„Wir müssen jungen Kärntnern ein Angebot machen“
Im Interview mit FREILICH spricht Erwin Angerer (FPÖ) über sein Ziel bei der kommenden Landtagswahl in Kärnten, was „Kärnten zuerst“ im Zusammenhang mit der Wahl bedeutet und über das Versagen der aktuellen Landesregierung.
FREILICH: Sehr geehrter Herr Angerer, Ihre Partei ist bundesweit in Umfragen im Höhenflug und erreichte zuletzt in NÖ einen Rekord-Zugewinn. Wird sich dieser Aufwärtstrend in Kärnten fortsetzen – und was ist Ihr Wahlziel?
Erwin Angerer: Wir sehen der Landtagswahl optimistisch entgegen. Vor rund einem Jahr haben uns die Umfragen 15 Prozent gegeben. Inzwischen hat sich viel getan, nach Corona plagen die Kärntnerinnen und Kärntner neue Sorgen, die von den derzeit führenden Parteien leider nicht ernst genommen werden. Wir sind überzeugt davon, dass wir die richtigen und nachhaltigen Lösungsansätze für die Probleme in Kärnten haben. Deshalb freuen wir uns über jeden Prozentpunkt, den wir über dem letzten Wahlergebnis liegen, um in Zukunft die Interessen Kärntens noch besser vertreten zu können.
Mit welchen Themenschwerpunkten wollen Sie bei den Kärntnern punkten? Welche wichtigen Baustellen im Land müssen sofort angegangen werden? Was darf der Wähler bei „Kärnten zuerst“ erwarten?
„Kärnten zuerst“ heißt, dass wir die Kärntnerinnen und Kärntner endlich wieder an die erste Stelle setzen wollen. Allem voran muss das Leben in Kärnten wieder sicher und leistbar werden. Dazu gehören einerseits gezielte Maßnahmen gegen die Teuerung, das Aufholen von Versäumnissen im sozialen Wohnbau, die zum Steigen der Wohnkosten beigetragen haben, und andererseits Maßnahmen im Bereich der Asyl- und Sicherheitspolitik. Fakt ist, dass wir in Kärnten rund 350 Polizisten zu wenig haben, gleichzeitig der unkontrollierten, illegalen Migration Tür und Tor öffnen. Dahingehend haben wir einen absoluten Asyl-Stopp gefordert, sowie eine Polizisten-Rückhol-Aktion für Kärntner Polizisten, die aus anderen Bundesländern wieder zurück nachhause kommen möchten.
Große Beachtung muss auch den Anliegen der Jugend geschenkt werden. Ihnen fehlt es zurzeit vielfach an Perspektive und Ausbildungsmöglichkeiten. Diese müssen wir ihnen zurückgeben und sie in diversen Zukunftsbelangen unterstützen. Dazu haben wir unter anderem das Jugendstartgeld, die Gratis-Jugend-Kärnten-Card – um sowohl die Angebote der Kärnten Card als auch die öffentlichen Verkehrsmittel gratis nutzen zu können –, als auch die Lehrabschlussprämie vorgeschlagen.
Corona, Inflation, Energie, Krieg, Klima-Debatte: Ein Krisenszenario jagt das andere, die FPÖ kann für sich beanspruchen, bei all diesen großen Themenkomplexen eine alternative Position als Alleinstellungsmerkmal anzubieten. Wie wirkt sich dies auf die Koalitionsfähigkeit Ihrer Partei aus?
Die Grundwerte der Freiheitlichen Partei begründen sich auf den Prinzipien Freiheit und Selbstbestimmung. Es darf keinerlei Zwangseinschränkungen für die persönliche Freiheit, wie etwa den Corona- oder Impfzwang, mehr geben. Von dieser Position werden wir auch nicht abrücken. Wenn es zu Koalitionsgesprächen kommt, werden mit Sicherheit beide Seiten Kompromisse eingehen müssen, um einen gemeinsamen Nenner zu finden. Wichtig ist nur, dass diese Entscheidungen und Kompromisse zum Wohle Kärntens und der Kärntner Bevölkerung ausfallen.
