Brigadier Puntigam: „Kickl schafft klare Kante“

Brigadier Josef Paul Puntigam ist sich sicher: Die FPÖ wird sich mit ihrem neuen Parteichef Herbert Kickl straffen und wieder ein klares Profil bekommen. Der folgende Beitrag wurde ursprünglich auf der Facebook-Seite von Puntigam veröffentlicht.
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Brigadier Puntigam: „Kickl schafft klare Kante“

Symbolbild (Parteilogo auf einem Wahlplakat zur NRW 2019): privat / Die Tagesstimme.

Brigadier Josef Paul Puntigam ist sich sicher: Die FPÖ wird sich mit ihrem neuen Parteichef Herbert Kickl straffen und wieder ein klares Profil bekommen. Der folgende Beitrag wurde ursprünglich auf der Facebook-Seite von Puntigam veröffentlicht.

Diese Woche drehte sich alles um den designierten Parteiobmann der FPÖ – Herbert Kickl. Wenn jemand auf die Bühne tritt, so lautet die erste Frage: Wer ist das? Aber Herbert Kickl ist kein Unbekannter. Wir Soldaten lernten vor der Beurteilung einer Situation, eine Lagefeststellung zu machen! Nun, wie stellt sich die Lage da? Kickl gilt als ein talentierter Politiker, dessen prägende Geisteslandschaft die Kärntner Politik in seiner Jugend war. Dort hat Kickl seinen Ursprung, dort wurde er sozialisiert.

Die Kärntner Geisteslandschaft ist geprägt durch einen starken Hang zum Sozialismus einerseits und zur ausgeprägten Bodenständigkeit andererseits. Auch die meisten Kärntner Sozialisten zeigten so ihr Selbstverständnis. Jörg Haider war ein Meister dieser Darstellung. Herbert Kickl ist ein Meister der Rhetorik. Vor allem seine Drei-Wörter-Sätze stehen unnachahmlich dafür. Diese Sätze dringen wie ein warmes Messer durch die Butter in das Unterbewusstsein der Menschen. Man könnte auch sagen, Kickl führt eine für den Hausgebrauch zu scharfe Klinge.

Rhetorisches Talent

Wie auch immer. Wer zu nahe an Kickl herantritt, darf sich nicht wundern, wenn sein rhetorisches Feuer dann den Bart versengt. Ich bin Kickl erst einmal begegnet. Für wenige Minuten. Und das auch zufällig in einem Cafe. Aber, ich habe alle seine Reden genau reflektiert. Sehr genau. Auch alle Reden im Zusammenhang mit dem Rauchervolksbegehren, der Asylgeschichten oder jener, die sich auf die Covid-19-Pandemie bezogen. Dann schälte ich seine Reden, Schichte für Schichte. Ich schälte mich durch, bis ich an den Kern kam. Und dieser war für mich hoch interessant. Kickl mag sich in seiner Meinung über das Rauchen, über Masken und Impfen zu weit hinauslehnen, zu schrill seine Botschaft verkünden und auch den Bogen überspannen – aber, bei Licht besehen, behält er zu guter Letzt immer recht. Die da laut „Verschwörungstheoretiker“ brüllen, stehen dann plötzlich selbst als „Verschwörungstheoretiker“ da.

Strategischer Kopf

Für mich ist Kickl der strategische Kopf in der österreichischen Innenpolitik. Er ist fähig, „Heute das Morgen“ zu denken. Und diesem Denken verleiht er durch seine Rhetorik eine unvorstellbare Auftreffwucht im politischen Zielgebiet. Das ängstigt. Und diese Angst der Mutlosen verstehe ich natürlich auch. Kickl fühlte sich (typisch für einen Kärntner Politiker) in der Nähe der ÖVP nicht wohl. Da stehen ihm die wirklichen Sozialisten nach Kärntner Art schon näher. Oder die Neos. Oder Gruppierungen wie das ehemalige Team Stronach. Und ich glaube, Kickl wird neue Allianzen schmieden. Allianzen außerhalb der ÖVP. Allianzen wie damals Kreisky oder Sinowatz. Kickl wird nie mehr eine Allianz mit der ÖVP schmieden, wie ehemals Haider mit Schüssel oder Strache mit Kurz. Das hat noch nie funktioniert und wird auch künftig – egal wer an welcher Spitze der Parteien steht – nicht funktionieren. Und wer den letzten ORF-Auftritt des steirischen Landeshauptmanns Schützenhöfer erlebte, weiß warum. Das sage ich auch als Bürger, dem die ÖVP lange Zeit politische Heimat war – aber sozialisiert durch Franz Wegart, Friedrich Niederl oder Krainer Junior! Nicht durch Raiffeisenbankchefs, Wiener Blasen oder der ÖVP Niederösterreich.

