Dschihadistenprozess: Obmann und Schriftführer am Wort

Am Mittwoch war der Schriftführer des Linzer Glaubensvereins am Wort, der ein Kalifat aufgrund des islamischen Rechts grundsätzlich gut fände. „Aber ich glaube, dass das in Österreich nicht kommt“, sagte er.
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Dschihadistenprozess: Obmann und Schriftführer am Wort

Landesgericht für Strafsachen Graz / Bild: Die Tagesstimme

Am Mittwoch war der Schriftführer des Linzer Glaubensvereins am Wort, der ein Kalifat aufgrund des islamischen Rechts grundsätzlich gut fände. „Aber ich glaube, dass das in Österreich nicht kommt“, sagte er.

Graz. Am Mittwoch ist der Prozess gegen sechs mutmaßliche Dschihadisten fortgesetzt worden. Am dritten – und für diese Woche letzten – Verhandlungstag wurde der Obmann jenes muslimischen Linzer Glaubensvereins befragt, mit dem alle Beschuldigten in Verbindung stehen. Der Prozess wird am 1. Oktober fortgesetzt, für den 2. Oktober sind bereits Zeugen geladen, wie der ORF berichtet.

Beschuldigter relativiert frühere Aussagen

Von dem zweiten Beschuldigten, der als Obmann in dem Glaubensverein tätig war und der am Mittwoch befragt wurde, wollte die Richterin wissen, wer in dem Verein die „Hauptperson“ sei. „Alle Mitglieder“, antwortete der Angeklagte, der sich nicht auf die Person des Predigers festlegen wollte, um den sich auf die nächste Frage drehte: „Haben Sie jemals gehört, dass er für den Dschihad geworben hat?“. „Nein, wenn ich das Wort gehört hätte, hätte ich den Verein verlassen“, gab sich der Befragte entrüstet. Als ihn die Vorsitzende fragte, ob er von der Spendenaktion für einen IS-Kämpfer gewusst hat, antwortete er: „Bei uns sammelt man für solche Leute nicht, ich war nicht in Österreich und habe keine Ahnung, und das ist gar nicht wahr“.

Bei der Polizei hatte er allerdings andere Aussagen getätigt, mit denen ihn die vorsitzende Richterin konfrontierte. Laut Protokoll gab er an, dass er an die Scharia glaube, die „das Gesetz Allahs“ sei. Er meinte dann, dass das nicht stimme und er das nie gesagt habe, relativierte dann aber: „Ich habe etwas anderes gemeint, das ist falsch aufgeschrieben worden“.

Schwarze IS-Flagge erneut Thema

Eine weitere Aussage von ihm war, dass es „Gläubige und Ungläubige“ gebe. Den Ankläger interessierte dazu, was die Scharia im Umgang mit Ungläubigen vorschreibe. Als sich der Befragte nicht konktret äußern wollte, setzte der Ankläger fort: „Man soll sie auffordern, sich dem Islam anzuschließen und wenn nicht, soll man sie töten“. Der Mann wehrte ab: „Das steht nicht drin“.

Dann kamen wieder die T-Shirts mit IS-Flagge zur Sprache, die jugendliche Ringkämpfer im Verein getragen hatten. Der Ankläger erklärte, dass diese schwarze Flagge eine ganz bestimmte Bedeutung habe. „Für uns nicht“, meinte der Befragte. „Sie haben also nicht gewusst, dass der IS sie verwendet?“, hakte der Staatsanwalt nach. „Nein, nicht gewusst“, bestätigte der Angeklagte.

Beschuldigter fände Kalifat aufgrund des islamischen Rechts grundsätzlich gut

Am Nachmittag wurde der Schriftführer des Linzer Glaubensvereins befragt. Dieser hatte die schwarze IS-Flagge auf die Facebook-Seite des Vereins gestellt, angeblich ohne um die Bedeutung zu wissen. „Ich habe das erst von der Polizei erfahren“, beteuerte er. Sein Bruder ist es auch, der in Syrien für den IS kämpfte und mittlerweile verurteilt wurde. Kontakt mit seinem Bruder habe er nach eigenen Angaben keinen mehr.

Er sagte aus, dass er nicht einmal gewusst habe, ob der Bruder beim IS überhaupt gekämpft habe. „Ein junger Mann wird nicht zum IS gehen, um Buchhalter zu werden, halten Sie uns doch nicht alle für blöd“, platzte der beisitzenden Richterin der Kragen. Der Angeklagte war überzeugt, „die Arbeit wird sicher aufgeteilt“. „Ja, die einen kämpfen und die anderen reden vom Kampf“, ergänzte ein anderer Richter. Der Schriftführer finde ein Kalifat aufgrund des islamischen Rechts grundsätzlich gut, „aber ich glaube, dass das in Österreich nicht kommt“. In Arabien wäre es vielleicht möglich, überlegte er. Dass er selbst mehrere Schriften von radikal-islamischen Autoren heruntergeladen hatte, sei mehr oder weniger zufällig passiert. „Das waren so viele Seiten, ich habe nicht geschaut, was da alles mitgekommen ist“, erklärte er.

Über den Autor

Monika Šimić

Monika Šimić wurde 1992 in Zenica (Bosnien und Herzegowina) geboren. Die gebürtige Kroatin wuchs in Kärnten auf und studierte Übersetzen mit der Sprachkombination Russisch und Englisch in Graz.

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