„Über den Zaun“: Große Gefühle und linke Hassrede

Er ist wieder da! Trumps Erholung von dem, was er strategisch geschickt den „China-Virus“ nennt, verlief rapide und wird vermutlich seinen Wahlkampf befeuern. Ein kleiner Rückblick auf große Gefühle und Hassrede von links.
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11.10.2020
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3 Minuten Lesezeit
„Über den Zaun“: Große Gefühle und linke Hassrede

Bild (Trump 2015): Gage Skidmore via Flickr [CC BY-SA 2.0] (Bild zugeschnitten)

Er ist wieder da! Trumps Erholung von dem, was er strategisch geschickt den „China-Virus“ nennt, verlief rapide und wird vermutlich seinen Wahlkampf befeuern. Ein kleiner Rückblick auf große Gefühle und Hassrede von links.

„Über den Zaun“-Kolumne von Bettina Gruber

Die Reaktionen auf Donald Trumps Corona-Infektion waren erwartbar. Weder Anhänger noch Gegner, weder Anheizer noch Beschwichtiger haben Überraschendes geliefert.

Die Trump-Gegner kann man eigentlich gar nicht mehr als solche ansprechen: Politische Gegnerschaft bezeichnet eine zivilisierte und geschiente Form von Konkurrenz um ein knappes Gut, nämlich die Gunst der Wähler. Die Kommentare der üblichen Verdächtigen, auch aus dem deutschen Sprachraum, belegen dagegen schlicht einen Hass, der durch keine der in Demokratien üblichen Spiel- und Sprachregelungen mehr eingehegt ist.

Offenherzige Bekenntnisse

Ein Beispiel lieferte Katrin Rönicke, Chefredakteurin des Podcast-Formats „hauseins“, die in schöner Offenherzigkeit verkündete: „Ich glaube: Es ist okay, sich über #TrumpHasCovid zu freuen. Durch diesen Mann sind so viele Menschen gestorben, erleiden unnötiges Leid, der Hass, die Gewalt eskalieren. Es ist okay, dass man kurz hofft, dass es aufhört.“

Diese Nachricht wurde vom Anbieter gelöscht, zuvor jedoch von einer anderen Nutzerin milde kritisiert, die selbst „diesem Mistkerl“ „Genesung wünschen“ wollte. Die Antwort der Journalistin lässt tief blicken, und zwar nicht nur in die Gräben zwischen den politischen Lagern, sondern auch tief hinein in den linken Mainstream, der jegliche Differenzierungsfähigkeit und jedes Restniveau durch „Haltung“ ersetzt hat. Behauptungen wie Trump würde „Nazis“ „aufhetzen, die …bewaffnet losziehen und Menschen abknallen“ oder „Leute in die Krankheit (quatschen)“ sind Teil eines Hassanfalls, aber nicht ernsthaft als politischer Kommentar diskutierbar. Statt Bezugnahme auf konkrete Sachverhalte wogt dem Leser ein Strudel manischer Abneigung entgegen.

(Noch viel krassere und skurrilere Formen nimmt die Anti-Trump-Manie in den USA an. Ein Blogger sammelte hier etwa Tweets, die sich, in Flüchen gegen den US-Präsidenten ergehen (https://vigilantcitizen.com/latestnews/trumps-covid-tweet-flooded-by-satanic-curse-replies/ ).

Ebenso vorhersehbar (sieht man vielleicht von den obskuren Verwünschungen ab) sind die moralischen Verwarnungen, die auf diesen Hassorkan folgten. Den Tod dürfe man niemandem wünschen, heißt es, sicher zu Recht, ebenso wie Twitter einschlägige Nachrichten zu Recht löschte.

„Hemmung ist ein Fremdwort geworden“

De facto aber passiert dies nicht nur derzeit ständig. Hass ist eine kulturelle Konstante, die durch Leugnung nicht verschwindet. Freud bemerkte in Das Unbehagen in der Kultur mit der ihm eigenen Nüchternheit: „Es ist ein Glück, dass alle diese Wünsche nicht die Kraft besitzen, die ihnen Menschen in Urzeiten noch zutrauten. In dem Kreuzfeuer der gegenseitigen Verwünschungen wäre die Menschheit längst zugrunde gegangen.“

Was Menschen sich wünschen, ist das eine; die Kulturleistung besteht darin, negative Wünsche nicht auszusprechen und damit diesen Gefühlen bei sich und anderen keine Nahrung zu geben. Gerade die in eigener Sache so dünnhäutige Linke, die den Ausdruck hate-speech erst aufgebracht hat, durchbricht dieses grundlegende Gebot an allen Ecken und Enden, analog und digital. Es wird gegeifert, was das Zeug hält, ob es nun um Trump geht, um Polizisten, denen als „Cops“ oder „Bullen“ alles Übel der Welt an den Hals gewünscht wird (s. die Kommentare zur gestrigen Räumung des besetzten Hauses Liebig34, von denen einer schon drohend an die RAF-Morde erinnerte), oder um Europäer, die die Unverschämtheit besitzen, sich zu wünschen, dass Europa europäisch bleiben möge.

Hemmung ist ein Fremdwort geworden und die Dämonisierung Trumps nur der höchste Gipfel eines Eisbergs mit vielen Spitzen. Dass die basale Kulturleistung des Verzichts auf solche Entgleisungen (jedenfalls in den sozialen Medien) auf erschreckend breiter Front nicht mehr erbracht wird (und zwar gerade von Leuten, die sich selbst für höchst humanistisch halten),ist nicht die Schuld einer ominösen „Rechten“, sondern überspannter Moralisten, die hemmungslos aggressiv darauf reagieren, dass es noch Andersdenkende gibt und die Realität sich ihren Phantasmen immer noch nicht gebeugt hat.


Über die Autorin:

Bettina Gruber hält in ihrer alle zwei Wochen erscheinenden Tagesstimme-Kolumne „Über den Zaun” ihre Eindrücke aus dem deutschen Nachbarland fest. Die Wienerin und Wahlsächsin hat lange Jahre sowohl im Westen als auch im Osten Deutschlands gelebt und dabei immer wieder festgestellt, wie verschieden die Mentalitäten doch sein können. Unter Klarnamen und wechselnden Pseudonymen Beiträge für TUMULT, Sezession und andere. Auf dem TUMULT-Blog bespielt sie in wechselnden Abständen die genderkritische Kolumne „Männerhass und schlechte Laune.“ Der letzte Artikel für die Printfassung, „Die Wissenschaft und ihr Double.“ TUMULT. Vierteljahresschrift für Konsensstörung Heft 1 / 2020 Frühjahr 2020, widmet sich der grundsätzlichen Schwierigkeit, wissenschaftliche Ergebnisse in der Mediengesellschaft zur Geltung zu bringen und ist damit thematisch hochaktuell.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
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