Als FPÖ-Wirtschaftssprecher im Nationalrat wiesen Sie regelmäßig auf die Übergewinne und Preistreiberei der Energiekonzerne hin. Auch die landesnahe „Kelag“ erhöhte ihre Endkundenpreise empfindlich. Hat SPÖ-Landeshauptmann Kaiser hier auf ganzer Linie versagt?
Ja, denn in diesem Fall haben die SPÖ, LH Peter Kaiser und Konsumentenschutzreferentin LHStv. Gabriele Schaunig die Interessen der Kelag vor jene der Bevölkerung gestellt, indem die Kärntner Landesregierung gemeinsam mit der Kärntner Arbeiterkammer vorhatte, eine Klage zum Nachteil der Kärntner Bevölkerung einzubringen, als es um den Strom-Grundversorgungstarif ging. Erst auf Druck und Beharren der FPÖ machte die Kelag den Grundversorgungstarif allen Kärntner Bürgern und den Kleinunternehmen zugänglich, denen dieser gemäß den gesetzlichen Bestimmungen aber schon immer zustand.
Kärnten ist ein vergleichsweise strukturschwaches Bundesland mit hohen Arbeitslosenzahlen und viel Wegzug von jungen Menschen. Sie haben berufliche Erfahrung in der freien Wirtschaft: Wie kann der Wirtschaftsstandort Kärnten für kommende Generationen zukunftsfit gemacht werden?
Die Binnenwanderung ist das größte Problem. Um dieser Abwanderung in andere Bundesländer entgegenzuwirken, müssen wir dafür sorgen, dass es für unsere jungen Kärntner, die in Graz oder Wien studieren, ein ansprechendes Angebot und einen Anreiz gibt, um nach dem Studium wieder nach Kärnten zurückzukommen. Deshalb brauchen wir einen attraktiven Lebensraum, der die Nachfrage im Hinblick auf Arbeitsplätze, Wohnraum und die Möglichkeit, sich in Kärnten ein Standbein aufzubauen, abdeckt. Dazu gehören auch Bildungsangebote, wie beispielsweise die von den Freiheitlichen seit langem geforderte Medizin-Universität, um dem Ärztemangel zu begegnen. Zusätzlich haben wir ein Ärzte-Willkommenspaket vorgeschlagen, um Ärzte nach Kärnten zu holen (23 Prozent der Ärzte wollen weg aus Wien).
Anlehnend an diesen Ansatz, könnte man überlegen, jungen Kärntnern, die in Wien oder Graz studieren, ebenfalls einen Anreiz zu bieten und damit gezielt das „Zurückkommen“ zu fördern. Dafür müssen ihnen aber auch Voraussetzungen und Möglichkeiten geschaffen werden, wie etwa Impulszentren, Co-Working-Space sowie optimale Kinderbetreuungsangebote. Die Ganztages- und Kleinkindbetreuung gehört hierzu ausgebaut und muss in den Betreuungszeiten flexibel gestaltet werden. Um eine echte Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung zu gewährleisten, sollen Eltern, die ihre Kinder bis zum vollendeten fünften Lebensjahr zuhause betreuen möchten, eine finanzielle Unterstützung in Form eines Familien-Schecks erhalten.
Wichtig wäre es auch, die Berufsschulstandorte in den ländlichen Regionen zu erhalten, anstatt sie in den Ballungszentren zu zentralisieren. Damit und mit der von uns vorgeschlagenen Lehrabschlussprämie könnte die Lehre eine wesentliche Aufwertung erfahren. Die Lehrabschlussprämie in Höhe von 10.000 Euro soll jeder Lehrling nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung erhalten – 5.000 Euro in bar (um zum Beispiel Kosten des Führerscheins zu decken) und 5.000 Euro als Bildungsscheck zur persönlichen Weiterbildung.
