Mordfall Lola: „Bei diesem Fall habe ich ein paar Mal geweint“

Die Schweigepflicht um den Mordfall Lola – Eine französische Aktivistin spricht über das Schweigen des französischen Mainstreams angesichts eines weiteren brutalen Mordes an einer jungen Französin.
Interview von
19.10.2022
/
8 Minuten Lesezeit
Mordfall Lola: „Bei diesem Fall habe ich ein paar Mal geweint“

Die Schweigepflicht um den Mordfall Lola – Eine französische Aktivistin spricht über das Schweigen des französischen Mainstreams angesichts eines weiteren brutalen Mordes an einer jungen Französin.

FREILICH: Erzählen Sie uns die Fakten, wie Sie sie verstehen. Was ist mit Lola passiert?

Capucine Colombo: Zunächst hörten wir, dass ein Obdachloser im 19. Arrondissement einen Koffer mit einer Leiche darin gefunden hatte. Wir haben dann herausgefunden, dass der Vater seine Tochter einige Stunden zuvor bei der Polizei als vermisst gemeldet hatte. Da er der Pförtner des Gebäudes ist, konnte er sich die Aufnahmen der Überwachungskameras ansehen. Das letzte, was er von seiner Tochter sah, war, wie sie das Gebäude betrat und einer Frau die Tür aufhielt. Als sie dann aber nicht mehr auftauchte und er sie nicht finden konnte, meldete er Lola als vermisst. Daraufhin wurde eine Suchaktion gestartet. Später entdeckte dann ein Obdachloser 200 Meter weit vom Gebäude entfernt einen Koffer, in dem sich ihre Leiche befand. 

Wir haben dann einige Dinge erfahren, die noch nicht an die Presse durchgedrungen sind, jedoch stimmen dürften, weil sie aus Polizeiquellen stammen. Und diese hat erfahren, dass es wohl wegen eines Konflikts bezüglich des Türcodes zu dieser Tat gekommen sein dürfte. Die verdächtige Frau, Dahbia, die aus Algerien stammt und sich illegal in Frankreich aufhielt, wohnte in der Wohnung ihrer Schwester, die sich in besagtem Gebäude befand. Sie hatte offenbar die diensthabende Türsteherin nach dem Türcode gefragt. Diese weigerte sich allerdings, Dahbia diesen zu nennen. Aus Rache folgte sie daher Lola ins Gebäude und brachte sie in die Wohnung ihrer Schwester. Dort forderte sie das Mädchen auf, sich zu duschen, nur um sie danach zu vergewaltigen. Dahbia schilderte den Vorgang Wort für Wort. „Es sind sehr schmutzige Details, ich weiß nicht, ob Sie das alles hören möchten …“

Dahbia erklärte, dass sie den Kopf des Mädchens nahm und ihn zwischen ihre Beine drückte, bis sie zum Orgasmus kam. Dann klebte sie das Gesicht des Mädchens mit Klebeband ab, woraufhin sie erstickte. Dahbia, die wirklich sehr offen mit all dem umging, kochte dann Kaffee, sammelte etwas Blut des Mädchens und trank etwas davon. Sie zerschnitt den Körper des Mädchens mit einem Messer und einer Schere so weit, dass der Kopf fast vollständig abgetrennt wurde. Dann versuchte sie, die Leiche loszuwerden, indem sie sie zerhackte. Sie rief dann ihren Komplizen an, also einen der Verdächtigen, dessen Namen ich aber nicht mehr weiß. Vielleicht Rashid. Jedenfalls soll er ihr geholfen haben, die Leiche in den Koffer zu legen. Mit dem Koffer ist Dahbia dann rausgegangen und hat sich sogar noch mit einem Freund in den Außenbereich eines Lokals gesetzt. Den Koffer hat sie womöglich direkt im Anschluss entsorgt. Die Informationen sind hier noch etwas ungenau.

Wo waren Sie, als Sie davon erfuhren? 

