Verfassungsrechtler-Gutachten: Die AfD als Kampflinie des deutschen Volkes
Seit Mittwoch sorgt ein neues Gutachten für Aufregung, das einem Verbotsverfahren gegen die AfD Erfolgsaussichten bescheinigt. In seinem Kommentar für FREILICH setzt sich Marvin T. Neumann mit dem Gutachten auseinander und analysiert die ideologische und politische Dimension der aktuellen Vorgänge.
Einmal mehr haben ein paar fragwürdige Verfassungsrechtler die weltanschauliche Mission der bundesdeutschen Institutionen im Umgang mit dem Rechtspopulismus und ihrer parlamentarischen Vertretung deutlich gemacht. Andere haben bereits auf den Hintergrund der Autoren, die Inkonsistenz ihrer Argumente oder die Radikalität ihrer Implikationen hingewiesen. An dieser Stelle soll noch einmal kurz die tatsächlich weltanschauliche Dimension dieses Konflikts hervorgehoben werden, bei der es nicht um nackte Paragraphen, sondern die Deutungshoheit über sie geht.
Diskurshegemonie als Ziel
Grundsätzlich wird recht schnell klar, dass es bei dem Bestreben, die Oppositionspartei auszuschalten, darum geht, die Diskurshegemonie und Begriffshygiene der Etablierten wiederherzustellen und mit einem scheinbar alternativlosen, weil einzig und allein authentisch demokratischen Projekt fortzusetzen:
„Die AfD agiert im Widerspruch zu den Maximen der Verfassung und delegitimiert die Demokratie. Das führt jegliche politische Auseinandersetzung ad absurdum, einem solchen Verhalten stehen demokratische Parteien faktisch machtlos gegenüber; die Forderung, die AfD politisch zu stellen, kann nicht eingelöst werden, ist insofern unfair. Schon die Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens beim Bundesverfassungsgericht könnte insofern zu einer Disziplinierung der AfD und zu einer Distanzierung von verfassungsfeindlichen Umtrieben führen.“
In dieser Umkehr der Kräfteverhältnisse (die institutionell fest verwobenen Systemparteien sind die eigentlichen Unterlegenen) wird allerdings auch eingestanden, dass mit den ideologischen Kategorien, die sie als demokratisch markieren, die politische Debatte nicht gewonnen werden kann.
Wo die nationale Souveränität wirklich liegt
Die AfD spricht über die Probleme in einem ihrer Dimension entsprechenden Tonfall – Massenmigration und Überfremdung ganzer Stadtteile, Morde und Anschläge durch illegale Ausländer, linksliberale Gender-Konzepte, die keinen Anklang in der Gesellschaft finden, transatlantische Kriegsbemühungen, eine das Land deindustrialisierende grüne Agenda usw. – das allerdings können die dafür Verantwortlichen natürlich nicht leisten.
Damit sieht man sie also im Nachteil, denn wie soll man gegen so ein Totalversagen auch argumentativ bestehen? Wie soll man erklären, dass supranationale Instanzen wie die EU oder NATO, an die man freiwillig die nationale Souveränität übertragen hat, über den Zuständigkeitsbereich bestimmen, die ja formal eigentlich die Regierungsparteien einnehmen? Die Auseinandersetzung mit den Argumenten der AfD würde praktisch eine Systemkrise offenlegen. Folglich erklärt man die kritische Behandlung dieser Themenbereiche einfach für verfassungswidrig. Problem gelöst.
Feinde der Grundordnung
Aber im Kern geht es, wie immer, um Ethnopolitik. Die heute dominanten Verfassungsrechtler haben sich den amerikanischen Stichwortgebern gänzlich gefügt, und lesen in den pluralistisch-freiheitlichen Maximen des Grundgesetzes einen politischen Auftrag zur Heterogenisierung der Gesellschaft als Verwirklichung individueller Entfaltung, die nur im Multikulturalismus eingelöst werden könne.
„Positionen, wie sie insbesondere dem völkischen Nationalismus als Ausdruck der deutschen Romantisierung der Nation entsprechen“ – die Nation ist ja als Rahmenbegriff der liberalen Verfassungsordnung eh nur Platzhalter für eine beliebige Ansammlung von Rechtssubjekten und von ihrer historischen Genese sowie den Idealen von 1848 völlig losgelöst – „und denen zufolge ‚das Volk‘ oder ‚die Nation‘ eine in diesem Sinne ‚tiefere‘ kulturelle oder biologische Substanz haben, sind ebenfalls verfassungsfeindlich.“ Also: Wer meint, die Deutschen seien irgendwie eine konkretisierbare Menschengruppe, nicht nur biologisch (was ein Widerspruch in sich ist, denn Menschen sind offensichtlich biologische Wesen), sondern kulturell (also anhand von Sprache, Bräuchen, religiöser Praxis oder sonstigen soziologischen Markern), der sei Feind der Grundordnung der BRD.
