Alain de Benoist, französischer Philosoph und Publizist, zeigt in diesem geistesgeschichtlich fundierten Werk, daß die Pathologien und Verfallserscheinungen der modernen Welt ihre tieferen Wurzeln in der christlichen Theologie haben. Jahrtausendelang haben die Menschen in Europa „heidnische“ Religionen ausgeübt, die zahlreichen Kulturen spirituellen Halt gaben. Die Vielfalt des ursprünglichen Heidentums, der Glaubensüberzeugungen und Götterverehrungen prägten unsere Ahnen und deren Lebensweise. Erst mit dem Einbrechen des Christentums in den europäischen Kulturenreichtum erlebten die Völker Europas den zerstörerischen Furor einer monotheistischen Religion aus einem kulturfremden Raum. Bis in die Gegenwart hinein wurzeln alle totalitären Ideologien, die nur eine Wahrheit gelten lassen und alle anderen Lebensanschauungen verwerfen, in diesem biblisch-christlichen Denken. Der Autor versteht ein modernes Heidentum als umfassenden geistigen Gegenentwurf, der die Suche nach dem Göttlichen, Heiligen und Schönen als lebensbejahendes paganistisches Prinzip wieder ermöglicht.
Es gibt bereits deutliche Anzeichen, daß Europa nach einer Zeit der Entfremdung nun wieder zu sich selbst findet, nicht zum alten Heidentum der Vorzeit, sondern zu einer toleranten, pluralistischen, naturhaften und kosmischen, diesseitsbezogenen Anschauung, die die Verschiedenheit der Menschen, Völker und Kulturen betont und achtet.
Aus dem Vorwort von Alain de Benoist:
Worüber denken Botticellis und Caspar David Friedrichs Gestalten nach? Welches Gegenwärtig-Vergangene wollen sie betrachten? Ahnen sie die Ankunft von Göttern voraus angesichts einer Welt, die sie umgibt und sie mit ihrer eigenen Unvollkommenheit verbindet? Welchem Jenseitigen werden sie die Kulisse abgeben?
Solche Fragen sind meines Erachtens eng mit der Frage verbunden, wie man heute ein Heide sein kann. Ihre Beantwortung ist die Aufgabe dieses Buches.
Besaß der Begriff Heidentum (Paganismus) vor kurzem noch abwertenden Charakter, so gehört er nunmehr ohne Zweifel zur Umgangssprache. Welchen Bedeutungsinhalt hat also dieser Begriff? Was vermag er dem Menschen unserer Zeit mitzuteilen? Wie kann er überhaupt aufgefaßt werden? Dementsprechend: Worauf gründet dieses Heidentum sowohl seine Kritik an dem biblischen Denken – dem eigentlichen Ausgangspunkt des Christentums – als auch seine Ablehnung desselben? Was bedeuten schließlich den Erben unserer Kultur jene beiden gleichzeitig einsetzenden Erscheinungen, nämlich der Zusammensturz der geoffenbarten Hochreligionen sowie das erneute, unaufhaltsame Erstarken des Heiligen?
Solchen geschichts- und schicksalsbestimmenden Fragen darf nicht mit Gleichgültigkeit begegnet werden. Es handelt sich hierbei tatsächlich um Schicksal und Bestimmung, um das Wissen darum, wozu wir uns bestimmen; auch um das Wissen darum, ob wir überhaupt noch gewillt sind, uns zu etwas zu bestimmen. Diese Fragen stellte ich mir selbst in der vorliegenden Abhandlung, die in erster Linie eine persönliche Betrachtung sein soll, genauer gesagt: der Erkenntnisstand einer Betrachtung über einen Stoff, der mir ans Herz gewachsen ist, bezüglich dessen meine Ansichten herangereift sind und – hoffentlich – eine weitere Entwicklung erfahren werden.