Remigration: Die 5 teuersten Abschiebungen der letzten Jahre
Wer in Deutschland keine Aufenthaltsgenehmigung erhält, muss das Land verlassen – so die Theorie. Doch gerade die Ansprüche, die der Staat an sich selbst stellt, treiben die Kosten für die Rückführung illegaler Migranten gern auch in astronomische Höhen. Andreas Weber stellt für FREILICH die fünf teuersten Abschiebungen der jüngsten Vergangenheit vor.
Das erste Beispiel dafür, wie teuer Abschiebungen werden können, ist die Abschiebung von insgesamt neun Tunesiern am 28. Mai 2016. Diese ist im Vergleich zu den folgenden Beispielen noch die günstigste. Sie kostete nach Angaben der Bundesregierung Merkel im Zuge der Beantwortung einer Anfrage der Linksfraktion allein für das „Fluggerät“ 60.530 Euro.
Welche weiteren Kosten, z.B. durch die mitfliegenden Bundesbeamten, angefallen sein könnten, ist unklar. Die meisten Abschiebungen erfolgen mit speziellen Abschiebeflügen in das Herkunftsland oder in bestimmte EU-Länder nach der Dublin-Verordnung. Kommen zu dem ohnehin aufwendigen Verfahren noch besondere Sicherheitsmaßnahmen hinzu, sind Kosten im fünf- bis sechsstelligen Bereich keine Seltenheit.
Teures „Fluggerät“
Ebenfalls durch eine Anfrage an die Bundesregierung bekannt wurde der Fall zweier Armenier, die am 24. September 2015 abgeschoben wurden. Hier beliefen sich die Kosten für das „Fluggerät“ auf knapp 120.000 €. Die beiden Personen wurden von insgesamt 13 Beamten begleitet, die Kosten für deren Transport und die Gesamtkosten sind nicht bekannt. Eine am Vortag geplante Abschiebung von Frankfurt (Main) nach Pakistan scheiterte hingegen.
Auch dies geht aus amtlichen Dokumenten hervor, die unter der Rubrik „Rückzuführende“ eine Null aufweisen. Ohne nähere Angaben heißt es dort, der Abzuschiebende sei bei der Ankunft „abgelehnt“ worden. Was der Hin- und Rückflug des Südostasiaten und der ihn begleitenden Beamten den deutschen Steuerzahler gekostet hat, ist nicht bekannt. Es dürfte sich aber um ähnliche Summen handeln wie bei der Abschiebung nach Tunesien.
Es gibt schlechtere Wege zu reisen
Bei zwei Personen aus der Elfenbeinküste, einem 26-Jährigen und einem 29-Jährigen, die 2019 vom Flughafen Düsseldorf aus abgeschoben wurden, mussten die Behörden auf ein besonderes Transportmittel zurückgreifen. Der 26-Jährige sollte bereits mit einem Linienflug in seine Heimat gebracht werden, randalierte aber an Bord der Maschine derart, dass die Beamten mit ihm umkehren mussten.
Um eine Gefährdung anderer Passagiere auszuschließen, wurde beim zweiten Versuch ein Privatjet eingesetzt. An Bord befanden sich weitere Bundesbeamte, Ärzte und ein Dolmetscher. Später entschied man sich, den 29-jährigen Landsmann mit dieser Maschine zu transportieren. Vielleicht hat der Staat dadurch noch ein wenig Geld gespart, denn für den zusätzlichen Aufwand waren für die beiden Abschiebungen bereits Kosten von rund 139.000 € entstanden.
Ohne Pass über den Wolken
Die teuerste Abschiebung in dieser Auflistung datiert vom August 2021. Hier musste ein Mann aus Simbabwe per „Kleincharter“ in sein Heimatland zurückgebracht werden. Dieser wurde zunächst (ohne Pass) von einer nicht näher benannten Fluggesellschaft nach Deutschland gebracht. Anschließend wurde versucht, den Mann mit einem Linienflug in sein Heimatland zurückzubringen. Dies scheiterte jedoch an „Widerstandshandlungen“ des Mannes. Der im August angeforderte „Kleincharter“ brachte den Mann schließlich in Begleitung von vier Bundespolizisten in sein Heimatland zurück.
Die Kosten dieser Maßnahme belaufen sich laut einer Anfrage an die Bundesregierung auf 198.775 €. Die Rechnung, so eine Polizeisprecherin, sei an die Fluggesellschaft gestellt worden, die auch ursprünglich für die Einreise des Mannes verantwortlich gewesen sei. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Fluggesellschaften vom deutschen Staat für die Nutzung ihrer Flugzeuge und Startbahnen hohe Geldbeträge verlangen. Im Jahr 2021 beliefen sich die Kosten für Abschiebungen auf dem Luftweg auf rund 21 Millionen Euro.
Eine Nacht-und-Nebel-Aktion
Aber auch ohne die Nennung konkreter Geldbeträge lassen sich der Aufwand und die finanziellen Kosten von aufwändigen Abschiebungen abschätzen. In einem Fall bewegen sie sich zumindest in der Größenordnung der bisherigen Beispiele. Es handelt sich um die Abschiebung von Abdallah Abou-Chaker, Mitglied und mutmaßlicher Clanchef des berüchtigten Abou-Chaker-Clans in Berlin – ein mehrfach wegen Zuhälterei, räuberischer Erpressung und Drogenhandels verurteilter Straftäter. Abou-Chaker wurde am 14. November 2022 abgeschoben. In einer Nacht- und Nebelaktion der Polizei nahmen GSG-9-Beamte den Clanchef an diesem Tag im Berliner Stadtteil Charlottenburg fest. Anschließend wurde er in einem Auto zu einem Hubschrauber gebracht, der ihn an einen Ort außerhalb Berlins flog, wo bereits ein Privatjet auf ihn wartete. Mit Abdallah Abou-Chaker an Bord ging es von Deutschland in den Libanon.
Bereits kurz nach seiner Ankunft hatte Abou-Chaker angekündigt, nach Deutschland zurückzukehren. So schrieb er auf Instagram: „Habibi, Inschallah, bald bin ich wieder da.“ Dies ist grundsätzlich möglich, da er laut Gerichtsbeschluss nur für zwei Jahre nicht nach Deutschland einreisen darf. Diese Frist läuft in wenigen Monaten ab und es ist gut möglich, dass bald über die Rückkehr des eigentlich abgeschobenen Abou-Chaker berichtet wird. Der Fall erinnert an die Abschiebung von Ibrahim Miri, ebenfalls Clanchef, der im Juli 2019 ebenfalls in den Libanon abgeschoben wurde und nur wenige Monate später wieder in Deutschland auftauchte. Miri hatte sich einen Pass besorgt und war heimlich über Syrien in die Türkei und von dort nach Deutschland eingereist, um einen Asylantrag zu stellen, wie sein Anwalt damals schrieb. Abdallah Abou-Chaker hingegen hält sich noch auf Distanz zur Bundesrepublik – wie lange, bleibt offen.