Ich habe nach der Arbeit in einem Gruppenchat mit Freunden davon erfahren. Es kamen laufend schmutzigere Details ans Licht. Aber vor allem war es Dahbia, die Licht in die Sache brachte. Die Autopsie ergab keine Hinweise auf sexuelle Gewalt. Demnach war sie es, die die gesamten Informationen zur Vergewaltigungstat lieferte.
 
Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie das alles hörten? 

In Frankreich kommt es ständig zu schlimmen Vorfällen. Jeden Tag wird im Fernseher darüber berichtet. Nach einer Weile ist man abgestumpft. Nun, vielleicht nicht abgestumpft, sondern eher zynisch. Aber bei diesem Fall musste ich ein paar Mal weinen. Und dann ist da noch Lolas Gesicht, das Gesicht eines typisch französischen Mädchens. Ich habe dieses kleine Engelsgesicht ständig vor meinen Augen und denke mir: „Das hätte meine kleine Schwester sein können.“ Um ehrlich zu sein, macht mich das alles sehr emotional. Und das, obwohl ich mir bei Fällen dieser Art mittlerweile nur noch denke: „Na gut, noch so ein Fall.“ Aber Lolas Fall hat mich sehr traurig und unglaublich wütend gemacht.

Der Schmerz im Land ist groß, weil die Menschen sich für die Tat verantwortlich fühlen. Erst vor sechs Monaten haben in Frankreich Wahlen stattgefunden, doch wir haben wieder nicht geschafft, es richtig zu machen. Nun befinden wir uns in dieser schrecklichen Situation. Die Familie des Mädchens ist eine typische französische Arbeiterfamilie aus Nordfrankreich. Und wir waren nicht dazu in der Lage, Lola zu schützen. 

Wir sind sehr wütend auf die Verantwortlichen, die Einwanderungsbefürworter. Denn Lola ist ein direktes Opfer der Einwanderung. Wir sind aber auch wütend auf uns selbst, weil wir wieder einmal nicht in der Lage waren, unsere Arbeit während der letzten Wahlen richtig zu machen. Es gab einige üble Reaktionen seitens rechter Akteure, die uns politischen Opportunismus vorgeworfen haben. Doch das ist kein Opportunismus. Wir analysieren schlicht und einfach die Lage und weisen darauf hin, wie schlimm diese ist. Es gab schon so viele Vorfälle, zum Beispiel Bataclan, und nichts hat sich geändert. Ich hoffe, dass es jetzt zu einem Erwachen kommen wird, selbst wenn ich ehrlich gesagt nicht daran glaube.
 
Was mich jedoch am meisten verärgert hat, war die Reaktion der Regierung. Nicht nur, dass es absolut keine Reaktion zu dem Vorfall gab, sondern auch, dass Macron an dem Tag lediglich in Gedenken an [die Opfer der Anschläge auf Algerier in Paris 1961] twitterte.
 
Die Leute sagen, es sei würdelos [über Lola zu sprechen]. Aber das sind die Momente, in denen man sagen muss: „Seht her. Wir hatten Recht.“ Selbst wenn wir also die Chance haben – und ich weiß, es ist schrecklich, wenn man das so sagt – zu beweisen, dass das, was wir sagen, wahr ist, wird sich die Rechte immer weiter selbst sabotieren. Es ist ein bisschen wie bei den Frauen hier, die auf offener Straße angegriffen werden, weil sie sich westlich kleiden und sich dann aber weigern, ihren Angreifer zu beschreiben, um keine „Klischees zu bedienen“. Das kommt tatsächlich sehr oft vor und im Fall von Lola ist es ebenfalls so. Wenn man nicht auf die Täter zeigt, dann darf man sich auch nicht darüber wundern, wenn man mal selbst zum Opfer werden sollte. 

Wie haben feministische Gruppen darauf reagiert? 
 
