Steuergeld für Kriegsrethorik? Wie ein Ex-Pazifist auf Staatskosten durch Zentralasien reiste
Die Bundesregierung finanzierte ausgerechnet die Auslandsreise eines Autors, der den Pazifismus hinter sich gelassen und ein kämpferisches Weltbild angenommen hat. Das hat das Auswärtige Amt nun bestätigt.
Die Reisekosten des Autors Artur Weigandt in Höhe von rund 4.500 Euro wurden vom Goethe-Institut übernommen, das aus dem Bundeshaushalt gefördert wird.
© IMAGO / SteinachBerlin. – Das Auswärtige Amt hat auf eine parlamentarische Anfrage hin bestätigt, dass eine Lesereise des Autors Artur Weigandt durch Kasachstan und Kirgisistan öffentlich finanziert wurde. Laut der Antwort des Staatssekretärs auf die Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten Udo Hemmelgarn, die FREILICH vorliegt, beliefen sich die Ausgaben des aus dem Bundeshaushalt finanzierten Goethe-Instituts für Reise, Unterkunft und sieben Veranstaltungen auf insgesamt 4.518,75 Euro.

AfD übt scharfe Kritik
Offiziell handelte es sich um eine literarische Tour, doch die Förderung entfaltet politische Sprengkraft, denn Weigandts neues Buch markiert eine radikale Abkehr vom Pazifismus und eine offene Hinwendung zu militärischer Härte. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Hemmelgarn kritisiert die Finanzierung deshalb entsprechend scharf. „Bei diesem Vorgang ist nicht die Summe der Skandal, sondern, dass überhaupt ein deutscher Bellizist auf Steuerzahlerkosten eine Lesereise durch Zentralasien macht“. Es gehe hier nicht um die Kunst- und Meinungsfreiheit, so Hemmelgarn. Diese müsse für alle Meinungen gewährleistet sein. Dafür setze sich die AfD auch ein. „Nur muss die Bundesregierung Frieden und Verständigung fördern – und nicht Menschen, die Deutschland in den großen Krieg mit Russland treiben wollen“, kritisiert er.
Bruch mit dem Pazifismus
Schon die Leseprobe seines Buches „Für euch würde ich kämpfen – Mein Bruch mit dem Pazifismus” zeigt eine drastische ideologische Verschiebung. Darin schildert Weigandt seinen Weg vom friedenspolitischen Idealisten zum militärischen Sprachmittler bei der Ausbildung ukrainischer Soldaten am Leopard 1. Im Vorwort erklärt er: „Vor dem Angriffskrieg war ich Pazifist – nicht aus Naivität, sondern weil ich glaubte, dass Gewalt nur neue Gewalt gebiert.“ Doch dieser Pazifismus sei inzwischen zerbrochen.
Er beschreibt die Zerrissenheit zwischen Alltag und Kriegsrealität in drastischen Bildern. Der Krieg dringe „in jedes Leben ein“ und hinterlasse „unsichtbare Narben“. Weigandt schreibt, dass Worte nichts retten, „wenn der Feind vor der Tür steht“. Freiheit sei kein Geschenk, „sie wird erkämpft“.
Militarisierung der Haltung als Leitmotiv
Der zentrale Gedanke des Buches ist die Forderung nach einer „wehrhaften Demokratie“. Weigandt bezeichnet das Schreiben über den Krieg selbst als Akt der Verteidigung: „Wenn wir nicht schreiben, tun es die anderen – die Zyniker, die Verdreher, die Kalten.“ Schreiben über den Krieg sei nicht neutral, so Weigandt. Vielleicht sei es nicht einmal friedlich. „Es ist ein Akt der Verteidigung.“
Die militärische Erfahrung hat sein Menschenbild geprägt. Er schildert, wie Soldaten ihn antrieben, die Realität des Krieges festzuhalten, damit spätere Generationen sie verstehen. Ebenso beschreibt er Veteranen, deren Körper und Leben vom Krieg zerstört wurden, die aber dennoch weiterkämpfen müssen.
Staatliche Förderung in der Kritik
Damit subventionierte die Bundesregierung die Lesereise eines Autors, der sein öffentliches Wirken ausdrücklich in Opposition zu pazifistischen Konzepten versteht. In der Leseprobe schreibt er, wahre Wehrhaftigkeit beginne nicht mit Waffen, sondern damit, sich nicht „wegzuducken“ und nicht zu schweigen, wenn Unrecht geschehe. Zugleich verteidigt er ein kämpferisches Verständnis von Freiheit und Verantwortung. Den Kern der aktuellen Kontroverse bildet vor allem die Diskrepanz zwischen diesem militärisch aufgeladenen Weltbild und dem Anspruch deutscher Außenkulturpolitik, Verständigung zu schaffen. Nun steht die Frage im Zentrum, ob staatliche Kulturarbeit Autoren, die militärisch argumentieren, fördern sollte.




