Infotafeln für „historisch belastete Straßennamen“ in Graz kommen
Das Projekt ist auf eine Dauer von zehn Jahren ausgerichtet und wird mit 1,3 Millionen Euro zu Buche schlagen.
Graz. Die Stadt Graz entschied sich im Streit um die „historisch belasteten Straßennamen“ für Zusatztafeln, die über die Namensgeber aufkären sollen (Die Tagesstimme berichtete). In den kommenden zehn Jahren sollen in allen 732 Grazer Straßen, die nach Personen benannt worden sind, Infotafeln zu den Namensgebern aufgestellt werden. Die Texte kommen dabei vom Kulturamt der Stadt Graz.
82 „kritische“ Straßennamen
Zuvor hatte eine Historikerkommission knapp vier Jahre lang 1.630 Verkehrsflächen der Landeshauptstadt historisch geprüft. Insgesamt 793 davon sind personenbezogen, 86 „unverdächtig“. Die verbliebenen 707 wurden geprüft, wobei 625 keine historisch kritischen Ansätze aufweisen. Im mehr als 1.000 Seiten umfassenden Abschlussbericht werden aber 82 Straßennamen als kritisch zu bewertende Namen aufgelistet, 20 seien „höchst bedenklich“.
Der Start für das Projekt, das die Stadt insgesamt 1,3 Millionen Euro kosten wird, soll noch heuer folgen. Im ersten Schritt werden zuerst die 82 historisch bedenklichen Namen durch Zusatztafeln in den jeweiligen Straßen erklärt, nach und nach sollen bis 2028 dann alle weiteren Namensgeber und ihre Leistungen vor den Vorhang geholt werden.
Nagl: „Das ist eine Wissensprojekt“
Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) betonte, dass man sich dadurch „unserer historischen Verantwortung“ stelle, indem „belastete Straßennamen im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Hintergrund klar“ aufgezeigt würden. „Wir tun aber auch etwas für die Bildung von SchülerInnen, BewohnerInnen und Gästen unserer Stadt: Alle können durch die Zusatztafeln, die am Beginn und Ende jeder längeren Straße und einmal in kurzen Gässchen angebracht werden, erkennen, welche historische Persönlichkeit durch die jeweilige Benennung geehrt wird. Das ist ein Wissensprojekt, von dem alle Beteiligten nur profitieren“, so Nagl.
Auch FPÖ-Klubobmann Armin Sippel meinte, dass die Zusatztafeln zu allen personenbezogenen Straßennamen ein „Erklärungsmodell“ sei, „das dem interessierten Beobachter eine Anleitung zur Geschichte der Stadt Graz“ gebe. „So etwas begrüßen wir als FPÖ immer“. Man lehne aber die „Arroganz der Gegenwart“ ab, die sich anmaße, „Personen der Vergangenheit aus heutiger Sicht zu beurteilen“.
Zusatztafeln auch in Innsbruck und Wien
Auch in Innsbruck entschied man sich damals für diesen Schritt. Dort wurden bei historisch belasteten Straßennahmen bereits vor Jahren erklärende Zusatztafeln installiert, um an den historischen Kontext der Benennung zu erinnern. In Wien wurden in den letzten Jahren ebenfalls Zusatztafeln an verschiedenen Straßennamen angebracht. Allerdings kam es in der österreichischen Hauptstadt auch zu Umbenennungen von Straßen und Plätzen.
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