Von der FPÖ lernen heißt siegen lernen – Die AfD als moderne Rechtspartei
Die AfD in Deutschland ist stark, das haben auch die jüngsten Wahlergebnisse gezeigt. Doch es gibt noch Luft nach oben. Die Partei hat das Potenzial, an die Erfolge der FPÖ anzuknüpfen, meint Martin Vincentz. Wie ihr das gelingen kann, erklärt er in seinem Kommentar für FREILICH.
Ob Corona, Migration oder EU, ob Euro, Ukrainehilfen oder Klima: Es gibt kein wesentliches Politikfeld der vergangenen Jahre, in dem sich nicht zumindest in der Nachbetrachtung der Standpunkt der AfD als der vernünftigste herausgestellt hätte. Während sich die etablierte Politik in Deutschland regelmäßig zwischen zirkulärer Selbstbestätigung und moralischer Selbstveredelung bewegt, sind wir die einzige politische Kraft, die die täglichen Sorgen der Bürger im Blick behält. Die AfD ist somit aus sich heraus zuerst eine Partei der „kleinen Leute“, der ganz normalen Bürger. Wenn durch linke Politik in der Mitte immer mehr Fragen entstehen, müssen die Antworten von rechts kommen – und zwar nicht pseudointellektuell verbrämt, sondern lebensnah, ehrlich und authentisch.
Die AfD muss nicht die zirkuläre Selbstbestätigung der Linken „auf Rechts“ drehen, sie muss unsere richtigen Ansätze und unsere folgerichtige Auffassung an den Bürger bringen. Was es braucht, ist ein straßenfähiger Konservatismus, der nicht dünkelhaft theoretisiert, sondern frei nach dem medizinischen Leitsatz „Wer heilt, der hat recht!“ operiert. Deutschland geht es nämlich deutlich zu schlecht, als dass ehrliche Patrioten sich in theoretisierenden Scheindebatten verlieren könnten. Die AfD hat seit 2016 ein basisdemokratisch beschlossenes Vollprogramm. Immer wieder ergeben sich hieran Änderungen und Erweiterungen. Bundes- und Landesfachausschüsse arbeiten permanent.
Ein bürgernaher Konservatismus ist notwendig
Hinzu kommen kreative Köpfe, die immer wieder Akzente setzen. All das ergibt ein stimmiges Gesamtbild. Wer einfach redet, der sollte trotzdem kompliziert denken können. Die Richtung ist allerdings klar: wirtschaftlich freiheitlich, gesellschaftlich konservativ und all das mit dem „Herz am rechten Fleck“. Wie es schon unser Programm direkt zu Beginn sagt: Der Bürger ist der Souverän, die Politik der Dienstleister – nicht andersherum.
Wer aber kompliziert redet und dahinter mehr oder weniger aufwendig oft ganz einfache Gedanken oder Eigeninteressen versteckt, der hilft nicht der Partei, sondern am Ende ihren Gegnern. Fälle von Glücksrittertum sind in jeder Partei normal, vor allem in neueren, durchlässigen Strukturen. Die FPÖ hat es – auch dank des einfacheren Parteienrechts in Österreich – immer vermocht, sich falscher Propheten zu erwehren. In Deutschland ist das Parteienrecht so aufgebaut, dass es vor allem den etablierten Strukturen zupasskommt und (eingeschleuste oder eigenmotivierte) Hasardeure mit umfangreichen Abwehrrechten ausstattet. Das kann unsere Funktionäre aber nicht aus der Verantwortung entlassen, im Gegenteil. Der Bürger kann von einer mittlerweile elf Jahre alten Partei hier schlichtweg Disziplin und Seriosität verlangen. Die AfD ist Anwalt des Bürgers und nicht Interessenvertretung ihrer Funktionäre.
Kein Platz für Unruhe und Hasardeure
Die ideologische Grundrichtung ist so klar, dass man jeden Parteifreund um 3 Uhr wecken und ihn fragen kann, wofür wir stehen. Die Antwort dürfte immer ungefähr so ausfallen:
Sichere Grenzen, Rückführung illegaler Migranten, sicheres Geld, wirtschaftliche und persönliche Freiheit für die Bürger und die Bewahrung deutscher Identität und Kultur in einem Europa der Vaterländer. Hinzu kommen eine starke Bundeswehr als Verteidigungsarmee, eine funktionsfähige Infrastruktur, sichere Energieversorgung auch mit Kernkraft und klare Verantwortlichkeiten bei der Verwendung deutschen Steuergelds.
Wer nun meint, ein größerer Patriot als alle anderen zu sein, über den Dingen zu stehen oder charakterliche Verfehlungen auf Kosten der Gesamtpartei zu inhaltlichen Debatten framen zu können, bei denen plötzlich alle anderen Mitglieder infrage gestellt werden, der sollte zunächst sich selbst hinterfragen. Der Anspruch, Volkspartei zu sein, bedeutet: unterschiedliche Strömungen in der Partei zuzulassen, deren Ideen miteinander zu harmonisieren und nicht den alleinigen Wahrheitsanspruch für sich zu erheben.
