Kickl will Volksabstimmung bei erfolgreichen Volksbegehren
Der Ausbau der direkten Demokratie ist seit Jahren ein aktuelles Thema in Österreich. Vor dem Hintergrund, dass immer mehr Volksbegehren die Parlamentshürde nicht nur überwinden, sondern regelrecht pulverisieren, erklärt FPÖ-Chef Herbert Kickl, dass er bei erfolgreichen Initiativen gerne das Volk über die jeweilige Causa abstimmen lassen möchte.
Wien. – Anlassfall für das Wiederaufkeimen der langjährigen freiheitlichen Forderung dürfte der Erfolg mehrerer kritischer Volksbegehren sein. So erreichte eine Initiative gegen ein Bargeldverbot zuletzt mehr als 530.000 Unterschriften und eine zur Abschaffung der GIS-Gebühr über 360.000 Unterstützer – und das, obwohl sie von etablierten Medien weitgehend verschwiegen wurden. Sechs von sieben Begehren knackten die 100.000, die für eine Behandlung im Nationalrat nötig sind. Doch allzu oft enden solche Hearings bislang darin, dass die Thematik schubladisiert wird.
Kickl: „Das Recht geht vom Volk aus“
Kickl will mit dieser Problematik aufräumen: „Die direkte Demokratie ist in unserer Verfassung verankert. Volksbefragungen, Volksbegehren und Volksabstimmungen als ein Instrument dieser direkten Demokratie dürfen nicht als reines Feigenblatt missbraucht werden.“ Gerade der Zuspruch der aktuellen Volksbegehren bestärkt den blauen Parteichef im Eindruck, dass das Volk mitreden möchte. Es könne aber „nicht sein, dass die Meinung der Österreicher von der schwarz-grünen Koalition und den Regierungsfraktionen im Parlament permanent ignoriert wird.“
Vielmehr gelte: „Das Recht geht vom Volk aus und daher muss das Volk auch an der direkten Entscheidungsfindung beteiligt werden. Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie dürfen nicht zur Farce verkommen, sondern sind ernst zu nehmen. Das ist eine demokratiepolitische Notwendigkeit.“ Er verspricht daher, dass ein freiheitlicher Bundeskanzler sich dafür einsetzen würde, erfolgreiche Volksbegehren einer Volksabstimmung zuzuführen. Die FPÖ forderte bereits seit den Nullerjahren, dass diese ab einer bestimmten Schwelle verpflichtend durchgeführt werden muss.
Drucksen, erschweren, verhindern
In der Regel plädiert die FPÖ dafür, ein solches Referendum ab 250.000 Unterschriften durchzuführen. Im Zuge der schwarz-blauen Regierung schien dieses Ziel erstmals greifbar – auch weil auch Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz mit demselben Thema warb. Die FPÖ wollte die genannte Schwelle (etwa vier Prozent der Wahlberechtigten). In diesen zierte sich die ÖVP dann: Sie wollte nichts mehr von ihrer angedachten Schwelle von 10 Prozent der Wahlberechtigten (etwa 630.000) wissen und konnte sich nach laut Kickl „mühsamen“ Verhandlungen gerade noch für 900.000 Unterschriften erweichen.
In der Regierungszeit dann habe die ÖVP „alles dazu getan, um die Umsetzung der verpflichtenden Volksabstimmung zu verzögern und letztlich zu verhindern.“ Kickl beteuert, dass seine Partei „im Gegensatz zur ÖVP und den Grünen keine Angst vor den Wählern und vor direkt demokratischen Entscheidungen“ habe. Hätte Kurz die schwarz-blaue Regierung nicht beendet, so wäre die Umsetzung übrigens spätestens für dieses Jahr anberaumt gewesen.
Bürger fallen um Volksabstimmungen um
Der einstige Kompromiss auf Wunsch der Volkspartei und der Vorstoß der Freiheitlichen hätten eine völlig unterschiedliche Wirkung auf die Häufigkeit von Volksabstimmungen. Mehr als 900.000 Unterschriften schafften nur drei von 72 Volksbegehren in der zweiten Republik, zuletzt jenes gegen das tschechische Atomkraftwerk Temelín vor zwanzig Jahren. Die von Kurz ursprünglich beworbenen zehn Prozent hätte, je nach Größe der Wählerschaft, zu neun bis elf Referenden in 58 Jahren geführt.
Beim freiheitlichen Vorschlag wäre die Bürgerbeteiligung hingegen eine regelmäßige Sache. 33 der 72 Initiativen fanden über 250.000 Unterstützer, alleine in den letzten fünf Jahren hätten elf Initiativen diese Hürde geknackt. Die Bürger hätten dann damit nicht nur über unser Bargeld und die GIS-Gebühr abstimmen dürfen, sondern hätten dies bereits über Themen wie Impfpflicht, Klimapolitik, Frauenpolitik, Tierschutz, Gastro-Rauchverbot oder Korruption tun dürfen – allesamt polarisierende Themen.
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