Südtiroler Landtagswahl: Die Wiederkehr der Separatisten

Während die Südtiroler Volkspartei (SVP) bei den Landtagswahlen am 22. Oktober eine schwere Wahlniederlage erlitt und auch die Christdemokraten herbe Verluste hinnehmen mussten, ging die Süd-Tiroler Freiheit als großer Gewinner aus dem Wahltag hervor. Marvin Mergard beleuchtet in seiner Analyse für FREILICH die Gründe dafür.

Analyse von
30.10.2023
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2 Minuten Lesezeit
Südtiroler Landtagswahl: Die Wiederkehr der Separatisten

Landtagsgebäude in Bozen. (Symbolbild)

© IMAGO / agefotostock

Als das Ergebnis für die Landtagswahl der Südtiroler am 22. Oktober feststand, zeichneten sich mehrere bemerkenswerte Dinge ab. Zum einen verlor die seit jeher fest verankerte Christdemokratie in der zu Italien gehörenden Provinz zum fünften Mal in Folge an Unterstützung im Wahlvolk und zum anderen konnten sich die bei der letzten Wahl geschwächten deutschsprachigen, separatistisch orientierten Parteien wieder mit deutlicher Stärke präsentieren – wenn auch auf verschiedene Parteien und Listen verteilt.

Ein Überblick

Die traditionell stärkste Partei war und ist weiterhin die Südtiroler Volkspartei (SVP). Jedoch musste sie mit einem Minus von 7,4 Prozent ihr bisher schlechtestes Ergebnis von nur noch 34,5 Prozent verkraften. Bis Ende der 80er-Jahre waren Wahlergebnisse mit meist mehr als 60 Prozent keine Seltenheit, und bis zur Landtagswahl 2008 konnte sie sich mit mehr als 50 Prozent sicher sein, dass sie über eine deutliche Mehrheit im Regionalparlament verfügte. Doch diese Siegesgewissheit ist seit einigen Wahlen vorbei und der Abwärtstrend scheint sich mit der aktuellen Wahl noch weiter zu verstärken.

Mit ebenfalls herben Verlusten konnte sich die linksliberale Partei „Team K“ noch knapp weiterhin auf dem zweiten Platz behaupten. Von vormals rund 15 Prozent verlor sie rund ein Drittel ihrer Stimmen und erreichte knapp elf Prozent. Allerdings konnten die ebenfalls linksliberalen Grünen leicht zulegen und erreichten neun Prozent der Wählerstimmen.

Bevor wir einen Blick auf die separatistischen Parteien richten, lohnt sich die Betrachtung der beiden maßgeblichen Rechtsparteien der italienischen Sprachgruppe. Die vormals relativ starke Lega verlor rund acht Prozent der Stimmen und konnte mit drei Prozent knapp ein einzelnes Mandat halten. Davon profitierte mutmaßlich die Fratelli d'Italia (Fdl) der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni. Die FdI gewann 4,3 Prozente hinzu und konnte sich mit sechs Prozent als stärkste Partei der italienischsprachigen Parteien behaupten.

Zugewinne für rechte Separatisten

Der große Gewinner des Wahltags ist unbestreitbar die Süd-Tiroler Freiheit. Sie verdoppelte beinahe ihr Ergebnis und landete mit 10,9 Prozent und vier Mandaten knapp auf dem dritten Platz. Seit ihrer Gründung im Jahre 2007 war das nicht nur das stärkste Ergebnis ihrer Parteiengeschichte, sondern auch der erste zweistellige Erfolg. Jedoch konkurrierten weitere zwei Parteien beziehungsweise eine Partei und eine Liste um ein ähnliches Elektorat.

Die einstmals starken Freiheitlichen, die bei den Wahlen 2008 und 2013 mit 14,3 beziehungsweise 17,9 Prozent das rechte Lager dominierten, mussten sich mit einem schwachen Ergebnis von 4,9 Prozent begnügen. Allerdings führten die leichten Verluste im Vergleich zur Wahl im Jahre 2018 nicht zu Mandatsverlusten.

Neben den beiden bereits seit einigen Jahren existenten Parteien, konnte auch die Liste JWA (nach ihrem Gründer und Kopf Jürgen Wirth Anderlan benannt) mit einem starken Ergebnis als Neuzugang in das Südtiroler Parlament einziehen. Aus dem Stand erreichte sie 5,9 Prozent und ebenfalls zwei Mandate, wie die Freiheitlichen.

Zusammen erhielten die separatistischen, rechten Parteien der deutschsprachigen Volksgruppe 21,7 Prozent und acht von insgesamt 35 Mandaten. Nach den schwachen Ergebnissen von 2018 (insgesamt 13,4 Prozent und vier Mandate), knüpft dieses politische Spektrum an die alten Erfolge von 2008 (21,3 Prozent; acht Mandate) und 2013 an (27,3 Prozent; zehn Mandate).

Südtirol und Europa

Es ist deutlich zu sehen, dass ein wenig Regionalismus und das Pochen auf die eigene Identität, wie dies klassisch die SVP vertritt, nicht ausreicht. Die Selbstbestimmung ist ein elementares Gut für jede Volksgruppe und der Anteil derer, die ihre Selbstbestimmung auch auf staatlicher Ebene neu geordnet sehen wollen, wächst wieder an.

Darüber hinaus ist das Thema Migration auch in Südtirol virulent und umso mehr sich die Lage im Mittelmeer zuspitzt und die Auswirkungen der massenhaften Migration in ganz Europa spürbar wird, desto deutlicher zeigen die Wähler ihren Unmut an der Urne. Die Stärkung der Rechtsparteien in Südtirol ist kein singuläres Ereignis, sondern es reiht sich in einen Rechtsruck ein, der ganz Europa umfasst. Dass die Christdemokratie weder in Südtirol noch in Österreich oder der Bundesrepublik darauf eine passende Antwort findet und somit ihren politischen Niedergang selbst herbeiführt, scheint eine logische und möglicherweise notwendige Konsequenz zu sein.


Zur Person:

Marvin Mergard, Jahrgang 1994, betreibt den Blog Vera Europa. Dort setzt er sich mit der politischen Rechten in Europa und der europapolitischen Lage aus rechter Perspektive auseinander.

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