Unruhe, Unprofessionalität und Selbstbeschäftigung über das für eine Partei notwendige Maß hinaus müssen endlich der Vergangenheit angehören. Ob man sich selbst als konservativ, nationalkonservativ, rechts, rechtsliberal oder wie auch immer bezeichnet: Alle Bürger mit ehrlichen Absichten sind willkommen. Wer in der Partei unterwegs ist, der wird schnell feststellen: Die meisten inhaltlichen Differenzen sind aufgebauscht. Lebensschützer sind oft auch Kernkraftbefürworter, Sozialpatrioten sind oft auch wirtschaftlich vernünftig und Freiheitliche wollen zuerst der breiten Mitte der Gesellschaft helfen, nicht den Reichen. Im persönlichen Gespräch schmelzen viele groß anmoderierte Unterschiede schnell dahin und inhaltliche Zielkonflikte entpuppen sich nicht selten als Platzhalter für Personalkämpfe.
Die Partei muss professioneller werden
Die AfD ist stark, wächst rasant und wird im ganzen Land professioneller. Nordrhein-Westfalen muss auf schwierigem Terrain der Vorreiter sein. In aller Bescheidenheit sage ich als Landesvorsitzender, der sich auf ein starkes Team und fleißige Mitglieder stützen kann: Das funktioniert sehr gut, und zwar auch, weil alte Konflikte endlich beigelegt wurden. Jeder Parteifreund, der ehrlich, konstruktiv und guten Willens ist, wird einbezogen. Das ist das zentrale Versprechen meiner Amtsführung.
Mein Anspruch ist, dass wir uns stetig verbessern. Dabei arbeite ich in der Regel „von Spiel zu Spiel“. Bei allem Tagesgeschäft darf man allerdings nie die große Vision aus den Augen verlieren. Die AfD ist kein Selbstzweck, sondern die einzige Partei, die den vollständigen Absturz dieses Landes durch eine katastrophale, linksliberale Politik noch verhindern kann. Wir müssen also in Sachen Verwurzelung, Professionalität und Umfragewerten endlich nachhaltig zur FPÖ aufschließen. Dafür braucht es klare Strukturen, klare Kommunikation und ein gewinnendes Auftreten. Die AfD ist nicht käuflich. Die AfD ist so stark, weil sie unerschrocken kämpft und unbeirrt an die Kraft des besseren Arguments glaubt. Unsere Sache ist ehrlich und unsere Sache ist gerecht – das spüren auch die Wähler. Wenn wir uns also im Weg stehen, dann meistens mit Unprofessionalität und vermeidbaren Ausfällen Einzelner, die unseren Gegnern genau die Angriffsfläche bieten, die sie sonst vergebens suchen würden. Mein Ansatz ist daher, genau diese Angriffsfläche endlich zu minimieren.
Die AfD hat noch viel Potenzial
Inhaltliche Klarheit ist für die AfD überlebenswichtig. Wesentliche Punkte unseres Programms genießen höchste Zustimmungswerte in der Bevölkerung. Es darf also keinerlei Weichspülung geben. Zu keinem Zeitpunkt darf eine weitere Professionalisierung der Partei implizieren, es ginge dabei um eine Verwässerung des Markenkerns AfD. Wie bereits gesagt, ist das Gegenteil der Fall. Wer Volkspartei sein will, der muss glaubwürdig und verlässlich zu seinen Inhalten stehen und darf nicht FDP 2.0 werden. Wer den Anspruch hat, Millionen von Wählern die Schädlichkeit linker Politik klarzumachen, der muss das konservative Gegenmodell konsequent vertreten und dafür den Mut haben – der muss aber auch selbst ausstrahlen, es besser zu können.
Schaut man sich deshalb beispielsweise in Österreich um, kann man konstatieren: Es gibt noch Luft nach oben im Vergleich zu unserem südlichen Nachbarn.
Die AfD hat das Potenzial, an die Erfolge der FPÖ anzuknüpfen und eine starke und zukunftsorientierte, rechte Partei zu werden. Mit klaren ideologischen Positionen, einer klaren, authentischen Kommunikation und einer stetigen Orientierung an den Anliegen und Bedürfnissen der Bürger kann die AfD ihren Anspruch als einzige echte Alternative im deutschen Parteiensystem untermauern. Die Bürger haben nicht irgendeine AfD verdient, sondern die bestmögliche Version von ihr. Menschen, die sich am Arbeitsplatz für uns rechtfertigen müssen, dürfen es nicht aufgrund inkompetenten Personals noch schwieriger haben, als es durch politische Korrektheit und linke Deutungshoheit ohnehin schon ist.
Ich bin der festen Überzeugung, dass uns das gelingen wird. So wie wir uns trotz massivster Bedrohung immer wieder durchsetzen, weil wir als freie Bürger ehrlich eine gerechte Sache vertreten, so wird sich auch innerhalb der Partei am Ende die überwältigende Mehrheit der Gerechten und Ehrlichen durchsetzen.
Zur Person:
Martin Vincentz, Facharzt für Allgemeinmedizin, ist seit 2017 Mitglied des Landtags Nordrhein-Westfalen. Im Februar 2022 übernahm er den Vorsitz der AfD Nordrhein-Westfalen und führt seit Mai 2022 die AfD-Landtagsfraktion an.