Blaues Waterloo: Diese fünf Lektionen muss die FPÖ unbedingt lernen!

Katerstimmung bei den Freiheitlichen: Am Ende einer Pech-, Pleiten-, und Pannenserie steht ein Fiasko am Wahltag. Will die FPÖ ähnliche Ohrfeigen in Zukunft vermeiden, muss sie Grundsätzliches beherzen.
Julian Schernthaner
Kommentar von
30.9.2019
/
3 Minuten Lesezeit
Blaues Waterloo: Diese fünf Lektionen muss die FPÖ unbedingt lernen!

Bild: Norbert Hofer auf einem der aktuellen Plakate zur Nationalratswahl 2019 / Bild: Die Tagesstimme

Katerstimmung bei den Freiheitlichen: Am Ende einer Pech-, Pleiten-, und Pannenserie steht ein Fiasko am Wahltag. Will die FPÖ ähnliche Ohrfeigen in Zukunft vermeiden, muss sie Grundsätzliches beherzen.

Kommentar von Julian Schernthaner.

Noch im Mai prophezeiten alle Experten, einschließlich abwartend gesonnener, der beliebten türkis-blauen Regierung eine Halbwertzeit von zehn Jahren – zehn Tage später war sie dann Geschichte. Einen schmutzigen Wahlkampf mit Ibiza-Nachwehen, diversen Kampagnen gegen Stammpersonal und zuletzt einem zur Unzeit vom Stapel gelassenen Spesenskandal später verliert die Partei je eine Viertel Million Wähler an den einstigen Koalitionspartner sowie ins Nichtwählerlager – eine hausgemachte Wahlschlappe.

Erstens: Klares Profil muss erkennbar sein

Prinzipiell ist die Strategie mit einer Doppelspitze ja keine schlechte: Ein Mann, der die Stammwählerschaft mit klaren Ansagen versorgt – und einer, der versucht, breitere Bevölkerungsschichten anzusprechen. Allerdings ist sie ebenso riskant: Im schlimmsten Fall spricht man außerhalb der Kernwählerschaft niemanden an und ein Teil derselben bleibt mangels inhaltlicher Deutlichkeit zuhause. Dieser schlimmste Fall ist eingetreten, Hofer und Kickl befanden sich beide im Zweifrontenkrieg.

Letzten Endes hapert es daran, dass mit Kurz ein weiterer Wahlwerber antrat, der mit Errungenschaften der vergangenen Koalition prahlen konnte. Wer Kurz will, wird Kurz wählen – nicht Hofer. Die Beliebtheit des strengen „Law & Order“-Kurses von Kickl konnte ihre Wirkung nicht entfalten. Bei Weltanschauungsparteien wie den Freiheitlichen punkten aber häufig gerade diese Maximalforderungen und Angriffigkeit am meisten. Die polternden Straches und Haiders machten die Partei groß – unter den netten Stegers und Haupts stagnierte sie hingegen.

Zweitens: FPÖ muss sich inhaltlich breiter aufstellen

Gleichzeitig deutet die teilweise Zurückdrängung und Übernahme ebendieser Kernagenden durch die Kurz-ÖVP an, dass sich die Partei tatsächlich auch inhaltlich breiter aufstellen muss. Denn spätestens wenn auch die SPÖ die Zeichen der Zeit erkennt und sich ein Beispiel an ihren dänischen Kollegen nimmt und den „rechten“ Parteiflügel eine Mischung aus solidarischer Sozialpolitik und restriktiver Migrationspolitik verlautbaren lässt, brennt beim freiheitlichen Wählerpotenzial der Hut.

Denn die Arbeiterschaft ist derzeit noch das treueste Klientel, auch diesmal wählten 48 Prozent von ihnen „Blau“. Grund ist, dass sich die FPÖ lange recht glaubwürdig als „soziale Heimatpartei“ positionieren konnte. Davon war bis auf den originär türkisen Familienbonus in der Regierung leider wenig zu sehen. Dasselbe gilt für ökologische Fragen: Hier müssen Patrioten ein urkonservatives Kernthema mit eigenen Konzepten und Argumenten zurückgewinnen, anstatt sich von Grünen und deren Spin durch die Arena treiben zu lassen.

