Zoff bei der AfD Brandenburg: Ist die Landtagswahl in Gefahr?
Deutschland steht vor einem Superwahljahr. In drei mitteldeutschen Ländern werden neue Landtage gewählt. In Brandenburg mehren sich jedoch die Stimmen, die den Einzug in den Landtag und sogar die Teilnahme an der Wahl gefährdet sehen. Vor allem der Landesvorstand um die Landesvorsitzende Birgit Bessin steht in der Kritik.
Am 22. September sind nach fünf Jahren wieder bis zu zwei Millionen wahlberechtigte Brandenburger aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen. Während einige Parteien angesichts der aktuellen Umfragewerte nur ungern an diesen Termin denken, dürften sich andere Akteure entspannt zurücklehnen. Dies dürfte vor allem für die AfD gelten: Lag diese 2019 noch bei 23,5 Prozent, könnte sie in diesem Herbst stärkste Kraft jenseits der psychologisch wichtigen 30-Prozent-Marke werden. Jüngste Umfragen trauen der AfD zwischen Elbe und Oder rund 32 Prozent zu – Rekordwerte für den dortigen Landesverband um die Frontfrau und Landtagsabgeordnete Birgit Bessin. Kein Grund für Kritik oder schlechte Laune, könnte man meinen.
Doch der Schein trügt. In internen Nachrichten wird eine Spaltung deutlich, die sich vor allem zwischen den Kreisverbänden und dem Landesvorstand um Bessin aufgetan hat. Eine aktuelle Nachricht an alle Mitglieder, die von zwei Kreisvorständen unterzeichnet ist, kritisiert vor allem mögliche Pläne des Landesvorstandes, die Aufstellungsversammlung – also den Termin, an dem die Listenkandidaten für die Landtagswahl gewählt werden – auf Mitte April zu verschieben. Nach öffentlichen Informationen will sich die Brandenburger AfD an zwei Wochenenden im Februar treffen, diese Termine wurden bereits im offiziellen Newsletter des Landesverbandes verbreitet. Diese sollen nun um zwei Monate verschoben werden, befürchten die angesprochenen Kritiker.
Wird die AfD ohne Liste antreten?
Diese mögliche plötzliche Verschiebung, die laut einem internen Dossier bereits seit November in Vorstandssitzungen diskutiert, aber immer wieder abgelehnt wurde, sei nicht vertretbar, heißt es in der E-Mail. Die Mitglieder hätten sich bereits auf den Termin im Februar vorbereitet: Auf die Ankündigung des Termins „haben sich die Kreisverbände, sowie die Mitglieder eingestellt und Termine verschoben, Kinderbetreuung organisiert, Schichten getauscht und teure Hotelzimmer gebucht“. Eine Verschiebung könne auch finanzielle Kosten verursachen: „Letzte sind teils nicht mehr ohne Stornierungsgebühren oder Vertragsstrafen kündbar, womit der Partei und den Mitgliedern ein Schaden entsteht.“
Die Vorwürfe gehen aber noch weiter: Man sei sich nicht sicher, ob der Vorstand überhaupt Interesse an einer tatsächlichen Durchführung der Versammlung hätte. So heißt es in der E-Mail: „Darüber hinaus ist derzeit nicht zu erkennen, dass seitens des Landesvorstands eine reguläre und satzungsgemäße Neuwahl des Landesvorstandes, sowie die Wahl der Delegierten für den Bundesparteitag im April angestrebt werden.“ Als Reaktion hat man zu einer Telefonkonferenz der Kreisvorsitzenden geladen.
Schlimme Konsequenzen drohen
Gegenüber FREILICH bestätigen AfD-Mitglieder aus Brandenburg die Authentizität der Nachricht. Eine Presseanfrage an den Landesvorstand blieb bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet. Einige Parteimitglieder wirkten verärgert und kritisierten den amtierenden Landesvorstand gegenüber FREILICH scharf: „Wenn das so weitergeht, haben wir in Brandenburg keine Landesliste, kein Landtagswahlprogramm, keinen funktionierenden Landesvorstand, geschweige denn Bundesparteitagsdelegierte“. Das Problem: Da die Wahl, wie bereits erwähnt, bereits im September stattfindet, endet die Frist für die Einreichung der AfD-Liste im Sommer. Die Befürchtung: Eine Verschiebung der Aufstellungsversammlung in den April oder gar spätere Monate könnte zu Termindruck führen – im schlimmsten Fall könnte man gar keine Liste mehr wählen oder diese zu spät einreichen. Aus diesen Gründen wollte man die Liste so früh wie möglich wählen.
Obwohl die AfD bei den direkt gewählten Kandidaten durchaus dominieren könnte und hier viele Wahlkreise gewonnen werden könnten, sei eine Landesliste für die kommenden Landtagswahlen dennoch nicht zu verachten. Aus der brandenburgischen Mitgliedschaft ist zu hören, dass man von einer 50-50-Verteilung ausgeht – also 50 Prozent über Direktmandate, 50 Prozent über die Liste. Eine fehlende Liste könnte also zu einer deutlich kleineren Fraktion im neuen Landtag führen.
AfD-Mitglieder aus Brandenburg haben gegenüber FREILICH den Konflikt um die Aufstellungsversammlung mit einem kleinen Lagerkampf in Verbindung gebracht. Eine Gruppe um die Landtagsabgeordnete und Landesvorsitzende Bessin versuche demnach, die Neuwahl des Landesvorstandes und die Aufstellungsversammlung für die Landtagswahl zu verzögern, um mehr Zeit für die Sammlung und Organisation der eigenen Kräfte zu haben. Ein weiterer Streit, wie er in der AfD häufig vorkommt – aber großen Schaden anrichten kann.