Südafrika: Am Ende des Regenbogens

Plünderungen, Gewalt und überforderte Sicherheitskräfte. Von der Rainbow-Nation, dem einstigen Multikulti-Vorzeigeland, ist nicht viel geblieben. Doch die europäischen Mainstreammedien ignorieren den Zerfall des einst blühenden Landes.
Werner Reichel
Kommentar von
23.7.2021
/
5 Minuten Lesezeit
Südafrika: Am Ende des Regenbogens

Bild: Screenshot Twitter.

Plünderungen, Gewalt und überforderte Sicherheitskräfte. Von der Rainbow-Nation, dem einstigen Multikulti-Vorzeigeland, ist nicht viel geblieben. Doch die europäischen Mainstreammedien ignorieren den Zerfall des einst blühenden Landes.

Als der Afrikanische Nationalkongress (ANC) 1994 die Wahlen mit absoluter Mehrheit gewinnt und Nelson Mandela zum ersten schwarzen Präsidenten des Landes gewählt wird, feiert die Welt das Ende des Apartheitssystems und die Geburt einer postkolonialen Multikulti-Nation in Afrika. Die Ausgangslage ist vielversprechend: Im Gegensatz zu anderen schwarzafrikanischen Nationen war Südafrika ein entwickelter Industriestaat. „Wir schließen ein Bund, damit kein Südafrikaner, schwarz oder weiß, keine Angst mehr haben muss“, so Mandela. Nach rund 30 Jahren hat sich der Multikulti-Traum in einen Alptraum verwandelt.

Über 200 Tote bei Unruhen

Das Land versinkt im Chaos. Über 200 Tote und rund 2.500 Verhaftungen, so die erste offizielle Bilanz nach den jüngsten Unruhen, die die bisher größten waren, die das Land gesehen hat. Die Plünderungen, Diebstähle, Brandstiftungen haben Schäden von ca. sechs Milliarden Euro verursacht. Zu einem Zeitpunkt, wo sich die Wirtschaft gerade begonnen hat, von der Corona-Krise zu erholen. Diese jüngsten Unruhen sind aber nur der vorläufige Höhepunkt eines seit langem andauernden Niedergangsprozesses.

Vordergründiger Auslöser der Plünderungen und der Gewalt in den Regionen KwaZulu-Natal und Gauteng war die Inhaftierung des langjährigen Präsidenten Jacob Zuma. Seine Amtszeit von 2009 bis 2018 war von Korruptionen und Misswirtschaft geprägt. Er ist laut dem Bericht einer Untersuchungs-Kommission für die „systematische kriminelle Unterwanderung des Staates“ verantwortlich und soll rund 900 Milliarden Euro abgezweigt haben.

Im Juni wurde der 79-Jährige wegen Missachtung der Justiz zu 15 Monaten Haft verurteilt. Als er diese vor wenigen Tagen antritt, brechen die gewalttätigen Unruhen aus. Die Volksgruppe der Zulus, der Zuma angehört, empfindet seine Inhaftierung als Provokation. Andere schwarze Volksgruppen schließen sich den Plünderungen und Ausschreitungen an.

Mehrere Ethnien und Stämme

In Südafrika überlagern und prägen seit dem Ende der Apartheit zunehmend tribalistische Strukturen den Rechtsstaat. Das heißt, die Bindung und der Bezug der Menschen zu ihren Stämmen und Völkern ist weit stärker als zum Staat und seinen Institutionen. Insgesamt acht schwarze Ethnien leben im Land: Zulu, Xhosa, Basotho, Venda, Tswana, Tsonga, Swazi und Ndebele. Im südafrikanischen Multikultiparadies ist es nicht gelungen, dieses vormoderne, tribale und konfliktreiche gesellschaftliche Gefüge in ein modernes national- und rechtsstaatliches System zu integrieren oder zumindest eine Einheit innerhalb der schwarzen Volksgruppen zu schaffen.

In diesem Kontext ist auch das Kernproblem des Landes zu sehen, das die Ursache für viele andere Fehlentwicklungen in der „Rainbow-Nation“ ist: der Rassismus gegenüber den Weißen, der sich durch alle Bereiche der Gesellschaft und des Staates zieht, bis hinauf in die Regierung. So basiert der „Broad-Based Black Economic Empowerment Act“ (BEE), der die Schwarzen fördern soll, vor allem auf der systematischen Diskriminierung der Weißen, etwa bei der Jobsuche. Auch die weißen Farmer leiden unter dem strukturellen Rassismus der Schwarzen. Wie ein Damoklesschwert hängt etwa die Landreform seit Jahren über ihren Köpfen. Die linksextremen „Economic Freedom Fighters“ (EFF), die bei der Parlamentswahl 2019 drittstärkste Kraft wurden, fordern seit Jahren, die entschädigungslose Enteignung der weißen Farmer.

Parteichef Julius Malema, der gerne in roter Phantasieuniform auftritt und bei öffentlichen Veranstaltungen mit seinen Anhängern das afrikanische Kampflied „Shoot the Boer“ (Tötet die Buren) anstimmt, treibt in dieser Frage die ebenfalls weit linksstehende Regierungspartei, den ANC, vor sich her. Auch der radikale Flügel des ANC ist für eine Verstaatlichung des Farmlandes und eine Kollektivierung der Landwirtschaft.

Der pragmatischere Teil des ANC, zu dem Präsident Cyril Ramaphosa zu zählen ist, weiß, dass eine radikale Enteignung für Südafrika in einer Katastrophe enden würde. Im Nachbarland Simbabwe hatte Diktator Robert Mugabe Anfang der 2000er bei seiner „Landreform“ die weißen Farmer vertreiben und ermorden lassen. Die einstige Kornkammer Afrikas verwandelte sich innerhalb weniger Monate in ein Hunger-Notstandsgebiet.