Kurz machte Kickl stärker

Sebastian Kurz machte seinen größten bisherigen strategischen Fehler, als er unter Mithilfe des Bundespräsidenten Kickl 2019 aus der Regierung warf. Obwohl Kickl nichts mit „Ibiza“ zu tun hatte. Man konnte und kann Kickl kein persönliches oder politisches Fehlverhalten vorwerfen. Man kann seine Mimik und Gestik ablehnen. Das ist nicht jedermanns Sache. Man kann inhaltlich anderer Meinung sein als Kickl. Das ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Aber Kickl hat sich nie etwas zu schulden lassen kommen, was Gerichte beschäftigen konnte. Für ihn musste man die Unschuldsvermutung nicht an den Haaren herbeiziehen! Es gab gegen ihn niemals einen Anfangsverdacht – aber viele Vorurteile. Hier hätte ich als Sebastian Kurz besonnener und intelligenter gedacht. Nicht das Abfeuern einer Granate ist von Bedeutung – auch nicht das Zielgebiet, nein das Aufschlagen und die Wirkung im Ziel. Besonders die Langzeitwirkung! Dieses hochbrisante Wirkmittel fliegt noch! Aber nicht mehr lange! Kurz hat sich in den Zug nach Sarajewo gesetzt, ohne zu wissen, was dort wirklich auf ihn wartet. Den Beteuerungen seiner unmittelbaren Umgebung, seinem Echoraum, hat Sebastian Kurz zu viel an Bedeutung geschenkt. Da hat ihn sein politisches Talent verlassen. Denn wenn du deinen Feind nicht besiegen kannst, so umarme ihn -zu Tode. Das hat Kurz verabsäumt! Er machte Kickl in seiner Kraft stärker – wie in einem Stahlbad!

„Wir werden uns noch wundern“

Was wird Kickl weitermachen? Er schafft vorerst einmal „klare Kante“. Die FPÖ wird sich straffen. Neue Wähler werden hinzukommen. Andere werden empört das Weite suchen. Die FPÖ hat aber einen langen Atem und ist an Kummer gewöhnt. Die Zeit nach der Pandemie wird aber für weitere Klarheiten sorgen, vor allem wenn die Österreicherinnen und der Österreicher den Gürtel enger schnallen werden müssen und die Frage im Raume stehen wird – hätte es 2020 und 2021 auch einen anderen Weg gegeben? Einen, der die Gesellschaft kulturell, wirtschaftlich und im Zusammenhalt nicht so schwer belastet hätte? Hätte Rechtzeitigkeit viel Unheil verhindert? Herbert Kickl wird vorerst einen scharfen Oppositionskurs fahren. Die FPÖ wird wieder ein klares Profil bekommen. Vielleicht sogar auf Kosten der Zustimmungsprozente. Norbert Steger war schon einmal bei drei Prozent – und sein Nachfolger Haider, schaffte wieder 30 Prozent. Kickl schielt vorerst nicht auf Prozentpunkte, sondern auf die Langfristigkeit seiner Politik. Er weiß, es werden besorgte neue Wähler hinzukommen. Und Kickl hat Zeit … und wird diese nützen. Und zum Schluss wird Norbert Hofer und sein berühmter Satz aus der Bundespräsidentenwahl Bedeutung bekommen, nämlich: „Wir werden uns noch wundern!“

P.S.: Für alle Empörungstechniker und Betroffenheitsfanatiker – auch ich habe Sebastian Kurz vertraut. Bis in die Nacht vom 17. auf den 18. Mai 2019. Auch ich bin manchmal fassungslos, wenn Herbert Kickl in Fahrt gerät. Auch mir wäre eine unaufgeregte Mimik, Gestik und Wortwahl lieber. Warum? Weil ich den guten Kern seiner Absicht auch aus seinen Reden herausschälte!


Zum Autor:

Brigadier Josef Paul Puntigam (Jg. 1947) ist ein ehemaliger Kommandant der Anton-Wallner-Kaserne in Saalfelden am Steinernen Meer und Infanteriechef des Österreichischen Bundesheeres. Er zählt zu den wenigen Offizieren, die alle Spezialverwendungen des Bundesheeres vom Fallschirmjäger, Gebirgsjäger, Jagdkommandosoldat bis zum Ausbildungsoffizier für diverse Sonderausbildungen bekleideten. Puntigam ist ein Experte für Führungsausbildung. 2006 erhielt er das Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich.


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