Was wirklich zu einer Umgestaltung der Gesellschaft führt
Die Reduzierung des deutschen Nationalstaates auf die abstrakten Symbole von „Freiheit“, „Gleichheit“ und „Bürger“ hat also in dieser linksradikalen Ausformulierung zu einer technokratischen Neuaufführung der französischen Revolution geführt – nämlich der aus dem Nichts geschaffenen Menschheitsrepublik, die alle Elemente der alten katholischen – in diesem Falle „völkischen“ – Ordnung beseitigen muss. Natürlich wird auch an dieser Stelle das Vorgehen der systemtragenden Kräfte in bösartiger Weise der AfD angelastet: „Insbesondere wird, wo immer ein solch homogen-identitäres Volksverständnis zum Leitbild konkreter gesellschaftlicher Umgestaltung gemacht wird, die Grenze des Zulässigen überschritten.“ Dass es genau andersherum ist; dass Masseneinwanderung und Masseneinbürgerung, das Abtragen abendländischer Symbole (vom Kreuz im Klassenraum bis hin zum Aufhängen von Ramadan-Beleuchtungen) und die systematische Dekonstruktion einer deutschen Identität einer aktiven Umgestaltung der Gesellschaft mit einem ideologischen Leitbild entspricht, wird natürlich ins Gegenteil verkehrt.
Ganz klar wird hier, dass die deutsche Gesellschaft, nicht nur mit ihrer ethnischen, sondern einer „kulturellen Homogenität“, bis in die 2000er-Jahre hinein im Prinzip einen verfassungswidrigen Anachronismus darstellte. Wenn es wider die Verfassung sein soll, die von ihr verfasste Gesellschaft zu erhalten, was genau ist dann Auftrag und Funktion besagter Verfassung? Auch hier kommen wir wieder zur französischen Revolution:
„Die Menschenwürdegarantie bildet den obersten Wert des Grundgesetzes, die freiheitlich-demokratische Grundordnung gründet auf ihrem Gehalt. (…) Die Menschenwürde ist unabhängig von Merkmalen wie Herkunft, Lebensalter oder Geschlecht, sie knüpft allein an das Menschsein an – sie (…) ist egalitär‘.“
Da wären wir wieder bei der Mission der Menschheitsrepublik und ihrer programmatischen Realisierung auf deutschem Boden. Da es hier also mehr um einen quasi-religiösen Disput geht, sei die AfD schon durch ihren Bezug auf das Deutschsein im Verhältnis zum globalen Menschsein im Konflikt mit der Staatsordnung. Dadurch, dass man tatsächlich illegale Migranten ausweisen und im Zweifelsfall auch die Staatsbürgerschaft aberkennen lassen wolle, ist der Tatbestand des „Darauf-Ausgehens“ einer Beseitigung der kosmopolitischen Ordnungsessenz des Staates schon erfüllt.
Wie man Abwehrreflexe unschädlich machen will
Welche ideologische Bedeutung hat das AfD-Verbot dann also, über die Ausschaltung einer Konkurrenz hinaus? Die Antwort ist so ehrlich wie skandalös: „Indem die institutionellen Parteistrukturen zerstört, das Vermögen eingezogen und die Abgeordneten der Partei ihre Mandate verlieren, verhindert das Parteiverbot vielmehr auf überaus wirksame Weise, die weitere Unterhöhlung demokratischer Institutionen, auf die eine verfassungswidrige Partei in der Übergangsphase hin zu einem anderen politischen System notwendig angewiesen ist – ohne die Mitgliedschaft in Parlamenten, ohne finanzielle Schlagkraft und ohne institutionelle Strukturen wird die Verfolgung verfassungswidriger Ziele signifikant erschwert. (…) Das Verbot der AfD ist nicht das Ende der Auseinandersetzung mit rechtsextremen Positionen in der deutschen Gesellschaft, sondern ihr Anfang. (…) Der Ausschluss einer Partei, die mit verfassungswidrigen und damit auch wettbewerbswidrigen Mitteln agiert, sichert die Handlungsfähigkeit der übrigen demokratischen Akteure, rechtsextreme Strömungen in der Gesellschaft wirksam zu bekämpfen. Erst durch ein solches Parteiverbot wird eine Rückkehr zu verfassungspolitischer Normalität möglich.“
Das heißt mit anderen Worten: Das Volk wehrt sich gegen die Transformationsagenda der bundesdeutschen Eliten, die man als Auftrag aus der Verfassung herausliest. Um diese Abwehrreflexe endlich wieder komplett unschädlich machen zu können, muss die AfD als Resonanzraum des Unbehagens des Demos ausgeschaltet werden – danach kann man wieder zur revolutionären Praxis, zum geregelten Ablauf des störfreien Social Engineerings übergehen. Und dann gibt’s für den aufmüpfigen Deutschen, der seine Heimat noch immer als etwas Exklusives betrachtet, aber mal so eine richtige Maßnahmen-Breitseite, denn die Beseitigung einer parlamentarischen Stimme für seinen Widerspruch ist eben erst der „Anfang“.