Im Großen und Ganzen haben sie überhaupt nicht reagiert. Nur Nemesis, das rechtsgerichtete feministisch-identitäre Kollektiv, hat reagiert. Für mich persönlich gibt es hier jedoch keinen feministischen Aspekt. Das Mädchen ist nicht gestorben, weil sie eine Frau war. Sie wurde von einer Frau vergewaltigt und angegriffen. Für mich wäre der feministische Blickwinkel also falsch. Ich glaube wirklich, dass es hier um Identität geht. Denn wenn Sie einmal in das 19. Arrondissement von Paris gehen, werden Sie feststellen, dass es sehr schwierig ist, junge blonde und blauäugige weiße Frauen zu finden. Ich glaube also nicht, dass das junge Mädchen zufällig Opfer dieser schrecklichen Tat geworden ist.

Außerdem hat ein französischer Journalist eine feministische Organisation namens Nous Toutes kontaktiert, die die größte feministische Gruppe in Frankreich ist und sehr weit links steht. Der Journalist fragte sie, warum sie nicht über den Fall Lola sprachen. Sie antworteten, dass sie auf weitere Details zu dem Fall warten möchten und die Geschichte unabhängig von den Ergebnissen einfach als eine zufällige Kriminaltat einstufen würden. Sie würden es nicht einmal einen Femizid nennen (eine Bezeichnung von feministische Gruppen für Morde an Frauen).

Wer ist denn Ihrer Meinung nach für diese Situation verantwortlich? 

Im Großen und Ganzen ist es das Lager der Einwanderungsbefürworter. Vor allem aber ist die Unfähigkeit der Regierung, das Gesetz durchzusetzen, das Problem. Die tatverdächtige Frau hatte ein Visum, das bereits 2016 abgelaufen war. Sie wäre zudem seit August gesetzlich dazu verpflichtet gewesen, Frankreich zu verlassen. Bei ihr handelte es sich nicht um eine Verbrecherin auf der Flucht, sondern um eine Frau, die ganz normal im Land lebte. Hätte man sie also abschieben wollen, so hätte man das auch problemlos tun können.

Aber wenn es sich um ein schwarzes Opfer und einen weißen Täter handeln würde, würde es wahrscheinlich eine Reaktion geben, oder? Ihre Weigerung, darüber zu sprechen, kann also nicht nur mit der Grausamkeit der Fakten zu tun haben.

Ja, weil es auch sehr verstörend ist. Diese ganze Situation wühlt die Menschen sehr auf. Erstens, weil der Angriff von einer Frau ausging. Es gibt also kein feministisches Argument, das man vorbringen kann. Man kann nicht dem Patriarchat die Schuld geben. Zweitens haben wir vier algerische Verdächtige, von denen sich die meisten illegal in Frankreich aufhalten. Dann haben wir ein minderjähriges Opfer, das absolut nichts getan hat, womit es das, was ihm zugestoßen ist, verdient hätte. Und es gibt kein wirkliches Motiv. Es handelt sich also um eine unbequeme Angelegenheit, die ihnen keinerlei politische Chance bietet und die noch dazu ihre Grundsätze in Bezug auf das Thema Einwanderung verrät.

Wie ist es, heute in dieser Kultur des Schweigens leben zu müssen? Vor allem an den Universitäten?

Es ist extrem anstrengend. Da ist diese alltägliche Wut, die nur schwer zu unterdrücken ist. Ich bin selbst ein paar Mal angegriffen worden, sowohl in Paris als auch in Lyon. Wenn ich versuche, mit anderen Menschen über diese Themen zu sprechen, aber die einfach nichts davon hören wollen, macht mich das äußerst wütend. Aber es spornt einen als Gruppe auch an. Wir sagen uns selbst immer wieder, dass wir weiterexistieren müssen, auch wenn wir nur eine kleine Minderheit sind. Denn wenn wir nichts tun, dann wird sich auch nichts ändern.

Wir sind die Einzigen, die etwas gegen diese Zustände unternehmen werden, weil alle anderen Menschen nicht aufwachen, selbst nach so schrecklichen Vorfällen nicht. Diese [Kultur des Schweigens] spornt uns also noch mehr zur Tat an. Aus den Ereignissen rund um diesen Fall beziehen wir also Motivation für unser Tun, aber es ruft auch sehr viel Wut in uns hervor, vor allem dann, wenn sich Menschen, die wir täglich sehen und die wir zu unseren Freunden zählen, in Bezug auf solche Vorfälle dermaßen realitätsfremd zeigen und mit all dem einfach nichts zu tun haben wollen.

