Russland und die USA: Die AfD diskutiert über Geopolitik – FREILICH vor Ort
Am vergangenen Donnerstag fand in Schleswig-Holstein ein Vortrag zum Thema „Europa am Scheideweg: Russland oder USA, wo stehen wir?“ statt, gegen den es im Vorfeld Proteste von Antifaschisten gegeben hatte.
Am 18. April 2024 lud die AfD Schleswig-Holstein den Spitzenkandidaten der Jungen Alternative (JA) zur Europawahl und FREILICH-Kolumnisten, Tomasz Froelich, zu einem Vortrag mit dem Titel „Europa am Scheideweg: Russland oder USA, wo stehen wir?“ ein. Die Veranstaltung begann tumultartig: Die Antifa nahm den ursprünglichen Veranstaltungsort, einen Gasthof in Küstennähe, der bereits mit schwer entfernbarer Farbe beschmiert war, ins Visier und drohte mit Protesten gegen die Veranstaltung, woraufhin der Veranstaltungsort absagte und die Organisatoren improvisieren mussten.
Während die Antifa stolz verkündete, die Veranstaltung sei „abgesagt“, bemühten sich Volker Schnurrbusch, stellvertretender Landesvorsitzender der AfD Schleswig-Holstein, Kevin Dorow, Beisitzer im AfD-Landesvorstand und FREILICH-Autor, und ihr Team um Alternativen. „Trotz Gegenwind ist es uns gelungen, einen guten Veranstaltungsort zu finden.“
Schließlich gelang es dem Kreis um Schnurrbusch und Dorow, einen malerischen Veranstaltungsort zu reservieren, der Platz für rund 50 Zuhörer bot, darunter Mitglieder der Jungen Alternative, AfD und parteilose Zuhörer. „Dass trotz der kurzfristigen Verlegung so viele Gäste gekommen sind, zeigt uns einmal mehr, wie groß der Wille zur Information und politischen Meinungsbildung in unserer Partei ist. Wir lassen uns durch Drohungen und Sabotageakte nicht unterdrücken“, so Dorow gegenüber dem FREILICH-Reporter, der die Veranstaltung besuchte.
Das Hauptthema des Abends – Russland oder USA?
Nach einer Einführung durch Volker Schnurrbusch, der in der vergangenen Legislaturperiode 2017–2022 für die AfD im Schleswig-Holsteinischen Landtag saß und nun in zwei Monaten für das Europaparlament kandidiert, hielt Froelich seine Rede, in der er eine unabhängigere Außenpolitik für Deutschland forderte. Der gebürtige Hamburger begann mit einem ausführlichen Überblick über den aktuellen Konflikt zwischen Russland und dem Westen und kam zu dem Schluss, dass dieser gerade durch die westliche Annäherung an Russlands historische Pufferzone provoziert worden sei: „Russland wurde mindestens dreimal in seiner Geschichte – in den Kriegen gegen Karl XII. von Schweden, gegen Napoleon und gegen Hitler – nur durch die strategische Tiefe seines Territoriums vor dem Untergang bewahrt.“
Froelich beklagte, dass das Thema in Deutschland nicht ohne Dämonisierung diskutiert werden könne: „Der politisch-mediale Komplex reproduziert die gewünschten Narrative des US-Hegemons, die da lauten: Ukraine und Selenskyj gut. Russland und Putin sind böse. Und jeder, der das anders sieht, wird vom Kreml bezahlt“. Das allein sei aber noch kein Grund für Deutschland, seine Politik neu auszurichten, so Froelich: „Liebe Freunde, wenn wir diese Missstände überwinden wollen, müssen wir uns mittelfristig von den USA emanzipieren, ohne dabei – und das ist genauso wichtig! – ein russisches Protektorat zu werden“.
Er präzisierte seine Forderung: „Wir brauchen also nicht den Austausch des amerikanischen Hegemons durch den russischen, sondern unsere eigene Stärke und Souveränität. Denn wir sind Deutsche. Und wir sind stolz, Deutsche zu sein. Und dieser Stolz verbietet es uns, Bücklinge Washingtons zu sein, aber auch Bücklinge Moskaus, Bücklinge Pekings oder Bücklinge Brüssels.“
Positive Resonanz eines überwiegend russlandfreundlichen Publikums
In einem Gespräch mit FREILICH vor der Veranstaltung hatte Froelich eingeräumt, dass er mit seiner Rede bei den Zuhörern, die seiner Erfahrung nach im Westen eher und intensiver mit der Ukraine oder dem politischen Westen sympathisieren, einigen Unmut auslösen werde: „Ich rechne mit Gegenwind“. Schließlich liegt Lübeck in der alten Bundesrepublik – anders als in den neuen Bundesländern gibt es hier keine verbreitete russlandfreundliche Mentalität.
