„Japanisches Modell“: So will die AfD die Massenmigration eindämmen

Beim AfD-Bundesparteitag in Dresden wurde am Wochenende wichtige Weichen gestellt – gerade auch, was die Programmatik betrifft. Dabei sehen Beobachter mehrere Teilsiege der nationalkonservativen Vertreter gegen die eher bürgerlich-liberalen Parteiteile.
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„Japanisches Modell“: So will die AfD die Massenmigration eindämmen

Bild: AfD.

Beim AfD-Bundesparteitag in Dresden wurde am Wochenende wichtige Weichen gestellt – gerade auch, was die Programmatik betrifft. Dabei sehen Beobachter mehrere Teilsiege der nationalkonservativen Vertreter gegen die eher bürgerlich-liberalen Parteiteile.

Dresden. – Gleich mehrere aufsehenerregende Anträge fanden eine teils große Mehrheit. So fand etwa die Forderung nach einem EU-Austritt – nach Ansicht einiger Beobachter überraschenderweise – den Eingang in das Wahlprogramm für die Bundestagswahl im Herbst. Eine hitzige Debatte, die dann aber dennoch im Sanktus aller Strömungen endete, ergab sich dabei über die später zusammengefassten Anträge WP-86 und WP-87, die sich für einen weitgehenden Zuwanderungsstopp einsetzten.

„Japanisches Modell“

Die AfD als Zusammenschluss und wichtigstes Sprachrohr all jener, die „Herr im eigenen Haus“ bleiben wollen – es ist ein Markenzeichen der Partei. Die Kernaussage der am Sonntag beschlossenen Regelung lautet: „Ziel einer identitätswahrenden Migrationspolitik kann nicht das kanadische oder australische Modell unterbevölkerter Riesenstaaten sein, sondern nur das japanische Modell einer der Landesstruktur entsprechenden strikten Begrenzung und Steuerung“.

Bis es so weit kam, dauerte es allerdings einige Zeit. Ursprünglich sollte das Migrationsmoratorium jede Zuwanderung außerhalb der EU stoppen. In der zuerst angenommen Version des Antrages als WP 86.1 gab es dafür einzig eine Ausnahme für Investoren ab einem Volumen von fünf Millionen Euro – was quasi wohl ein Zugeständnis an eher marktliberalere Vertreter sein sollte. Kaum war dies beschlossen, tobten allerdings Kritiker im Saal, wie Beatrix von Storch.

Hitzige Debatte

Bestürzt stellte das Mitglied des Bundesvorstandes fest, dass man soeben die Zuwanderung für alle Menschen unter dieser Vermögensgrenze ausgeschlossen hätte. Gemeinsam mit einigen anderen Akteuren innerhalb der Partei machte sie sich nun für eine neue Abänderung stark. So mancher Einwand betraf den Ausschluss höchstqualifizierter Experten aus westlichen Ländern oder gar den Nachzug von Ehepartnern aus dem europäischen Nicht-EU-Ausland.

Am Ende folgte ein lagerübergreifender Folgeantrag WP 86.2, der diese Ausnahmen strich. In der Folge entbrannte auch auf sozialen Medien die Debatte um die Einordnung. Während die einen diesen als Entschärfung sahen, ist auch eine zweite Deutung zulässig. Denn durch Wegfall der Ausnahmen und der EU als maßgebliche ‚Klammer‘ erlaubt der neue Passus sogar in der Theorie eine deutlich strengere Begrenzung der Zuwanderung als der ursprüngliche Antrag.

Hartwig zurück in Arbeitsgruppe

Nicht zuletzt, weil der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke sowohl den ersten Antrag als auch die spätere Endfassung gleichermaßen bejahte, kann man von einem Sieg der Nationalkonservativen in der Partei sprechen. Die etwas „Grundsätzlicheren“ scheinen unter den Delegierten gegenüber den eher Konsensorientierten inzwischen in der Mehrheit. Im Bundesvorstand wiederum ist der „gemäßigte“ Kreis rund um Co-Parteichef Jörg Meuthen in der Überzahl.

Für dieses Parteilager setzte es noch einen weiteren Tiefschlag. Denn, nachdem Höcke dem Vorstand vorwarf, den Abgeordneten Roland Hartwig aus der Arbeitsgruppe zum Verfassungsschutz nur „aus machtpolitischen Gründen abberufen“ zu haben, folgte der Parteitag tatsächlich mehrheitlich der Ansicht, dass Hartwig wieder einzusetzen sei.

Keine Wahl der Spitzenkandidaten

Zur Wahl von Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl kam es übrigens am Parteitag noch nicht. Denn gleich 87 Prozent der Delegierten waren der Ansicht, dies solle lieber die Parteibasis entscheiden. Auch hier besteht nun also noch die Möglichkeit, dass eine Parteirichtung die gesamte Doppelspitze ausmacht. Zuvor waren für das sozialpatriotische Klientel Co-Parteichef Tino Chrupalla und für eher bürgerliche Vertreter Joana Cotar hoch gehandelt worden.

Im Hinblick auf den Lagerstreit war auffällig, dass weite Teile der Partei vor der Schicksalswahl im Herbst eine Einigkeit der Partei beschworen. Auch Chrupalla erinnerte daran, dass „bestimmte Dinge intern und nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden“ sollten. Er forderte daher auch: „Schluss mit dem Lager-Denken!“ Beim letzten Parteitag hatte sein Kollege an der Parteispitze, Jörg Meuthen, sich zwar ebenso für Einigkeit ausgesprochen, sich aber über Parteifreunde, die angeblich „gerne weiter Revolution oder Politkasperle spielen“ wollte, echauffiert.

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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