Freiheit durch Stärke: Warum Abrüstung nicht im deutschen Interesse ist
In einer Zeit wachsender internationaler Spannungen wird die Bedeutung militärischer Stärke für die geopolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands immer deutlicher. Abrüstung liegt nicht im Interesse des Landes, meint Felix Wolf.
In Deutschland hält die Diskussion um die Abrüstung an. (Symbolbild)
© IMAGO / Sven Simon„Wenn es so weiter geht, dann steht Putin bald vor Berlin.“ Unabhängig davon, dass Russland auch nach drei Jahren nicht in der Lage war, die Ukraine zu überrennen und noch ein militärisch deutlich stärkeres Polen dazwischen liegt, ist diese Aussage Unsinn. Wenngleich die russischen Expansionspläne im Osten der Ukraine und der Einfluss des rohstoffreichen Landes Richtung Moldau und in weitere Teile Osteuropas sicher auch nicht an den Haaren herbeigezogen sind.
Es bleibt die nüchterne Frage im Raum: „Wie verhalten wir uns in dieser eskalativen Situation?“ Was droht uns und von welcher Bedeutung ist die militärische Stärke Deutschlands im nächsten Jahrzehnt.
Abhängigkeit als Gefahr
Die Antwort möchte ich bereits vorwegnehmen: Abrüstung ist nicht im deutschen Interesse – weder in Kriegsangelegenheiten noch politisch und auch wirtschaftlich ist sie dies nicht, auch wenn viele das behaupten mögen. Damit ist jedoch nicht die Zustimmung via Schuldenexpansion im jüngst beschlossenen Stil gemeint, sondern der grundsätzliche Wille, Investitionen und Ausgaben von anderen in diesen Bereich zu verlagern.
Als die große Nation, die wir sind, und mit dem daraus hervorgehenden Führungswillen, den wir zu formulieren in der Lage sein sollten, müssen wir militärisch strukturell weniger abhängig von der Gutmütigkeit unserer vermeintlichen Partnerstaaten sein. Ob man mit diesen die USA, die EU, die NATO oder Russland meint, ist dabei nicht von Belang. Es gilt Grundsätzlichkeit. Ein starkes Heer und die dazugehörige Ausrüstung bringt uns geopolitisch auf andere Ebenen. Auch dann, wenn wir es gegenüber anderen Ländern neutral halten sollten.
Was Abhängigkeit bedeuten kann, konnte man zuletzt im Weißen Haus mit einem geladenen Selenskyj beobachten. Dieser wäre ohne die Rückendeckung der Staaten völlig handlungsunfähig und das hat er so zu spüren bekommen, dass er binnen kürzester Zeit ein öffentliches Zugeständnis gegenüber Trump machen musste, welches die Ukraine wahrlich als schwebend hilflos entblößt hat.
Die Gefahr eines Atomkriegs
Dazu sei gesagt: die Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs wird nicht durch Deutschland entschieden werden. Wir sind momentan und auch mittelfristig weder zeitlich noch interventionistisch eigens in der Lage, in absehbarer Zeit Einfluss auf dieses herbeifantasierte Szenario auszuüben. Die nuklearen Sprengköpfe sind nicht die unseren und eigene Waffen dieser Klasse werden wir weder über Nacht noch vor Ende des Kriegs in der Ukraine bei uns beheimatet und damit verbunden im Eigentum wissen. Mit diesen Worten möchte ich es bei diesem Thema belassen.
Militär als Verhandlungsmasse
Wie bereits zuvor angemerkt, bedeutet militärische Stärke Abhängigkeit oder Unabhängigkeit beziehungsweise sie verschiebt die Regler innerhalb dieses Spektrums. So wäre auch für uns ein starkes eigenes Heer selbstverständlich vorteilhaft, insofern andere Länder uns weniger drohen könnten, uns durch aktives Tun oder aktives Unterlassen gefährlich zu werden. Es würde auch mehr Souveränität in der langfristigen Frage der NATO für uns bedeuten, sofern einmal reell die Absicht bestehen sollte, aus diesem Bündnis wieder auszutreten. Dies wäre zum aktuellen Zeitpunkt jedoch – besonders mit Abrüstungsperspektive – nahezu geopolitscher Selbstmord und würde einem Aufgeben nahezu jeglichen Handlungsspielraums gleichkommen, wo die Frage der Heeresstärke Gewicht hat.
Damit sind natürlich auch wirtschaftliche Interessen umfasst, in denen diese Frage eine Rolle spielen kann. Dass man sein militärisches Gewicht dort geltend machen kann, hat man in den letzten Jahren durchaus auch bei den USA gesehen, wenn diese bei möglichen Deals auf die Abhängigkeit anderer Länder von der NATO-Mitgliedschaft im Verbund mit den Staaten aufmerksam gemacht haben oder zuletzt bei den Rohstoff-Deals mit der Ukraine, welche einen nahezu absurden Beigeschmack hatten.
Jedoch ist dies möglich, sofern man sich in der Position des Stärkeren befindet, in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis oder gleich beides. Für uns ist diese Verhandlungsmasse besonders in EU-Fragen von Belang und so kann es durchaus sein, dass sich Investitionen in unser Heer über andere Wege schneller amortisieren, als viele sich dies vorstellen können, während wir damit zeitgleich einem relevanten Teil an Arbeitsplätzen in unserem Land den Rücken stärken.
Die politische Ambivalenz zu Russland
Sofern man sich die Beziehung zu Russland innerhalb des letzten Jahrhunderts, seit Gründung der BRD, anschaut, so fällt auf, dass dieses Verhältnis nicht von Kontinuität, sondern von einer starken politischen Ambivalenz geprägt ist. Darauf zu vertrauen, dass sich dieses Verhältnis nach den Entwicklungen der letzten Jahre in Osteuropa zeitnah stabilisiert, wäre wohl eine von sehr viel Optimismus geprägte Haltung.
Die Tür zu Russland sollte grundsätzlich nicht irreversibel geschlossen sein. Sie ist jedoch eine, deren Weg in naher Zukunft nicht mit Vertrauen gegangen werden kann und dies muss in der politischen Planung berücksichtigt werden. Russland kann zwar in absehbarer Zeit unter Umständen wieder als Handelspartner fungieren, aber für bessere Verständigung zwischen den Ländern sind es noch einige Brücken, die wieder aufgebaut werden müssen und während dieser Zeit sollten wir nicht darauf angewiesen sein, dass die Oligarchen des Kremls uns grundsätzlich gewogen sind. Unsere Freiheit sichern wir am Ende des Tages mit Handlungsfähigkeit und für eben jene ist ein starkes Militär unausweichlich.