Einzigartiges Heiligtum bezeugt antike Kulturkontakte in Osttirol
Archäologen der Universität Innsbruck gruben in einem Waldstück bei Lienz ein historisches Heiligtum aus – die Kultstätte ist nicht nur wegen des Reichtums an Fundmaterial eine Besonderheit.
Erste Entdeckungen auf dem Gelände machte der Leisacher Hobbyarchäologe Josef Kalser. Nachdem er seine Funde dem Bundesdenkmalamt und der Innsbrucker Uni meldete, liefen professionelle Grabungen an. Am Frauenkloster-Bühel fanden die Forscher dann neben Überresten einer etwa 100 Meter langen Mauer hunderte Götterfiguren-Statuetten sowie Material, welches an Kampfhandlungen erinnert. Die Fundamente des eigentlichen Tempelbaus lassen dabei auf eine Holzkonstruktion schließen.
Hinweise auf Kampfhandlungen
Die antike Wallfahrtsstätte datiert nach Erkenntnissen der Innsbrucker Altertumswissenschaftler auf vorrömische Zeit – überdauerte allerdings die römische Eroberung im Jahre 16 vor Christus. Da die Übernahme der Provinz Noricum bislang weitestgehend als friedlich galt, überrascht der Fund durch Artilleriespitzen sowie römischen Schuhnägeln. Offenbar trafen die Eroberer bei ihrer Einnahme des Heiligtums auf erbitterten Widerstand der heimischen Bevölkerung.
Funde aus vorrömischer und römischer Zeit
Dass die Ankunft der Römer allerdings die Bedeutung der Kultstätte nicht beschnitt, zeigt die Natur der gefundenen Gottheiten. Obwohl man davon ausgeht, dass die Blütezeit des Heiligtums im Jahrhundert vor der römischen Eroberung in der späten La-Tène-Zeit stattfand, konnten die Forscher in einigen Götterbildern zweifelsfrei Abbilder römischer Götter erkennen. Der Bestand der gefundenen Votivfiguren einer Zinn-Blei-Legierung deckt weite Teile des bekannten antiken Götterhimmels ab. Einige Figuren dürften ältere, heimische Gottheiten darstellen.
Einzigartiges Heiligtum belegt antike Kulturkontakte
Die Grabungen halten noch bis Anfang August an, zum Zweck der Erhaltung nicht gehobener Funde und Strukturen wird die Ausgrabung anschließend wieder zugeschüttet. Grabungsleiter Gerhard Grabherr unterstrich indes die Einzigartigkeit der Fundstätte. Insbesondere geben die Grabungen einen Aufschluss auf die vielschichtigen Kulturkontakte im Alpenraum. Die Grabungsstätte beweist Grabherr zufolge ein Zusammenspiel aus Anpassung an die neue Herrschaft bei gleichzeitiger Beibehaltung althergebrachter Traditionen.