Das Fehlen der argumentativen Linie
Es ist ein weiteres Mal, dass die geballte Front der linksradikal-antideutschen Verfassungsverdreher mit diesen Narrativen und Argumenten auf die AfD einschlägt und dabei zugleich ihre bösartigen Absichten für das deutsche Volk andeutet. Und noch immer gibt es keine argumentative Linie, keinen Plan zum kommunikativen Gegenschlag. Der Auftritt von Roman Reusch in Münster dieses Jahr war so ineffektiv wie unseriös (die Höhepunkte: Man erinnere sich, dass Parteimitglieder mit Migrationshintergrund drapiert wurden und bezüglich einiger Aussagen von Björn Höcke sinngemäß erwidert wurde, dass der durchschnittliche AfDler das doch eh alles gar nicht kapiere) und an einer inhaltlichen Aufbereitung der Problemlage wurde seither auch nicht gedacht.
Stattdessen überlegt der AfD-Bundesvorstand nun, die letzten kultur- und sozialkonservativen Programmpunkte auch noch zu streichen (Lockerung der Positionen zu Abtreibung, Homo-Ehe und Kinderadoption durch Homopaare), vom deutschen Volk als konkrete Menschen hat man sich ja in vorauseilendem Gehorsam gegenüber solchen „Verfassungsrechtlern“ ohnehin schon verabschiedet. Damit stünde die AfD programmatisch sogar links von einer CDU der 90er-Jahre – Meuthens Ideal von 2004 kommt man also immer näher. Damit erhoffen sich bestimmte Führungsköpfe sicherlich, endlich hinter die Brandmauer ins gelobte Ministerialbüro zu gelangen. Tatsächlich gibt man nur seine Alleinstellungsmerkmale, seine tatsächliche Alternativität auf. Aber alle Metapolitik und Vorfeldarbeit ist hierbei vergebens, da sie bei diesen Leuten bereits im E-Mail-Postfach scheitert.
Deutsch zu sein ist illegal
Dieses Gutachten macht deutlich, dass man im institutionalisierten Kartell eine ideologische Front zum Gegner hat, welche die Beseitigung einer über die Herrschaft der Richterkaste hinausgehende Identität des Deutschen – selbst kulturell! – zum Auftrag mit Verfassungsrang erklärt hat. Und die AfD ist hier der materialisierte Gegner. Konzepte eines „Kulturpatriotismus“, wie sie Max Krah beispielsweise hin und wieder vorträgt, sind damit auf eine Stufe mit dem ethnischen Selbsterhalt der Deutschen gestellt. Alles, außer einer anthropologisch gesehen, „pluralistischen“ Lesung des Staatsvolkes, ist in diesem Staat mittlerweile illegal. Deutsch zu sein und deutsch zu bleiben ist illegal und alle impliziten Widerstände, seien sie rein islamkritisch oder gruppenbezogen, werden als Häresie wider die demokratische Mission der Vielfalt betrachtet.
Ob es einem gefällt oder nicht: das Schicksal des deutschen Volkes in seinem eigenen Heimatland entscheidet sich in der ersten Instanz im Kampf gegen die AfD. Auf sie wird die gesamte nationale Opposition projiziert, welche der bunten BRD-Agenda noch im Wege steht, und mit ihrer Ausschaltung wird dieses oppositionelle Potenzial erstmal als zerschlagen betrachtet. Das kapieren die führenden Köpfe der Partei nicht, und natürlich ist es auch unmöglich, diesen Kampf zu führen, wenn man selbst derlei Überzeugungen gar nicht teilt und fast schon zufällig in die Rolle des Staatsfeindes gerutscht ist. Es mag einen zur Weißglut treiben, wenn diese Dinge in solchen Gutachten so offenkundig hervortreten und man um die Unfähigkeit bestimmter AfD-Mandatsträger weiß, welche die Tiefe dieses Konflikts gar nicht begreifen und noch immer meinen, es gehe nur um Parlamentspöstchen, die man ihnen streitig machen wolle (das ist nun mal der Horizont eines Parlamentariers, auch in der AfD). Es bleibt aber nichts anderes übrig, als auf diesen systematischen Anschlag auf das deutsche Volk aufmerksam zu machen und nicht müde zu werden, für unser Lebensrecht einzustehen. Das ist die Pflicht eines jeden aufrechten Deutschen – und eigentlich eines jeden verantwortungsbewussten Staatsbürgers.