Kessler (No-Billag): „Abschaffung der Zwangsgebühren ein Rückgewinn von Freiheit“

Am Sonntag (4. März) findet in der Schweiz eine Volksabstimmung über die Abschaffung der Rundfunkgebühren ab (Die Tagesstimme berichtete). Im Gespräch mit der Tagesstimme erzählt Olivier Kessler, der die Initiative „No-Billag“ begründet hat über die Medienlandschaft in der Schweiz, und weshalb er die Unabhängigkeit der Medien nur durch eine Entkoppelung von der Empfangsgebühr gewährleistet sieht. 
Interview von
3.3.2018
/
3 Minuten Lesezeit
Kessler (No-Billag): „Abschaffung der Zwangsgebühren ein Rückgewinn von Freiheit“

Bilder: AnBuKu via Wikimedia Commons [CC BY-SA 4.0] (SRG-SSR), Rama via Wikimedia Comons [CC BY-SA 2.0 FR (Wahlurne), Olivier Kessler / Collage: Die Tagesstimme

Am Sonntag (4. März) findet in der Schweiz eine Volksabstimmung über die Abschaffung der Rundfunkgebühren ab (Die Tagesstimme berichtete). Im Gespräch mit der Tagesstimme erzählt Olivier Kessler, der die Initiative „No-Billag“ begründet hat über die Medienlandschaft in der Schweiz, und weshalb er die Unabhängigkeit der Medien nur durch eine Entkoppelung von der Empfangsgebühr gewährleistet sieht. 

Tagesstimme: Herr Kessler, Sie sind der Initiator der Initiative „No-Billag“, welche die Rundfunkgebühren in der Schweiz abschaffen möchte. Mit welchen Beweggründen haben Sie diese in Leben gerufen?

Olivier Kessler: Medien übernehmen in Demokratien eine wichtige Rolle als Vierte Gewalt. Ihr primärer Zweck besteht darin, den Mächtigen auf die Finger zu schauen – insbesondere den Politikern, weil diese über das Gewaltmonopol verfügen und allgemeinverbindliche Gesetze erlassen. Die öffentlich-rechtlichen Medien sind jedoch enorm vom Goodwill der Politik abhängig, weil sie von ihr finanziert werden und weil die Politik Leute in leitende Funktionen dieser Medien wählt. Dies verunmöglicht eine kritische Distanz, denn man beißt schließlich nicht jene Hand, die einen füttert. Dieses Abhängigkeitsverhältnis ist einer Demokratie unwürdig und gehört korrigiert.

Weiter ist es aber auch wichtig, dass im Zeitalter steigernder Steuern, Abgaben und Gebühren etwas für die Entlastung der Bürger getan wird. Es kann nicht sein, dass diese genötigt werden, pro Jahr mehrere hundert Franken an Zwangsgebühren zu bezahlen, obwohl sie das entsprechende Angebot gar nicht bestellt haben. Dies ist eine nicht zu rechtfertigende Bevormundung der Bürger. In Demokratien gehen wir davon aus, dass der Bürger mündig und verantwortungsvoll genug ist, um wegweisende Entscheidungen für das Land an der Urne zu treffen. Beim Radio- und TV-Konsum sprechen wir den Bürgern dann aber plötzlich diese Mündigkeit ab und behandeln sie wie zu erziehende Kinder? Das ist inkonsequent.                                                                                                                                            

Tagesstimme: Wie schätzen Sie die Medien- und Meinungsvielfalt in der Schweiz ein?

Olivier Kessler: Selbst in einem kleinen Land wie der Schweiz ist die Medienvielfalt groß, vor allem was Angebote im Online-Bereich angeht. Im Radio und TV-Bereich wurden die Zwangsgebühren jedoch stetig angehoben, was dazu geführt hat, dass ein immer signifikanterer Teil des Medienbudgets der Haushalte abgeschöpft wurde. Die Bürger konnten also immer weniger selbst entscheiden, welche Medien sie konsumieren und finanzieren möchten, sondern wurden vom Staat gezwungen, für jene Produkte ihr Geld auszugeben, die der Politik am besten gefallen. Weil das abgeschöpfte Geld der Haushalte letztlich äußerst einseitig an eine Quasi-Monopolistin – die SRG – verteilt wurde, hat auch die Medienvielfalt im Radio- und TV-Bereich stark gelitten. Heute dominiert dort ein Einheitsbrei an staatsnahen Angeboten mit einem klar etatistischen Einschlag.

Tagesstimme: Was würde eine Abschaffung der Empfangsgebühr für die Medienlandschaft in der Schweiz bedeuten?

Olivier Kessler: Die Bürgerinnen und Bürger hätten dann wieder die freie Wahl, welche Medien sie konsumieren und finanzieren möchten. Sie hätten die Möglichkeit, jene Angebote zu beziehen, die sie unterstützenswürdig finden und jene abzubestellen, die einseitig berichten und eine schlechte Qualität liefern. Heute haben sie diese Möglichkeit im Radio- und TV-Bereich kaum. Die Abschaffung der Zwangsgebühren wäre also ein Rückgewinn von einem Stück Freiheit für die Bürger und würde zu einer größeren Meinungs- und Medienvielfalt führen.

Tagesstimme: Laut Umfragen ist die Unterstützung für „No-Billag“ im Tessin besonders stark. Welche Gründe hat eine größere Ablehnung der Gebühren in der italienischsprachigen Schweiz?

Olivier Kessler: In der italienischsprachigen Schweiz wird das Staatsradio und das Staatsfernsehen als besonders einseitig wahrgenommen, auch wenn sie per Gesetz zu einer ausgewogenen Berichterstattung verpflichtet wären. Auch im Abstimmungskampf zur No-Billag-Initiative haben die Tessiner Staatsmedien sehr einseitig zulasten der Initiative berichtet, sodass sich unsere Tessiner Mitkämpfer dazu entschieden haben, am Abstimmungssonntag nur noch Privatsendern für Interviews zur Verfügung zu stehen.

Tagesstimme: Über die gesamte Schweiz gerechnet zeichnete sich zuletzt eine mehrheitliche Ablehnung der Initiative ab. Werden Sie den „Turnaround“ schaffen?

Olivier Kessler: Davon sind wir fest überzeugt. Wir alle wissen, wie oft Umfragen schon daneben lagen. Noch im Dezember hatten sich 57% der Schweizerinnen und Schweizer in Umfragen für die No-Billag-Initiative ausgesprochen. Abgerechnet wird erst am 4. März.

Tagesstimme: In Österreich findet derzeit eine politische Debatte zur Abschaffung der dortigen GIS-Rundfunkgebühr statt. Welche Auswirkungen könnte der Ausgang der Abstimmung Ihrer Ansicht nach auf die Bestrebungen im Nachbarland haben?

Olivier Kessler: Grundsätzlich muss natürlich jedes Land für sich selbst entscheiden, welche Medienordnung es haben möchte. Wir freuen uns aber, wenn wir mit der No-Billag-Initiative auch die Diskussion in anderen Ländern anreizen konnten, ob Zwangsgebühren im 21. Jahrhundert noch legitim sind. Wir würden es den Österreicherinnen und Österreichern natürlich von Herzen gönnen, wenn auch sie selbstbestimmt über ihren Medienkonsum befinden dürften. Dies wäre wohl aus ethisch-moralischer Sicht der Bevormundung und dem Zwang vorzuziehen.

Tagesstimme: Vielen Dank für das Interview, Herr Kessler!

Das Interview führte Julian Schernthaner. 

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