Kärnten war über Jahre ein blaues Kernland, zeitweise stellte man den Landeshauptmann, ehe das ganze „dritte Lager“ von diversen Ungereimtheiten dieser Ära eingeholt wurde. Wie schwierig ist es, den Kärntner zu vermitteln, dass die FPÖ eine Alternative zum System und kein Teil desselben ist?
Gerade in den letzten Jahren, in denen uns die Regierungsparteien von einer Krise in die nächste geführt haben, hat sich sehr deutlich gezeigt, wer an der Seite der Bürger steht, ihre Sorgen und Ängste ernst nimmt und sich für sie einsetzt. Dies war weder die ÖVP, die selbst im Korruptionssumpf versinkt, noch die Grünen, die mit ihrer verantwortungslosen und ohne Hausverstand agierenden Umwelt- und Energiepolitik unserer Wirtschaft und unserem Wohlstand massiv geschadet haben, oder die SPÖ, die sich bei allen fatalen bundespolitischen Entscheidungen an die Fersen von ÖVP und Grünen geheftet hat. Auch in Kärnten war die SPÖ unter Landeshauptmann Peter Kaiser maßgeblich an der Einführung der Impfpflicht beteiligt und auch das Vorhaben von Kaiser, die Spaltung der Gesellschaft weiter voranzutreiben, indem man Geimpfte mit gelben Armbändern markiert, um sie so von ungeimpften Personen zu unterscheiden, wird ihm wohl einen unrühmlichen Platz in der Kärntner Geschichtsschreibung einbringen.
Auch dass die SPÖ in Kärnten statt sich mit der Teuerung, der Asylfrage oder den Problemen im Gesundheitsbereich zu beschäftigen, lieber ein Gender-Wörterbuch herausbringt, in dem Begriffe wie Vater und Mutter, Bauer oder Polizist ersetzt werden, spricht für sich. Indem wir all diese Missstände aufgezeigt haben und dagegen aufgestanden sind – sowohl im Nationalrat in Wien als auch im Landtag in Kärnten – haben wir bereits bewiesen, dass wir die einzige Alternative zur aktuellen Kärntner Landesregierung sind. Alle anderen Splitterparteien sind nur in Kärnten vertreten, sie haben keine Stimme und keine Vertretung in Wien und damit bei wichtigen bundespolitischen Entscheidungen, die auch Kärnten betreffen, nichts zu sagen.
Sie haben bereits angekündigt, nach der Landtagswahl vom Nationalrat in den Landtag wechseln zu wollen. Sollte die FPÖ in einer Position für Regierungsverhandlungen sein: Könnten wir Sie auch als Landesrat sehen – und welches Ressort würde Sie besonders reizen?
In welcher Funktion auch immer ich nach der Wahl tätig sein werde, es geht uns nicht um Posten, sondern darum, dass freiheitliche Politik in Kärnten wieder Einzug hält und umgesetzt wird. Wir brauchen mehr soziale und weniger sozialistische Politik, und damit keinesfalls eine linke Mehrheit in Kärnten, das heißt weder eine absolute Mehrheit der SPÖ noch eine rot-grüne Mehrheit. Die SPÖ lässt sich heute für Projekte feiern, die sie damals, als Jörg Haider sie umsetzen wollte, kritisiert haben, wie man am Beispiel der Koralmbahn sieht. Wir wollen wieder aufleben lassen, was Haider uns vorgelebt hat: eine Politik mit Herz, Hirn und Hausverstand, eine Politik für die Menschen im Land und nicht gegen sie.
Herr Angerer, vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person:
Erwin Angerer, geboren in Mühldorf in Kärnten, ist gelernter Techniker, verheiratet und zweifacher Familienvater. Seit 2003 ist er Bürgermeister seiner Heimatgemeinde und seit 2017 im Nationalrat vertreten. Vor zwei Jahren wurde Angerer zum Landesparteiobmann der FPÖ Kärnten gewählt.