Türkei: Rechter Parteichef wegen Erdoğan-Kritik verhaftet
Der Chef der türkischen Zafer-Partei, Ümit Özdağ, ist nach Äußerungen über Präsident Erdoğan festgenommen worden. Opposition und Zafer-Partei sprechen von politischer Verfolgung. Das Auswärtige Amt zeigt sich besorgt.
Ankara/Berlin. – Der Vorsitzende der rechten Zafer-Partei, Ümit Özdağ, wurde am 20. Jänner 2025 in einem Restaurant in Ankara festgenommen. Laut der Nachrichtenagentur Anadolu wurde er auf Anordnung der Istanbuler Staatsanwaltschaft in Gewahrsam genommen und nach Istanbul gebracht, um dort eine Aussage zu machen. Die Ermittlungen gegen ihn stehen im Zusammenhang mit Äußerungen, die er am 18. Jänner auf einer Parteiveranstaltung in Antalya gemacht hatte.
Laut regierungsnahen Medien soll Özdağ gesagt haben, dass in den letzten tausend Jahren kein Kreuzzug dem türkischen Staat und Volk so sehr geschadet habe wie Präsident Recep Tayyip Erdoğan und seine Partei AKP. Unter Erdoğan hätten viele Menschen ihre religiöse Bindung verloren. Außerdem habe Özdağ gegen Flüchtlinge im Land gehetzt.
Vorwurf der politisch motivierten Verfolgung
Die Zafer-Partei reagierte empört auf die Verhaftung ihres Vorsitzenden. Auf der Plattform X erklärte die Partei, Özdağ habe die Nacht unter unangemessenen Bedingungen in Polizeigewahrsam verbracht und keinen Zugang zu seinen Anwälten gehabt. Die Partei bezeichnete das Vorgehen als Versuch, „uns in unserem gerechten Kampf zum Schweigen zu bringen“ und zog Parallelen zum berüchtigten „Ergenekon-Prozess“. „Unsere gesamte Organisation wird standhaft bleiben, bis unser Vorsitzender freigelassen wird“, erklärte die Partei.
Opposition übt Kritik an Verhaftung
Politiker anderer Parteien kritisierten die Verhaftung scharf. Özgür Özel, Vorsitzender der Oppositionspartei CHP, bezeichnete das Vorgehen als Versuch, Oppositionspolitiker zu diskreditieren. „Ihn in einem Restaurant, in dem er zu Abend aß, in Gewahrsam zu nehmen, anstatt ihn zu einer Zeugenaussage vorzuladen, ist die Fortsetzung der Versuche, Oppositionspolitiker zu diskreditieren“, sagte Özel.
Auch Ekrem İmamoğlu, Bürgermeister von Istanbul und prominenter Rivale Erdoğans, kritisierte die Ermittlungen gegen Özdağ. „Es ist nicht akzeptabel, dass gegen Herrn Ümit Özdağ wegen seiner Rede ermittelt wurde und er schnell inhaftiert wurde. Die Politik ist da, um zu reden und zu kritisieren, und in Demokratien findet die politische Abrechnung an den Wahlurnen statt. Die Justiz darf kein Apparat der Politik sein“, so İmamoğlu.
Auswärtiges Amt zeigt sich besorgt
Auch das Auswärtige Amt in Berlin hat sich gegenüber FREILICH zu dem Fall geäußert. Nach Kenntnis der Behörde werde gegen Özdağ wegen Präsidentenbeleidigung und Volksverhetzung ermittelt. Die Behörde bestätigte seine Verhaftung am 20. Jänner, teilte aber mit, dass ihr keine weiteren Informationen zu den Vorwürfen vorlägen. Grundsätzlich betonte das Auswärtige Amt, dass die Menschenrechtslage in der Türkei besorgniserregend sei. „Die türkischen Behörden tragen für die Einhaltung der rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsätze Verantwortung, zu denen sich die Türkei international verpflichtet hat“, hieß es.