Wieder einmal sehen wir den Unterschied in den Reaktionen des Mainstreams. Die Art und Weise, wie die Menschen auf George Floyd oder Adama Traore in Frankreich reagiert haben, unterscheidet sich sehr von der Art und Weise, wie sie auf Vorfälle wie den von Lola reagieren. Haben wir es mit Heuchelei zu tun, oder ist es etwas anderes?

Das frage ich ich auch. Ich kann nicht verstehen, wie wir in Frankreich Adama Traore (ein Schwarzer, der bei einer Auseinandersetzung mit der Polizei starb und zu einer französischen Version von George Floyd wurde) zu einem nationalen Opfer erklären konnten, obwohl er ein mehrfach verurteilter Vergewaltiger aus einer kriminellen Familie war. Ich würde die Situation aber wie folgt analysieren: Auf der einen Seite gibt es Leute, die sich sehr für den großen Austausch einsetzen. Selbst wenn das bedeuten würde, dass es zu ähnlich tragischen Vorfällen wie zum Beispiel zu diesem am vergangenen Freitag kommt. Für sie ist es nur wichtig, dass der Austausch weitergeht. Ich denke, dass sich diese absoluten Einwanderungsbefürworter wie Melénchon und die rassistische Linke der Risiken stets bewusst waren, es ihnen aber egal war und ist. Sie haben schlicht und einfach kein Nationalgefühl.

Ich glaube sogar, dass sie die Weißen wirklich hassen. Sie hassen, fürchten und wollen die Weißen loswerden. Selbst Mélenchon wird zugunsten von Personen wie Danièle Obono allmählich von seiner eigenen Partei abgelehnt. Zudem glaube ich, dass es einen ganzen Teil der Bevölkerung gibt, der völlig apathisch ist. Sie haben in der ersten Runde der Wahlen gesagt: „Niemals Macron!“, nur um dann erneut für ihn zu stimmen, um damit das Rassemblement National zu blockieren. Ich glaube, dass sie wissen, dass die Situation kritisch ist, und dass sie einfach die Augen davor verschließen wollen. Es ist nichtmal unbedingt Heuchelei. Ich glaube, die Leute sind völlig apathisch. Und ein Teil von ihnen nimmt nicht wahr, was in Wirklichkeit passiert. Für sie sind das Dinge, die in Paris passieren und die nicht wirklich Frankreich repräsentieren. Sie reden sich ein, dass diese Dinge anderswo passieren, dass es sich um die üblichen Kriminaltaten handelt. Die Menschen sind sich nicht bewusst, dass es sich um den großen Austausch handelt. Sie begreifen nicht, dass die Tatsache, dass das Opfer blond, weiß und blauäugig war, kein Zufall war. Wäre sie Algerierin gewesen, hätte sich der Vorfall nie so zugetragen. Es ist menschlich, sein eigenes Volk schützen zu wollen. Wir waren nicht in der Lage, Lola, ein Mädchen, das zu uns gehörte, zu schützen. Und währenddessen spaltet die andere Seite weiter.


Zur Person:

Capucine Colombo (19) studiert Journalismus und Geschichte und ist Mitglied von La Cocarde Étudiante, einer patriotisch-rechten Studentengewerkschaft mit Zweigstellen an Universitäten in ganz Frankreich. Capucine ist für die Presse- und Inhaltsarbeit ihrer Zweigstelle in Paris zuständig, wo La Cocarde Étudiante eine führende Rolle übernahm, die Aufmerksamkeit auf den Mord an Lola zu lenken. Infolgedessen wurden die Plakate der Gruppe abgehängt, da Universitäten und Studenten eine inoffizielle Omerta über die Geschichte verhängten.


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