Steinhart folgt in Wien: Szekeres‘ Tage als Ärztekammer-Chef sind gezählt

Knalleffekt: Weil sich eine Koalition mehrerer Ärztelisten hinter Wahlsieger Johannes Steinhart vereint, verliert der bisherige Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres wohl auf einen Schlag seine Posten in Wien und im Bund. Zuletzt war vermehrte Kritik am umstrittenen obersten Ärztevertreter laut geworden.
/
/
3 Minuten Lesezeit
Steinhart folgt in Wien: Szekeres‘ Tage als Ärztekammer-Chef sind gezählt

Bild (Szekeres 2020): © SPÖ-Parlamentsklub/Kurt Prinz via Wikimedia Commons [CC BY-SA 2.0] (Bild zugeschnitten)

Knalleffekt: Weil sich eine Koalition mehrerer Ärztelisten hinter Wahlsieger Johannes Steinhart vereint, verliert der bisherige Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres wohl auf einen Schlag seine Posten in Wien und im Bund. Zuletzt war vermehrte Kritik am umstrittenen obersten Ärztevertreter laut geworden.

Wien. – Direkt nach der Wiener Ärztewahl deutete zuerst wenig auf eine Wachablöse an der Spitze hin. Wie die letzten beiden Male kam Szekeres – vor allem dank starken Rückenwinds in der Kurie der angestellten Ärzte – auf den zweiten Platz, konnte seine Mandate sogar leicht von 17 auf 20 erhöhen. Auch seine bisherige Koalition hätte weiterhin über eine knappe Mehrheit verfügt. Doch, weil unter anderem die Grünen Ärzte und Ärztinnen die Fronten wechselten, wird es bei der Kür des neuen Ärztekammer-Chefs für Wien im Mai für den Ex-SPÖ-Parteigänger nicht mehr reichen. Da die Führung einer Länderkammer Voraussetzung für den Bundesvorsitz ist, verliert er automatisch auch diesen.

Durch Corona zur polarisierenden Figur geworden

Szekeres war seit 2012 als erster Sozialdemokrat an der Spitze der Wiener Ärztekammer. Nachdem er sich seinerzeit sogar mit seiner einstigen Parteifreundin und Stadträtin Sonja Wehsely anlegte, als er sich gegen Stellenabbau und Sparmaßnahmen einsetzte, gewann er bundesweit einige Anerkennung. Im Jahr 2017 wurde er nicht nur in Wien, sondern sogar als neuer Ärztekammer-Chef im Bund gewählt. Sein größter Impuls in dieser Rolle war das „Don’t Smoke“-Volksbegehren, in dessen Vorlauf er auch der TAGESSTIMME Rede und Antwort stand. Am Ende erreichte es 881.569 Unterschriften.

Dann kam Corona – und Szekeres, der immer mehr Medienpräsenz bekam, wandelte sich zur streitbaren Figur. Mehrfach warb er für strengere Corona-Maßnahmen. Gegen jene Ärzte, die sich gegen die Regierungs-Maßnahmen stellten oder von der Impfung abrieten, zettelte er Disziplinarverfahren an, drohte ihnen mit Berufsverbot oder empfahl ihnen, ihre Bedenken nicht öffentlich zu äußern. Dies regte viele Mediziner auf – wohl auch ein Mitgrund, welcher der MFG-Liste des kritischen Arztes Christian Fiala dabei half, auf Anhieb mit sechs Mandaten in die Vollversammlung einzuziehen und in der Kurie der niedergelassenen Ärzte sogar am Team Szekeres vorbei auf den zweiten Platz zu kommen.

Skandale und Anzeigen vor Wiener Ärztewahl

Neben diesem von manchen Berufskollegen als autoritär empfundenen Führungsstil sorgte Szekeres in den Wochen vor der Ärztewahl auch regelmäßig mit Skandalen und Skandälchen für Schlagzeilen. So war der womöglich überteuerte Ankauf einer noblen Immobilie am Wiener Graben im Wahlkampf ein präsentes Thema. Weitere Kritik entlud sich, als der Wochenblick publik machte, dass er Mitglied einer Facebook-Ärztegruppe war, in der in teils despektierlichem Ton über Patienten gesprochen und große Unfreude an der Meldung von Impf-Nebenwirkungen bekundet wurde.

Als hätte die negative Presse nicht bereits gereicht, wurden in der Woche vor dem Urnengang zwei Anzeigen eingebracht. Zum einen regte Gerald Hauser´(FPÖ) per Sachverhaltsdarstellung an, die Inhalte der umstrittenen Facebook-Gruppe auf strafrechtliche Relevanz zu prüfen. Nahezu zur selben Zeit erstatteten die „ÄrztInnen gegen Korruption“ eine Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), unter anderem wegen des Immo-Deals.

Neue Koalition will auf mehr Transparenz setzen

Welchen Einfluss die medialen Enthüllungen und die folgenden juristischen Ermittlungen auf seine bevorstehende Abwahl als Ärztekammer-Chef auch immer hatten – für Rückendeckung bei der Suche nach einer zukunftsträchtigen Ärzte-Koalition dürften sie nicht gesorgt haben. Mehrere Fraktionen, die der neuen Siebener-Koalition angehören, nannten nach der Aufregung um den Immobilienkauf etwa in der Tat den Wunsch nach mehr Transparenz als wichtige Weichenstellung für die Zukunft der Kammer. Die Facebook-Ärztechats wurden indes sogar im Parlament thematisiert.

Auch der bisherige Szekeres-Vize Johannes Steinhart – seine Liste gilt als ÖVP-nah – der diesen am 3- Mai beerben wird, stieß in dieses Horn. Er will das Vertrauen in die Kammer durch eine „transparentere und kommunikativere Führung“ wiedergewinnen und langfristig etwas aufbauen. Wer Szekeres im Bund nachfolgen wird, entscheidet sich spätestens am 24. Juni; Steinhart lässt sich ein Antreten offen. Vor der Übernahme durch Szekeres war der Tiroler Artur Wechselberger ÖAK-Präsident im Bund. Dieser äußerte sich im Februar kritisch gegenüber der mittlerweile ausgesetzten Impfpflicht.


Weiterlesen:

Die Ärztekammer und die Heilige Inquisition (18.12.2021)

DOKUMENTIERT: Mediziner-Protest gegen Ärztekammer-Präsident Szekeres (13.12.2021)

Ost-Lockdown zu wenig: Ärztekammer-Chef will „ganz Österreich zusperren“ (07.04.2021)

„Don’t smoke!“ – Im Gespräch mit Ärztekammerpräsident Szekeres (21.02.2018)

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

Kann FREILICH auf Ihre Unterstützung zählen?

FREILICH steht für mutigen, konservativ-freiheitlichen Journalismus, der in einer zunehmend gleichgeschalteten Medienlandschaft unverzichtbar ist. Wir berichten mutig über Themen, die oft zu kurz kommen, und geben einer konservativen Öffentlichkeit eine starke Stimme. Schon mit einer Spende ab 4 Euro helfen Sie uns, weiterhin kritisch und unabhängig zu arbeiten.

Helfen auch Sie mit, konservativen Journalismus zu stärken. Jeder Beitrag zählt!