Anis Amri: Bundeskriminalamt spielte offenbar Anschlagsrisiko herunter
Laut internen E-Mails soll das Bundeskriminalamt den Attentäter vom Breitscheidplatz in Berlin dramatisch unterschätzt, und das von ihm ausgehende Anschlagsrisiko heruntergespielt haben.
Berlin. – Der Tunesier Anis Amri tötete bei einem Anschlag insgesamt 12 Menschen. Daraufhin flüchtete Richtung Italien, wo er von Beamten erschossen wurde. Nun stellt sich heraus: Möglicherweise kam es rund um den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche im Berliner Stadtteil Charlottenburg im Dezember 2016 zu eklatanten Behördenfehlern.
BKA-Beamter hielt Einschätzung als Gefährder für „unprofessionell“
Wie aus dem internen Schriftverkehr vom Februar 2016, welcher der Deutschen Presse Agentur vorliegt, hervorgeht, bezeichnete ein Beamter des Bundeskriminalamts die Einschätzung Amris als „Gefährder“ als „hochgradig unprofessionell“. Es sei „insgesamt eine Frechheit“, wie das Bundesland Nordrhein-Westfalen handele.
Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hatten zuvor die Ermittler des Landeskriminalamts NRW die Einstufung aufgrund von Aussagen eines V-Mannes vorgenommen und folglich eine intensivere Überwachung gefordert.
In einem Gespräch mit der Generalbundesanwaltschaft soll der Verfasser der E-Mail betont haben, dass er den V-Mann für unglaubwürdig halte. Am Donnerstag wurde er im Untersuchungsausschuss zum Fall als Zeuge befragt.
BKA unterschätzte angeblich Risiko
Generell soll das Bundeskriminalamt die Gefährdungslage gänzlich anders eingeschätzt haben als das Landeskriminalamt. So gab es der Süddeutschen Zeitung zufolge bereits am Tag vor dem Schriftverkehr Streitigkeiten zwischen den Ämtern bei einer Besprechung in Karlsruhe, da das BKA den Wahrheitsgehalt der Aussagen des Informanten als niedrig einschätzte.
Zwischen einem Ermittler des LKA NRW sowie einem Beamten des BKA soll es bei dieser Gelegenheit außerdem zu einem Gespräch gekommen sein, in welchem der letztere seinem Gesprächspartner nahegelegt haben soll, den V-Mann „aus dem Spiel zu nehmen“ – dies sei auch im Interesse des Bundesinnenministeriums geschehen. Das Ministerium bestreitet die Vorwürfe. Ein Oberstaatsanwalt sagte am Donnerstag jedoch aus, dass er „keinen Zweifel“ an der Existenz des Gesprächs habe.