Drittens: Partei muss glaubwürdig bleiben

Gerade vor dem Hintergrund, eine Partei des „kleinen Mannes“ sein zu wollen, muss sie außerdem nicht bloß behaupten, es besser machen zu wollen als die anderen. Sie muss auch tatsächlich mit bestem Beispiel vorangehen. Völlig egal, ob die Abrechnungen des Ex-Parteichefs nun stimmen oder nicht: Man kann Spesenabrechnungen um monatlich 42.000 Euro – mehr als das Jahresgehalt eines Arbeiters – niemandem auch nur ansatzweise glaubwürdig vermitteln.

Ebenso wenig Verständnis hat der einfache Bürger dafür, etwas zu machen das „eh alle tun“. Über Jahre kritisierte die FPÖ die grassierenden Postenschacher nach Parteibuch, Strache rappte gegen korrupte Machenschaften, die Menschen liebten sie dafür. Kaum an der Macht, schienen die hehren Absichten vergessen. Was Wähler schon an Ibiza störte, war, dass auch Blaue am Futtertrog saulieren wollten.

Viertens: Eigenes Vorfeld muss aufgebaut werden

Und zwar hat die Partei völlig Recht, wenn sie mediale Einseitigkeit beklagt. Allerdings ist auch dieses Problem hausgemacht. Denn während es für etablierte Medien weiterhin Inserate in Millionenhöhe hagelte, ließ man die patriotische Publizistik lebendig verhungern. Ganze 116.000 Euro – sprich weniger als die mutmaßlichen Quartalsspesen des Ex-Parteichefs – flossen insgesamt an Medienprojekte im erweiterten Umfeld. Aber in Wirklichkeit kann die FPÖ eine patriotische Wende nicht alleine herbeiführen.

Das Dritte Lager muss mit fünf Fingern zeigen können. Neben einer parlamentarischen Rechten sind das freie, von der Partei unabhängige alternative Medien, patriotische Bürgernetzwerke, aktivistisch orientierte patriotische Gruppen und eine lebendige Gegenkultur. Nur diese fünf Finger ergeben jene metaphorische Faust, mit der eine patriotische Wende einst schlagfertig gegen den Filz des rot-schwarzen Proporzes anzukommen vermag.

Fünftens: Wer sich distanziert, der verliert

Aber anstatt wie Rot, Schwarz-Türkis oder auch Grün auf die Kampagnenfähigkeit eines intakten Vorfelds zu setzen, ließ sich die Partei jegliche Überschneidung mit ihrem ohnehin dünnen Dunstkreis ausreden. Man distanzierte sich auf linken Zuruf von der patriotischen Zivilgesellschaft und patriotischen Medien, sogar von Querschlägern in der eigenen Partei. Das Resultat der oft ungeprüften, hysterischen Distanzierung war aber freilich nicht, dass die Gegner einen in Ruhe ließen.

Die vermeintliche ‚Widerlichkeit‘ der preisgegebenen Salamischeiben waren vielmehr Anlass, verstärkt selbst zum Ziel zu werden. Das reine Ansprechen demographischer Veränderungen gereichte nun ebenso zum Skandal wie Teilnahmen an völlig harmlosen Gedenkzügen. Das führt zu zweierlei: Einerseits beschwingt die Basis ein Gefühl der Illoyalität ihrer Vertreter. Zweitens dreht sich diese Tretmühle angeblicher ‚Einzelfälle‘ so lange, bis auch der letzte Wähler zum vermeintlich ’sauberen‘ türkisen Schmiedl statt zum angeblich ‚dreckigen‘ blauen Schmied geht. Bitte abstellen!

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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