Doch die Fragen und Reaktionen, die er aus dem Publikum erhielt, waren überwiegend positiv. Ein ehemaliger Berufssoldat im Publikum formulierte es so: „Wem sollen wir uns zuwenden? Den USA oder Russland? Ich tendiere zu Russland. Aber Sie haben recht: Wir brauchen ein ausgewogenes Verhältnis zu allem.“
„Wir müssen uns endlich von Amerika emanzipieren. Und gegenüber Russland freundlich, aber selbstbewusst auftreten“, stimmte Schnurrbusch zu.
Unabhängig von den USA und Russland, aber mit Europa?
Ein weiteres Diskussionsthema war die Förderung einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen patriotischen Gruppen in Europa. Ein Teilnehmer brachte die allgemeine Stimmung im Saal auf den Punkt: „Wir brauchen ein starkes, unabhängiges Europa. Deutschland allein ist zu klein. Wir brauchen aber ein neues Europa. Nicht diese EU.“
Es gab aber auch Fragen, wie eine solche Zusammenarbeit konkret aussehen könnte. Eine Frau mit militärischem Hintergrund erinnerte daran, dass Deutschland zwar 30.000 Soldaten in die EU-Länder entsenden müsse, dies aber wahrscheinlich nicht könne. „Wir können die 30.000 Mann nicht stellen. Das weiß ich … wie soll das zusammenpassen?“
Während Schnurrbusch entgegnete, dass die AfD-Europaliste mit dem Bonner Professor Hans Neuhoff einen Kandidaten habe, der sich genau auf dieses Problem spezialisiert habe, räumte Froelich ein, dass die praktischen Aspekte einer solchen europäischen Zusammenarbeit schwierig seien. Aber er brachte die Frage im Anschluss auf den Punkt: „Die Frage ist, ob es nicht langfristig besser wäre, die bestehende NATO-Struktur durch eine eigene Struktur ohne die Amerikaner zu ersetzen, weil die Amerikaner uns immer wieder dominieren und damit in Konflikte hineinziehen, die nicht unsere Konflikte sind. Und das können sie besser, weil sie stärker sind. Die Frage ist, ob es nicht besser wäre, mehr europäische Souveränität und mehr Autonomie zu entwickeln. Aber das ist dann auch eine Frage der Militärtechnik und mehr – und da sind wir meilenweit zurück“. Konkret spielte er damit auf die Frage einer europäischen Atombewaffnung an. Derzeit sind nur Frankreich und Großbritannien europäische Atommächte. Das will die JA ändern und hat das Thema deutsche Atomwaffen auf die Tagesordnung gesetzt.
Ideen und Vorschläge, die bei den Zuhörern gut ankamen, denn an der Veranstaltung nahmen Menschen jeden Alters und jeder Herkunft teil – darunter auch ein großer Teil der AfD-Jugendorganisation JA. „Der Landesvorstand der AfD Schleswig-Holstein steht zur JA“, bekräftigte Schnurrbusch – eine Meinung, die Dorow in seinem Vortrag nachdrücklich wiederholte. Beide Referenten machten deutlich, dass es keine „Distanzierung von den jungen Mitstreitern“ geben dürfe.
Waren die lokalen Altparteien involviert?
Obwohl die Organisatoren froh sind, dass die Veranstaltung gerettet werden konnte, sehen sie in den Ereignissen im Vorfeld eine bittere Bestätigung für die vermutete anhaltende Zusammenarbeit zwischen den rot-grünen Parteien im Land und militanten Antifa-Kräften. Obwohl der ursprüngliche Veranstaltungsort erst 24 Stunden vor der geplanten Demonstration bekannt gegeben wurde, habe die örtliche SPD genügend Zeit gehabt, Hand in Hand mit der Antifa sowohl die Organisatoren als auch den Veranstaltungsort unter Druck zu setzen.
Dorow sagte: „Nach mir zugetragenen Informationen soll ein Lokalpolitiker vor Ort kurz nach der Veröffentlichung der Adresse durch die Antifa von unbekannter Seite über die Veranstaltung informiert worden sein und Druck ausgeübt haben. Nachdem die Veranstaltung nicht am geplanten Ort stattfinden konnte, platzte der genannten Person wohl der Kragen, da sie sich innerlich schon auf die bevorstehende Demonstration der ‚Demokratischen Front‘ eingestellt hatte. Leider musste sie den Abend auf der Couch verbringen und konnte nicht noch einmal durch das Zeigen von ‚Haltung‘ Gratismut ernten“.
Eine rundum gelungene Veranstaltung, die auch beim Publikum, das in mittlerer zweistelliger Zahl aus allen Alters- und Berufsgruppen vertreten war, großen Anklang fand. Das durchweg interessierte Publikum lauschte den Referenten und diskutierte im Anschluss an die Vorträge miteinander. Die Veranstalter zeigten sich nach der Veranstaltung „trotz Antifa-Anschlag, Drohungen und Ortswechsel“ zufrieden und stolz: „AfD im Dialog mit Tomasz Froelich ein voller Erfolg“, titelten sie in den Sozialen Medien.