Gefährliches Leben für weiße Farmer

Aufgrund dieser Erfahrungen hat der ANC seine Landreform abgemildert. Allerdings nur so weit, dass das „Vertrauen in die Agrarwirtschaft nicht zerstört wird“, wie es auf der Regierungsseite im Internet unter der Überschrift: „Vision 2030“ heißt. Das kann sich jederzeit ändern. Für die Farmer sind das düstere Zukunftsaussichten. Wer investiert in seinen Agrarbetrieb, wenn er damit rechnen muss, vom Staat enteignet zu werden? Dazu kommt, dass das Leben der Farmer in den vergangenen Jahren immer gefährlicher geworden ist.

Seit vielen Jahren werden sie von kriminellen Banden terrorisiert. Diese Gruppen von Schwarzen überfallen systematisch Farmer, foltern und ermorden sie. Das Phänomen der südafrikanischen Farmmorde wird von westlichen Medien weitgehend ignoriert und nur von den alternativen Medien thematisiert. Lediglich die aktuellen Unruhen schafften es kurz in die deutschsprachigen Mainstreammedien. Sie wurden als Reaktion auf die Inhaftierung Zumas, also als politischer Protest dargestellt. Die vielen anderen Aspekte, wie etwa die Flügelkämpfe innerhalb des ANC, die ethnischen Konflikte zwischen Indern und Zulus etc. und dass es in Südafrika immer wieder zu Plünderungen und Gewaltausbrüchen kommt, verschweigt man den Europäern.

Während unsere Medien vereinzelt über die Unruhen in KwaZulu-Natal und Gauteng berichten, eskaliert zeitgleich und aus völlig anderen Gründen auch in der Provinz Westkap die Gewalt. Darüber berichten allerdings nur die südafrikanischen Medien. Die Region um Kapstadt wird seit Monaten von der sogenannten „Taxi Violence“ geplagt. Die Auseinandersetzung um das einträgliche Transportgeschäft hat in diesem Jahr schon über 80 Tote gefordert. Erst vor wenigen Tagen haben die Taxifahrer aus Angst um ihr Leben ihre Arbeit eingestellt. In Kapstadt mussten tausende Firmen zusperren, weil die Mitarbeiter ohne Taxis nicht mehr sicher zu ihren Arbeitsplätzen kommen. „Commuters, bus, and taxi drivers all fear for their lives“, schreibt eine lokale Zeitung.

Geplatzter Multikulti-Traum

Im vergangenen Jahr sind in Südafrika über 21.000 Menschen ermordet worden. 2012 waren es 15.500. Das ist eine Steigerung innerhalb weniger Jahre um rund 40 Prozent. Das sind Größenordnungen wie in einem Bürgerkrieg. Zum Vergleich: Im einwohnerstärkeren Deutschland sind vergangenes Jahr 280 Menschen ermordet worden. Der Traum vom Regenbogenland, wo unter der Führung von Schwarzen Inder, Weiße, Chinesen und die schwarzen Volksgruppen friedlich zusammenleben, ist längst geplatzt. Das Land ist geprägt von Sozialismus, Tribalismus, Rassismus gegen Weiße, Korruption, Misswirtschaft, Kriminalität und Gewalt. Davon erfahren die Europäer über ihre Mainstreammedien wenig bis nichts. Zu starr ist das neosozialistische Multikulti-Weltbild vom weißen Täter bzw. Ausbeuter und schwarzen Opfer. Die Entwicklungen und Auflösungserscheinungen in Südafrika passen nicht ins neosozialistische Bild, würden die Theorien und die Ideologie der linken Identitätspolitiker und der gehypten Black-Lives-Matter-Bewegung ad absurdum führen.

Vor allem, weil Südafrika einst großer Hoffnungsträger für die europäische Linke und die Multikulti-Ideologen war, weil dort die Schwarzen die einmalige Chance hatten, aufgrund der Mehrheitsverhältnisse die Kontrolle über und die Verantwortung für eine funktionierende Industrienation zu übernehmen. Das südafrikanische Experiment ist aber nicht einfach nur gescheitert, es hat sich in einem Alptraum verwandelt, der sogar im Genozid an der weißen Bevölkerung gipfeln könnte.

Davor warnen seit längerem konservative und rechte Politiker. Sie werden von der Linken dafür als Rassisten, Hetzer und Verschwörungstheoretiker verteufelt. Wie etwa AfD-Politiker Petr Bystron, der 2018 nach einem Südafrikabesuch auf einen möglichen Völkermord hinwies. Die deutschen Medien skandalisierten daraufhin seinen Aufenthalt in Südafrika, weil er u.a. einen Schießstand besucht hatte.

Das politmediale Establishment im Westen zeigt sich vom Schicksal der Weißen in Südafrika, die dort seit dem 17. Jahrhundert leben, unbeeindruckt. Man will sich seine linke Multikultiträume nicht durch die Realität zerstören lassen. Dabei übersehen sie in ihrer moralischen Überheblichkeit und ideologischen Ignoranz, dass Europa, das sich durch Massenzuwanderung und unterschiedliche Geburtenraten langsam an die Länder der Dritten Welt angleicht, ein ähnliches Schicksal erleiden könnte.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Werner Reichel

Werner Reichel

Werner Reichel war rund 20 Jahre im Rundfunk tätig, unter anderem als Programmchef und Geschäftsführer mehrerer Radiosender sowie als Lektor an der FH Wien. Er ist Autor und Verleger.

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