richtig umzugehen. Gilt etwa nur mehr das ‚Gendersternchen‘ als geschlechtergerecht und ‚Journalistinnen und Journalisten‘ nicht? Weil man dann ohnehin gleich das generische Maskulinum verwenden kann? Selbstverständlich nicht“, so Ebner in einer Aussendung.
„Im gemeinsamen Arbeitsübereinkommen haben wir genau festgehalten, dass uns auch im Sinne der Integration einfache, verständliche und einheitliche Sprachregeln wichtig sind und wir uns dabei am Rat der deutschen Rechtschreibung orientieren. Woran auch sonst? Das ist die amtliche Instanz für eine einheitliche Sprache im gesamten deutschen Sprachraum. Und dieser Rat empfiehlt beispielsweise, Paarformen zu verwenden, wie ‚Journalistinnen und Journalisten‘, aber auf Genderstern und Gendergap zu verzichten. Genauso, wie es seit Jahren der Leitfaden des Landes vorsieht. Amtsdeutsch orientiert sich am Rat der deutschen Sprache und nicht an Twitter.
Mikl-Leitner sieht kein „Genderverbot“
Auch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erklärte, dass es kein „Genderverbot“ geben werde. Wie im bestehenden Leitfaden des Landes vorgesehen, sollen weiterhin Formulierungen wie „Schülerinnen und Schüler“ verwendet werden, erklärte sie. Gendersternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt seien bisher nicht vorgesehen und werden demnach auch künftig nicht in die Richtlinien aufgenommen. „Eine künstliche Aufgeregtheit wie zum Thema Gender-Sternchen ist fehl am Platz und lächerlich angesichts der Probleme, die wir haben“, etwa der Erhalt des Wohlstands und die Teuerung, meinte Mikl-Leitner.
Indes hat die IG Autorinnen Autoren mit einem offenen Brief auf die geplanten Maßnahmen reagiert. Bevor der Erlass überhaupt zum Tragen kommt, wolle die Interessengemeinschaft vorsorglich darauf hinweisen, dass „das Land rechtlich keine Möglichkeit hat, einseitig in die individuellen Schreibweisen von Autor/inn/en einzugreifen“, heißt es in der Aussendung. Denn das Urheberrecht schütze nicht nur die Inhalte, sondern auch die spezielle Schreibweise von Texten. Diese zu ändern würde eine Zustimmung der jeweiligen Autoren benötigen.