Tiroler Erklärung: ÖVP und SPÖ wollen Koalition auf Bundesebene
Politisches Erdbeben in Tirol. Landeshauptmann Mattle (ÖVP) und sein Stellvertreter Dornauer (SPÖ) präsentieren kurz vor den Wahlen die „Tiroler Erklärung“. Was verbirgt sich hinter dieser brisanten Ankündigung?
Innsbruck. – Die Tiroler Landesregierung setzt auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit von ÖVP und SPÖ auch auf Bundesebene. Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) und sein Stellvertreter Georg Dornauer (SPÖ) präsentierten am Dienstag in Leutasch ihre „Tiroler Erklärung“. Diese soll nicht nur Forderungen an die künftige Bundesregierung enthalten, sondern auch die Idee einer möglichen Koalition der beiden Parteien auf Bundesebene unterstreichen. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe kurz vor den Nationalratswahlen stieß allerdings auf heftige Kritik, vor allem vonseiten der FPÖ und anderer politischer Beobachter.
Die Tiroler Erklärung enthält eine Reihe von politischen Forderungen, die insbesondere die Interessen Tirols betreffen. Ein zentrales Anliegen ist die Bekämpfung des Transitverkehrs. Die rot-schwarze Koalition fordert eine verstärkte Verlagerung des Transitverkehrs auf die Schiene sowie die Einführung eines Zeitfenstersystems für Lkw-Fahrten, das buchbare Fahrzeiten für Lkw ermöglichen soll. Außerdem will Tirol im künftigen Regierungsprogramm ein eigenes Transitkapitel verankern.
Forderungen aus Tirol: Transit und Tourismus im Fokus
Die Tiroler Landesregierung betonte auch die Bedeutung des Tourismus für das Land und forderte wirtschaftspolitische Reformen. Unter anderem sollen die Kriterien der Finanzmarktaufsicht gelockert werden, um die Kreditaufnahme zu erleichtern. Zudem soll das erste Sparbuch von Kindern und Jugendlichen von der Kapitalertragssteuer befreit werden, um das Sparen zu fördern. Auch die Interessen Südtirols wurden berücksichtigt, was ein klares Bekenntnis zur europäischen Integration und zur Subsidiarität widerspiegelt.
Mattle und Dornauer bekräftigten bei der Pressekonferenz ihre Unterstützung für eine neuerliche Zusammenarbeit der beiden Volksparteien auch auf Bundesebene. Mattle betonte, dass es bereits im vergangenen Dezember ein klares Signal für eine solche Koalition gegeben habe, als die ebenfalls von ÖVP und SPÖ geführten Landesregierungen von Kärnten und Tirol eine gemeinsame Konferenz abgehalten hätten. Dornauer ging noch weiter und bezeichnete ein „Zweierbündnis“ der „vernünftigen Mitte“ als gut für die Republik.
Kritik an „Systemparteien“ und deren Umgang mit der Demokratie
Das offensive Werben für eine Große Koalition ist allerdings nicht unumstritten. Kritiker, darunter vor allem die FPÖ, werfen den etablierten Parteien vor, den Wählerwillen zu ignorieren und schon vor der Wahl über eine mögliche Koalition zu verhandeln. Dieses Vorgehen wird als Versuch gewertet, unabhängig vom Wahlausgang an der Macht zu bleiben. Der Heimatkurier spricht von einer „Demontage der Demokratie“ durch die „Systemparteien“ und kritisiert die zunehmende Verschmelzung von SPÖ, ÖVP und anderen Parteien zu einer „Einheitspartei“. Besonders scharf wird der Zeitpunkt der Tiroler Erklärung kritisiert, die nur wenige Tage vor der Nationalratswahl veröffentlicht wurde.
Während ÖVP und SPÖ bereits öffentlich über die künftige Regierung diskutieren, deuten Umfragen auf eine deutliche Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse hin. Die FPÖ unter Herbert Kickl hat in den letzten Wochen in den Umfragen stark zugelegt und könnte bei den Wahlen Ende September zu einem wichtigen Akteur werden. Dies könnte die Pläne für eine erneute Koalition zwischen ÖVP und SPÖ erheblich erschweren.